OGH 12Os89/02

OGH12Os89/0212.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer, in der Strafsache gegen Nikolai M***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und 4 erster und zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 8 Hv 74/02z des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 25. Juli 2002, AZ 9 Bs 317/02, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Nikolai M***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Der am 4. Mai 2002 festgenommene (19) russische Staatsangehörige Nikolai M*****, der sich seit 7. Mai 2002 wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit a StPO in Untersuchungshaft befindet (ON 4), wurde mit dem - vollinhaltlich angefochtenen (ON 32) - Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22. Mai 2002 (ON 16) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und 4 erster und zweiter Fall StGB sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu 24 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt dieses Schuldspruchs ist er dringend verdächtig, am 4. Mai 2002 in Spielfeld und an anderen Orten Österreichs als Mitglied einer international agierenden und auf die Verschiebung von Kraftfahrzeugen spezialisierten kriminellen Vereinigung (US 4 und 8)

1. gewerbsmäßig den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt zu haben, eine Sache im Wert von mehr als 40.000 EUR, die dieser durch sie erlangt hat, zu verheimlichen, indem er den in Deutschland gestohlenen PKW, Marke BMW X5 im Wert von ca 50.000 EUR nach Österreich zum Weitertransport an unbekannte Abnehmer außerhalb des Schengenraumes lenkte, sowie

2. nachgemachte, somit falsche Urkunden, und zwar einen Zulassungsschein, ein weiteres Kraftfahrzeugdokument, zwei am Fahrzeug angebrachte russische Kennzeichen und zwei Vollmachten, im Rechtsverkehr durch Vorweisen gegenüber den Beamten der Grenzkontrollstelle Spielfeld zum Beweis der rechtmäßigen Benützung des zu 1. bezeichneten PKW gebraucht zu haben.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgerichtes Graz der Haftbeschwerde des Verurteilten keine Folge und ordnete aus den oben angeführten Haftgründen die Fortsetzung der durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzten Untersuchungshaft an (ON 35). Die dagegen ausgeführte Grundrechtsbeschwerde richtet sich allein gegen die weitere Annahme der Tatbegehungsgefahr und deren von den Haftinstanzen verneinte Neutralisierbarkeit durch gelindere Mittel. Sie ist nicht begründet:

Rechtliche Beurteilung

Soweit das Oberlandesgericht, ebenso wie das Erstgericht (US 4, 6 und 11), davon ausging, dass der Verurteilte schon 1994 sowie im Februar und April 2002 an der Verschiebung überwiegend typenidenter gestohlener Kraftfahrzeuge der Luxusklasse beteiligt war, ist der dringende Verdacht eines derart kriminell belasteten Vorlebens der Beschwerde zuwider aktenmäßig gedeckt (25 f, 27, 67, 69). Der Hinweis auf die bis zur rechtskräftigen Verurteilung geltende Unschuldsvermutung ist von vornherein kein geeignetes Argument zur Bekämpfung der dringenden Verdachtslage.

Aufgrund dieses Vorlebens im Zusammenhalt mit dem Inhalt des Schuldspruchs, vor allem aber der Einbindung des Verurteilten in eine auf die Verbringung in Westeuropa gestohlener Kraftfahrzeuge der Luxusklasse in den osteuropäischen Raum in höchst professioneller Weise spezialisierten Tätergruppe, konnten die Haftinstanzen den Haftgrund nach § 180 Abs 1 Z 3 lit a StPO ebenso wie die mangelnde Substituierbarkeit der darauf gestützten Untersuchungshaft durch die in § 180 Abs 5 StPO bezeichneten gelinderen Mittel rechtsrichtig annehmen.

Der Höhe der redlich erzielten Einkünfte des Beschwerdeführers kommt bei dieser Sachlage nur mehr untergeordnete Bedeutung zu. Dass diese allerdings ungeachtet der behaupteten Modalitäten bei der Rückzahlung einer eingegangenen Darlehensverpflichtung durchaus zur laufenden Aufbesserung verleiteten, entspricht angesichts der eigenen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen monatlichen Einkünften (137), welche zu der nachträglich darüber ausgestellten - im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes diesem im Übrigen noch gar nicht bekannten - "Bestätigung" (313) in unauflösbarem Widerspruch stehen, einer sachgerechten Beurteilung.

Hinsichtlich der vom Verurteilten nach Fällung des Urteils erster Instanz überreichten Urkunden einer russischen Behörde über die angebliche Zulassung des vom Schuldspruch umfassten Fahrzeuges auf eine russische Staatsangehörige (253) steht nicht einmal deren Echtheit fest. Bei Bedachtnahme auf die aktenkundige Fälscherkapazität jener kriminellen Vereinigung, der der Verurteilte nach dem Urteilssachverhalt angehört, bedarf daher die von der Beschwerde aufgeworfene Frage der inhaltlichen Richtigkeit dieser Urkunden keiner näheren Erörterung.

Die Beschwerde war daher ohne Kostenzuspruch abzuweisen.

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