OGH 5Ob128/02p

OGH5Ob128/02p27.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnungseigentumssache der Antragstellerin E. H***** KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Heimo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegner 1. Krista M*****, 2. Gunther K*****, 3. Ing. Wolfgang B*****, 4. Berta Hedwig H*****, 5. Frieda S*****, 6. Stefanie E*****,

7. Ute B*****, 8. Sophie D*****, 9. Thomas A*****, 10. Dr. Rudolf M*****, 11. Gertraud R*****, 12. DI Willibald K*****, 13. Karin S*****, 14. Andrea R*****, 15. Werner S*****, 16. Engelbert A*****,

17. Renate H*****, 18. K***** GmbH & Co KG, *****, 19. DI Hermann M*****, 20. Gustav E*****, 21. Österreichische B***** AG, *****, 22. Elisabeth Charlotte M*****, 23. Dr. Georg W*****, 24. Dr. Adolf S*****, 25. N***** AG, *****, 26. Philipp W*****, 27. Ilse G*****, vertreten durch Sattlegger, Doringer, Steiner & Partner Rechtsanwaltssozietät in Linz, 28. Ilse H*****, 29. Annemarie K*****,

30. Adolf W***** GmbH & Co KG, *****, 31. Ellengard K*****, 32. Lotte S*****, 33. Helga K*****, 34. Eleonore K*****, 35. Peter A*****, 36. Ferenz S*****, 37. Brigitte S*****, 38. Mag. Elisabeth H*****, 39. Dr. Romeo H*****, wegen § 26 Abs 1 Z 2 iVm § 13 Abs 2 Z 2 WEG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 14. Februar 2002, GZ 11 R 242/01m-32, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 6. Juni 2001, GZ 13 Msch 35/00z-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Antragstellerin und Antragsgegner sind die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit dem Haus *****.

Die Antragstellerin betreibt in ihrer Wohnungseigentumseinheit W2 in diesem Haus eine Apotheke. Die eigentlichen Apothekenräumlichkeiten sind südseitig ausgerichtet, sodass es den ganzen Tag über zu einer Sonneneinstrahlung kommt. Das bewirkt ein Ansteigen der Raumtemperatur bei Sonnenschein. Ohne Klimaanlage entstehen dabei in der Apotheke Raumtemperaturen bis zu 35° Celsius. Die Lüftung kann nur über die Fenster erfolgen. Um die der Antragstellerin vorgeschriebene höchstzulässige Raumtemperatur von 25° Celsius nicht zu überschreiten und einer diesbezüglichen Auflage der oberösterreichischen Landesregierung/Sanitätsdienst nachzukommen und im Arzneikeller die Temperatur zwischen 8 und 15° Celsius zu halten, ließ die Antragstellerin eine Klimaanlage mit drei Außenkühlgeräten errichten. Die Außengeräte der Klimaanlage befinden sich im Hof auf der Rückseite des Hauses. Unmittelbar über den Außengeräten befindet sich ein Fenster, das zum Wohnungseigentumsobjekt W12 der 27. Antragsgegnerin gehört. Bei Betrieb der drei Außenkühlgeräte wird der vorherrschende Grundpegel während der Tageszeit (40 dB) um ca 10 dB angehoben. Aufgrund der Tonhaltigkeit der Außengeräte ist diesem Wert entsprechend der Ö-Norm S5004 ein Zuschlag von 6 dB zuzurechnen, sodass der Beurteilungspegel der Schallimmissionen im betreffenden Raum des Wohnungseigentumsobjekts der 27. Antragsgegnerin bei offenem Fenster um ca 16 dB über dem vorherrschenden Grundpegel liegt. Damit wird der Richtwert für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Anhebung des Beurteilungspegels, der beim maximal 10 dB über dem Grundgeräuschpegel liegt (Grenzwert der zumutbaren Störung) überschritten. Die volle Ausschöpfung der 10 dB darf nur für die Summe des Lärms aus sämtlichen Störquellen erreicht werden. Bei Betrieb der drei Kühlgeräte im Freien wird dieser Richtwert sogar ohne Berücksichtigung des übrigen Umgebungslärms um mindestens 16 dB angehoben, sodass eine erhebliche Störung vorliegt. Eine Störung in diesem Ausmaß wird in der ÖAL-Richtlinie Nr 3 Blatt 2 (schalltechnische Grundlagen für die Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz) für geistige Arbeiten, die Konzentration erfordern mit einem Maximalwert von 50 dB angegeben. Damit ist durch den Betrieb der drei Kühlgeräte eine Beeinträchtigung der Nutzungsqualität des Raumes oberhalb der Aggregate als Büroräumlichkeiten gegeben. Bei Verwendung dieses Raums als Lagerraum wäre keine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung gegeben, weil der Grenzwert in der bezeichneten Richtlinie für Tätigkeiten ohne besondere Konzentration bei 65 dB liegt und dieser Grenzwert auch unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 6 dB für Tonhaltigkeit nicht erreicht bzw überschritten wird.

