OGH 9Ob39/02d

OGH9Ob39/02d4.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der N***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei E.***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 113.015,63 (= ATS 1,555.128,69) sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. November 2001, GZ 4 R 212/01a-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. August 2001, GZ 10 Cg 94/00g-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der klagende Masseverwalter ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.962,72 (darin EUR 327,12 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die spätere Gemeinschuldnerin N***** GmbH (im Folgenden auch "Untermieterin" genannt) war zunächst Hauptmieterin eines Großteils der der beklagten Partei ("Bestandgeberin") gehörenden Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****. Per 1. 6. 1993 wurde über Wunsch der Hauptmieterin das Mietverhältnis aufgelöst und zwischen der Bestandgeberin und der P***** GmbH (im Folgenden "Bestandnehmerin" genannt) ein Hauptmietvertrag abgeschlossen. Diese schloss mit der N***** GmbH einen Untermietvertrag ab, sodass diese von der ursprünglichen Stellung einer Hauptmieterin zu der einer Untermieterin kam. Mit Beschluss vom 19. 5. 1994 wurde über das Vermögen der Untermieterin der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Mit konkursgerichtlich genehmigter Vereinbarung vom 31. 5. 1994 überließ der Masseverwalter die Betriebsräumlichkeiten, welche die Gemeinschuldnerin als Untermieterin benützte, zwecks Fortführung des Betriebes an die F***** GmbH (vormals O***** H***** GmbH). Die Bestandgeberin war an dieser Vereinbarung nicht beteiligt. Insbesondere wurde darin festgelegt, dass die F***** GmbH der Konkursmasse die für die Erfüllung deren Verpflichtungen aus dem Untermietvertrag notwendigen Beträge ab 1. 5. 1994 zur Verfügung stellt, damit diese ihren Verpflichtungen als Untermieterin nachkommen könne, wofür die Masse der F***** GmbH die Betriebsräume für die Dauer der Betriebsfortführung zur Verfügung stellte und, dass die Masse die Miete bzw Betriebskosten direkt an die Vermieterin (Bestandgeberin = beklagte Partei) überweisen werde. Am 30. 6. 1994 lösten die Bestandgeberin und die Bestandnehmerin das Hauptmietverhältnis einvernehmlich auf (nicht behauptet und daher auch nicht festgestellt wurde, dass die Auflösung des Hauptmietverhältnisses ein vereinbarter Grund auch zur Auflösung des Untermietverhältnisses gewesen sei). In der Folge wurden von der F***** GmbH die für die Benützung der Räumlichkeiten durch sie bestimmten Beträge auf ein Konto des Masseverwalters überwiesen und von diesem an die beklagte Partei weiter überwiesen. Dabei verwendete der Masseverwalter folgende Widmungen für folgende Zahlungen:

Am 31. 8. "Miete Juli und August 1994 inklusive 10 % Mehrwertsteuer in Sachen Konkurs N***** GmbH" S 455.400 am 9. 9. 1994 "Hauptmiete September 1994 inklusive 10 % Mehrwertsteuer in Sachen Konkurs N***** GmbH" S 227.700, am 22. 12. 1994 "Miete Aconto einschließlich 12/94 in Sachen Konkurs N***** GmbH" S 125.602,26, am 4. 1. 1995 "restliche Miete bis einschließlich 31. 12. 1994 in Sachen Konkurs N***** GmbH" S 103.837,74, am 26. 1. 1995 "Scheck von K ***** GmbH - Miete Jänner nach Reduktion" S 152.559 sowie am 27. 7. 1998 "Benützungsentgelt N***** GmbH" S 490.029,69, zusammen somit den Klagsbetrag. Am 27. 3. 1995 erhob die Bestandgeberin zu 4 Cg 8/95 des Landesgerichtes Salzburg eine Klage gegen den Masseverwalter auf Zahlung von (ausgedehnt) S 1,791.591 sA wegen titelloser Benützung des Bestandobjektes und aus dem Titel des Schadenersatzes wegen verspäteter Räumung, wobei sie erhaltene Zahlungen in Abzug brachte. Das Landesgericht Salzburg wies diese Klage ab, das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Klagestattgebung ab. Mit Urteil vom 18. 5. 1999, 8 Ob 300/98w (= JBl 1999, 736 [Apathy] ua) stellte der Oberste Gerichtshof das Ersturteil wieder her. Zur Frage der Legitimation des Bestandgebers, vom Untermieter nach Wegfall des Hauptmietvertrages Benützungsentgelt verlangen zu können, wurde auf die neuere ständige Rechtsprechung verwiesen, derzufolge ein Untermieter, welcher das Objekt auf Grund eines Untermietvertrages mit dem Hauptmieter benütze, bis zur Emittierung des Hauptmieters nicht rechtsgrundlos benütze und daher vom Vermieter auch nicht mit einem Anspruch nach § 1041 ABGB belangt werden könne. Bis zu einer Räumung gegen den Hauptmieter, welche gemäß § 568 ZPO auch gegen den Untermieter wirke, könne sich der Vermieter sowohl mit seinem Räumungs- als auch mit seinem Anspruch auf Benützungsentgelt nur an den Hauptmieter halten.

