OGH 9ObA196/02t

OGH9ObA196/02t4.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Univ. Doz. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich B*, Arbeiter, *, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei R* GmbH, *, vertreten durch Pallauf, Pullmann, Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 17.249,22 brutto sA, über die Revision (Revisionsinteresse EUR 17.002,18 brutto) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 14. Mai 2002, GZ 12 Ra 76/02m‑17, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 7. Dezember 2001, GZ 20 Cga 24/01h‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2002:E66905

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 938,16 (darin EUR 156,36 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dadurch, dass dem Kläger der Führerschein auf die Dauer von 13 Monaten entzogen wurde, der Entlassungsgrund des § 82 lit b GewO alt gegeben ist, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

 

Rechtliche Beurteilung

Im Zusammenhang mit dem Vorliegen des Entlassungsgrundes der Arbeitsunfähigkeit nach § 82 lit b GewO ist auch auf das Schrifttum und die Judikatur zu § 27 Z 2 AngG zurückzugreifen (Kuderna Entlassungsrecht2 130). Danach liegt dauernde Arbeitsunfähigkeit dann vor, wenn der Dienstnehmer dauernd unfähig ist, die vereinbarte Arbeit zu verrichten, dass heißt wenn er zur Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten schlechthin unverwendbar ist. Eine solche Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt unabhängig von ihrer Ursache die vorzeitige Auslösung des Arbeitsverhältnisses (RIS‑Justiz RS0060279). Auch beim Verlust der Lenkerberechtigung ist daher darauf abzustellen, ob das Lenken von Fahrzeugen eine durch den Dienstvertrag bedungene Aufgabe ist (9 ObA 154/95 = RdA 1996/16 [zustimmend: Dirschmied]). Ein solcher Vertragsinhalt mag bei einem Kraftfahrer bzw Fahrzeugverkäufer (4 ObA 27, 28/87) oder einem Holzeinkäufer, welcher dauernd zu Waldbesitzern fahren muss (4 Ob 50/81 = Arb 10.108) evident sein, ergibt sich aber bei einem Installationsmonteur/Partieführer nicht ohne weiteres. Selbst wenn man von einer partiellen Dienstunfähigkeit ausgehen wollte, so trifft in einem solchen Fall den Arbeitgeber die aus seiner Fürsorgepflicht entspringende Obliegenheit, den Arbeitnehmer, soweit der Arbeitsvertrag dies abdeckt, entsprechend, das heißt unter Ausklammerung der von der Arbeitsunfähigkeit umfassten Tätigkeit, einzusetzen. Im vorliegenden Fall zeigte sich, dass der Kläger während eines Zeitraumes von 1 ½ Monaten (vom Führerscheinentzug bis zur Entlassung) seiner Tätigkeit ohne wesentliche Beeinträchtigung nachkommen konnte. Soweit er sich für Fahrten mit dem PKW zu den einzelnen Montageplätzen bzw für Materialbeschaffungen seines Partiekollegen bediente, musste dies keineswegs dazu führen, dass zwei Personen durch diese Tätigkeit gleichzeitig in Anspruch genommen wurden: Während die gemeinsame Fahrt der Arbeitspartie zu einer Baustelle durchaus die Regel ist, brauchte der Kläger bei Materialbeschaffungen nicht zwangsläufig mitzufahren. Wenn dies in der Zeit bis zur Entlassung tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, wäre es an der beklagten Partei gelegen, entsprechend andere Weisungen zu erteilen. Zusammengefasst war daher der beklagten Partei die Weiterbeschäftigung des Klägers selbst unter der Prämisse zumutbar, dass der Führerscheinentzug auf insgesamt 13 Monate ausgesprochen worden war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Entgegen ihrer Kostennote hat die beklagte Partei aber nur Anspruch auf 50 % Einheitssatz, weil der 60 %ige Einheitssatz nur bei Streitwerten bis EUR 10.170 zusteht.

 

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