Bei Weglassen eines der Außenkühlgeräte würde keine ausreichende Kühlung im Objekt der Antragstellerin erzielt. Aufgrund der tieffrequenten Immissionsanteile würden Abschirmeinrichtungen für die Geräte zu keiner befriedigenden Lösung führen. Durch den Austausch des Fensters der 27. Antragsgegnerin durch ein Fenster mit Gießharzverglasung bei gleichzeitiger Installation eines Schalldämmlüfters würden sich die Geräuschimmissionen auf weniger als 30 dB reduzieren. Hiebei handelt es sich um einen Wert, der unter dem Wert von Schallimmissionen liegt, die in einem Büroraum üblicherweise verursacht werden. Wird zusätzlich zur Lärmübertragung von außen der Schalldämmlüfter eingeschaltet, würde sich der Grundpegel von 30 dB im Büroraum um maximal 1 dB, somit auf maximal 31 dB, erhöhen. Das ist subjektiv nicht wahrnehmbar.

Die durch die Wärmeleistung der Ventilatoren lokale Erhöhung der Temperatur betrifft maximal 2°, was keine Beeinträchtigung der 27. Antragsgegnerin darstellt.

Eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses (nüchterne, schmucklose Innenhoffassade) erfolgt durch die Anbringung der Aggregate nicht.

Das Wohnungseigentumsobjekt der 27. Antragsgegnerin W12 besteht laut Wohnungseigentumsvertrag vom 16. 11. 1955 aus vier Lageräumen, einem Vorraum, einem Waschraum und einem WC im Halbgeschoss sowie den dazu gehörenden Kellerabteilen. Die 27. Antragsgegnerin betreibt dort ein Exportgeschäft für Modeschmuck, wobei sie sowohl jenen Raum, dessen Fenster über den Klimageräten liegt, als auch den Eckraum als Büro nutzt. Ihre Geschäftszeiten laufen von Montag bis Freitag 8.00 - 12.00 und 14.00 - 16.00 Uhr. Seit ca 3 bis 4 Jahren betreibt sie das Exportgeschäft alleine. Bis dahin hatte sie zwischen 5 und 8 Mitarbeitern. Bei dem Raum mit dem gegenständlichen Fenster handelt es sich um das “Chefbüro", in dem auch der - allerdings eingeschränkte - Kundenverkehr stattfindet. Auch die Lieferanten werden dort empfangen. In diesem Raum befinden sich zwei Schreibtische sowie ein Wandverbau mit Akten, ein Faxgerät und ein Telefon. Ebenso eine Computeranlage. Ca 3x monatlich kommt es im Chefbüro zu Kundenbesuchen, Lieferantenbesuche finden ca 1x wöchentlich statt. Dieses “Chefbüro" hat nur das eine gegenständliche Fenster, auch die Raumlüftung kann nur über dieses Fenster erfolgen. Einer der beiden Schreibtische steht im rechten Winkel direkt an der Fensterwand.

Der jährliche Umsatz der 27. Antragsgegnerin schwankt zwischen 3 und 8 Millionen S.

Im verfahreneinleitenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Zustimmung der 27. Antragsgegnerin zur Anbringung der drei Außengeräte der Klimaanlagen zu ersetzen. In eventu begehrt sie die Genehmigung der drei Außengeräte unter Austausch des darüber befindlichen Fensters der 27. Antragsgegnerin durch die Antragstellerin auf ihre Kosten gegen ein Fenster mit Gießharzverglasung und gleichzeitiger Installation eines Schalldämmlüfters, verbunden mit dem Ausspruch, dass die 27. Antragsgegnerin verpflichtet sei, diese Arbeiten zu dulden. In eventu begehrt sie die Genehmigung der Anbringung der drei Außengeräte unter Anbringung einer Schalleinhausung mit einer Schallreduktion um 20 dB entsprechend dem Angebot der Leopold A***** GmbH & Co KG. Als anspruchsbegründend verweist die Antragstellerin darauf, dass sie diese Klimaanlage benötige, um der Auflage der oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Sanitätsdienst, nachzukommen, im Arzneikeller und der Apotheke sicherzustellen, dass die Temperatur zwischen 8 und 15° bzw 15 bis 25° Celsius gehalten werde. Dies sei ohne Klimaanlage nicht möglich. Die Anbringung dieser Außengeräte entspreche der Übung des Verkehrs und diene wichtigen Interessen der Antragstellerin. Auch finde dadurch keine Beeinträchtigung der Antragsgegnerin statt, weil mit dem Betrieb der Anlage keine störender Lärm oder sonstige Immissionsbelästigung verbunden sei. Technisch sei es unmöglich, die Klimageräte auf dem Dach oder im Keller zu positionieren und die Räumlichkeiten trotzdem ausreichend zu kühlen.