Gestützt auf diese Entscheidung brachte der Masseverwalter die vorliegende Klage auf Rückzahlung der von ihm an die Beklagte geleisteten Beträge ein. Wohl sei zwischen ihm und der betriebsfortführenden Gesellschaft vereinbart worden, dass er von dieser geleistete Zahlungen direkt an die Bestandgeberin weiterleite, um sicherzustellen, dass Mietzins und Betriebskosten an die beklagte Partei bezahlt würden. Dabei sei er jedoch von der rechtsirrigen Meinung ausgegangen, dass die Masse selbst für ein Benützungsentgelt gegenüber der Liegenschaftseigentümerin zahlungspflichtig sei. Diese irrtümliche Zahlung sei somit rechtsgrundlos erfolgt und gewähre einen Rückforderungsanspruch nach § 1431 ABGB.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete unter anderem auch ein, dass sowohl sie als auch die Bestandgeberin einverstanden gewesen seien, dass die Miete bzw die Betriebskosten direkt an die Bestandgeberin durch die Masse bezahlt würden, um dadurch sicherzustellen, dass die Gelder dort auch einlangten. Miete und Benützungsentgelt seien daher mit gewollter "Umgehung" der Bestandnehmerin direkt an die beklagte Partei geleistet worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass eine Verpflichtung des Masseverwalters zur Mietzins- bzw Benützungsentgeltzahlung bestanden habe; zwar nicht gegenüber der beklagten Partei als Vermieterin, wohl aber gegenüber der P***** GmbH als Hauptmieterin und Untervermieterin, welche ihrerseits verpflichtet gewesen wäre, die Zahlungen an die Beklagte weiterzuleiten. Die zwischen der F***** GmbH als betriebsfortführendem Unternehmen und dem Kläger als Masseverwalter getroffene Vereinbarung sei daher auch ein tauglicher Rechtsgrund für Zahlungen des Klägers an die beklagte Partei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es vertrat im Wesentlichen die Rechtsauffassung, dass eine Kondiktion nach § 1431 ABGB unabhängig von der Vorstellung des Zahlers über den Rechtsgrund dann nicht möglich sei, wenn der gewollte Zweck damit erreicht worden sei. Im vorliegenden Fall habe der Masseverwalter mit der Weiterleitung der "Mietzinse" die bezweckte und erwartete Gegenleistung erhalten, nämlich die Möglichkeit, das Bestandobjekt zu benützen bzw durch eine seinem Rechtsbereich zuzuordnende Person benützen zu lassen. Er habe somit für das ihm weitergeleitete Geld das bekommen, was er haben wollte. Die Revision sei zuzulassen, weil es an Rechtsprechung sowohl zur Kondizierbarkeit von Mietzinszahlungen des Untermieters als auch überhaupt zur Definition der Rechtsgrundlosigkeit im Sinn des § 1431 ABGB mangle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des klagenden Masseverwalters aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Die beklagte Partei beantragte, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtsprechung nicht berücksichtigte, zu deren Anwendung das beidseitige Parteienvorbringen und die Feststellungen hinreichen; sie ist aber nicht berechtigt.

Leistungskondiktionen nach § 1431 ABGB setzen eine Leistung des Verkürzten an den Bereicherten voraus, wobei unter der Leistung eine bewusste Zuwendung zur Erreichung eines bestimmten Zweckes zu verstehen ist. Leistungskondiktionen stehen zur Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen dem Leistenden gegen den Empfänger zu. Wer rückstellungspflichtiger Leistungsempfänger ist, hängt davon ab, auf welchen Rechtsgrund hin der rückforderungsberechtigte Leistende seine Leistung erbringen wollte; die Absicht des Leistenden ist dabei - wie bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen - vom Empfängerhorizont aus zu verstehen (RIS-Justiz RS0020192). Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, so kann die Feststellung von Berechtigtem und Verpflichtetem zweifelhaft sein; sie ist auf Grund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung zu treffen. Es muss daher gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte; zwischen diesen Personen ist die Rückabwicklung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0033737). Gerade die Feststellung, dass der Masseverwalter die Zahlungsüberweisungen an die beklagte Partei als "Mieten" bezeichnete, durfte vom Empfängerhorizont der beklagten Partei so aufgefasst werden, dass der Masseverwalter damit keine (- oder nicht nur eine -) Zahlungspflicht der Masse, sondern jedenfalls auch eine solche des unmittelbaren Vertragspartners, nämlich der Bestandnehmerin gegenüber der Bestandgeberin erfüllen wollte. Dies trifft auch für die Zeit nach Auflösung des Hauptmietvertrages zu, weil ja, wie schon oben erwähnt, mangels automatischer Auflösung des Untermietvertrages mit Auflösung des Hauptmietvertrages die Bestandgeberin auch einen Anspruch auf Benützungsentgelt nur gegen die Hauptmieterin hatte. Da es auf die subjektive, dem Zahlungsempfänger nicht bekannte Absicht des Zahlenden nicht ankommt, müssen die vom Masseverwalter getätigten Zahlungen (auch) als Tilgung einer fremden (= der Bestandnehmerin) Schuld beurteilt werden, sodass eine Rückforderung nicht im Verhältnis zwischen dem zahlenden Masseverwalter und der Bestandgeberin, sondern nur im Verhältnis zur Bestandnehmerin erfolgen könnte. Dort bestand aber (- Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht -) nach wie vor der Rechtsgrund des aufrechten Untermietverhältnisses.

Im Ergebnis richtig und ohne sich zur Entscheidung 8 Ob 300/98w in Widerspruch zu setzen, haben daher die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte