Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Chukwu N***** des teilweise im Stadium des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) vierter Fall, Abs 3 (zu ergänzen:) erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er von April 2000 bis 22. Jänner 2001 in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, in der Absicht, sich daraus eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Verkehr gesetzt sowie teilweise in Verkehr zu setzen versucht "bzw anderen überlassen, wodurch auch Minderjährigen der Gebrauch von Suchtgift ermöglicht wurde und der Angeklagte hiebei selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährigen gewesen ist", indem er in zahlreichen Angriffen
1. 11 Gramm Heroin zu einem Grammpreis zwischen 900 S und 1.000 S sowie 44 Gramm Kokain zu einem Grammpreis zwischen 850 S und 1.200 S an einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres zu verkaufen versuchte,
2. insgesamt rund 931 Gramm Heroin zu durchschnittlichen Grammpreisen von 800 S bis 1.100 S, insgesamt ca 520 Gramm Kokain zu durchschnittlichen Grammpreisen zwischen 1.000 S und 1.500 S sowie 20 bis 30 Gramm Cannabis zu einem Grammpreis von 2.500 S an die abgesondert verfolgten Christopher W*****, Ana F*****, Daniel P*****, Michael M*****, Johannes Maria Anselm S*****, Michael Mo*****, Tanja Elfriede P*****, den am 15. Juli 1984 geborenen Brandon Russel G*****, den am 24. Jänner 1984 geborenen Matthias P*****, die am 16. Juli 1983 geborenen Susanne N***** und den am 16. September 1982 geborenen Marcel I***** und an Renee J***** verkaufte.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) betreffen die Fragen, aus welchem Einkommen und zu welchem Zweck der Beschwerdeführer Geldüberweisungen tätigte, sowie die Feststellungen, er habe Suchtgift auch an jugendliche Personen überlassen, keinen für den Schuldspruch oder den anzuwendenden Strafsatz wesentlichen Umstand.
Die Gewerbsmäßigkeit hat das Erstgericht insbesondere auf die Wiederholung der Tat und das geringe unregelmäßige Einkommen des Nichtigkeitswerbers gestützt (US 20 und 26). Diese Begründung ist weder unvollständig noch unzureichend.
Ob der Angeklagte auch Suchtgifte an Jugendliche verkaufte, wäre nur für ein Vergehen nach § 27 Abs 2 Z 2 SMG von Bedeutung. Dieses wird ihm aber im Urteil nicht angelastet. Entgegen der in der Anklageschrift (ON 59) vertretenen Rechtsansicht ist § 28 Abs 2 vierter Fall SMG gegenüber tateinheitlichem Überlassen eines Suchtgiftes nach § 27 Abs 1 SMG in Teilmengen, die für sich allein die Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG nicht erreichen, einschließlich der unselbständigen Qualifikationen des § 27 Abs 2 SMG die spezielle Norm und verdrängt die Vergehen nach § 27 Abs 1 (fünfter und sechster Fall) und Abs 2 SMG infolge Scheinkonkurrenz (ÖJZ-LSK 2000/257). Der Tatsachenrüge (Z 5a) ist zunächst entgegenzuhalten, dass dieser unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihte Anfechtungstatbestand in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichkommt. Vielmehr müssen aus den Akten schwerwiegende Umstände aufgezeigt werden, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 1).
Das Rechtsmittel bekämpft aber nur die Tatsache, dass die Erstrichter hinsichtlich der an Christopher W***** und Matthias P***** verkauften Suchtgiftmengen der Aussage des Zeugen Christopher W***** in der Hauptverhandlung und nicht der vor Gendarmeriebeamten und dem Untersuchungsrichter gefolgt sind, beim Zeugen Matthias P***** aber jenen vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter Glauben geschenkt haben. Abgesehen davon, dass die in Frage stehenden Suchtgiftmengen für den Schuldspruch nicht wesentlich sind, richtet sich das Beschwerdevorbringen in unzulässiger Weise nur nach Art einer Schuldberufung gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Es vermag jedoch keine Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidungswesentlicher Umstände zu erzeugen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere zum Inverkehrsetzen einer übergroßen Menge Suchtgiftes behauptet, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die eindeutigen Konstatierungen der Tatrichter übergeht, wonach der Angeklagte "große, auch übergroße Mengen an Suchtgift verkaufen wollte, um dadurch ausschließlich finanzielle Gewinne für sich zu erwirtschaften" (US 7). Darüber hinaus missachtet sie die Ausführungen zur Gewerbsmäßigkeit und zum Fortsetzungszusammenhang (US 26).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).
Bleibt zu Urteilsfaktum 1 anzumerken: Suchtgift ist mit seiner Überlassung in den Gewahrsam eines anderen unter Aufgabe des Gewahrsams des Überlassenden in Verkehr gesetzt, ungeachtet dessen, dass es sich beim Übernehmer um einen verdeckten Ermittler handelt. Nur bei unmittelbarem Zugriff durch Sicherheitsorgane bei Übergabe läge bloß versuchtes Inverkehrsetzen vor (EvBl 2000/111 = RZ 2000/24). Da die rechtliche Beurteilung als Versuch von der Staatsanwaltschaft nicht bekämpft wurde, hat sie als Vorteil für den Angeklagten auf sich zu beruhen.
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