Im Weiteren trug die Antragstellerin vor, dass die von der 27. Antragsgegnerin als Büroräumlichkeiten verwendeten Räumlichkeiten tatsächlich als Lagerräume gewidmet seien. Eine Verwendung zu Büro-, Wohn- oder Aufenthaltszwecken sei aufgrund der Raumhöhe von lediglich 2,30 m nach § 8 der oö BautechnikerV nicht zulässig. Eine entsprechende Umwidmung sei baurechtlich nicht möglich. Es treffe nicht zu, dass die 27. Antragsgegnerin die vier Lagerräume zulässigerweise seit jeher als Büro benütze. Bei Beurteilung der Beeinträchtigung sei daher eine allfällige Verwendung als Büro nicht zu berücksichtigen.

Die 27. Antragsgegnerin begehrte die Abweisung des Antrags mit der Begründung, dass ihr die Errichtung der Kühlaggregate wegen des unerträglichen Lärms und Verursachung heißer Luft unzumutbar sei. Diese Immissionen hinderten sie, das Fenster ihres Büros offen zu halten. Überdies werde das äußere Erscheinungsbild des Hauses beeinträchtigt. Technisch sei es möglich, die Aggregate an einer anderen Stelle des Hauses, etwa auf dem Dach, anzubringen. Der Austausch eines Fensters der 27. Antragsgegnerin stelle einen unzulässigen Eingriff in ihre Rechte und überdies eine weitere unzumutbare Beeinträchtigung dar. Dies schon allein wegen der damit in Zukunft verbundenen Erhaltungskosten. Eine Abschirmung der Geräte bewirke keine wesentliche Verbesserung. Die in ihrem Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten würden von ihr zulässigerweise als Büro verwendet.

Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin, die Anbringung der drei Außengeräte unter gleichzeitigem Fensteraustausch und Installation eines Schalldämmlüfters durch die Antragstellerin und auf deren Kosten zu dulden.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der 27. Antragsgegnerin durch die Erhöhung des Lärmpegels infolge der drei Kühlgeräte im Freien, zumal sie den betroffenen Raum als Büro nütze. Eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses werde allerdings durch die Außenaggregate nicht bewirkt.

In Hinblick auf die festgestellte Notwendigkeit, die Raumtemperatur in den Apothekenräumlichkeiten und im Arzneikeller niedrig zu halten, entspreche die begehrte Änderung jedenfalls der Übung des Verkehrs und diene auch einem wichtigen Interessen der Antragstellerin. Diese Erwägungen hätten zur Abweisung des Hauptantrags zu führen. Allerdings sei der erste Eventualantrag der Antragstellerin berechtigt. Durch den Fensteraustausch würden auch Teile der Liegenschaft betroffen, die im Wohnungseigentum eines anderen Wohnungseigentümers stünden (§ 13 Abs 2 Z 3 WEG). In diesem Fall müssten zum einen die Abs 2 Z 1 und 2 leg cit genannten Voraussetzungen erfüllt sein, zum anderen müsse der betroffene Wohnungseigentümer die Abänderung überdies nur dann zulassen, wenn sie keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums zur Folge habe und ihm bei billiger Abwägung aller Interessen auch zumutbar sei. Dabei sei der beeinträchtigte Wohnungseigentümer auch angemessen zu entschädigen. Der von der Antragstellerin eventualiter begehrte Fensteraustausch mit Einbau einer Gießharzverglasung verbunden mit der Installation eines Schalldämmlüfters sei geeignet, die Zumutbarkeit für die 27. Antragsgegnerin bei Abwägung aller Interessen herzustellen. Eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung der 27. Antragsgegnerin sei damit nicht verbunden. Stromkosten für den Betrieb des Schalldämmlüfters könne die 27. Antragsgegnerin mit einem Anspruch auf Entschädigung durchsetzen.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Hingegen gab des dem Rekurs der

27. Antragsgegnerin Folge und änderte den angefochtenen Sachbeschluss dahin ab, dass sowohl das Hauptbegehren als auch alle Eventualbegehren abgewiesen wurden. Gleichzeitig sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil der dem Rekursgericht eingeräumte Beurteilungs- bzw Wertungsspielraum nicht überschritten werde.

Zum Rekurs der Antragstellerin führte das Rekursgericht aus, dass selbst dann, wenn nach dem Wohnungseigentumsvertrag die Benützung eines Objekts nur zu einem bestimmten Zweck (hier Lagerraum) erlaubt sei, doch der mangelnde Widerspruch der übrigen Miteigentümer gegen die Änderung des Betriebsgegenstandes einer stillschweigenden Zustimmung im Sinn des § 863 ABGB gleichzuhalten sei. Dass den anderen Wohnungseigentümern bzw ihren Rechtsvorgängern allenfalls ein solches Erklärungsbewusstsein gefehlt hätte, weil sie ihr Untersagungsrecht nicht gekannt hätten, sei bedeutungslos, da hiefür der Empfängerhorizont maßgeblich sei. Fest stehe, dass die 27. Antragsgegnerin schon mehrere Jahre hindurch die Räumlichkeiten als Büro und nicht als Lagerräumlichkeiten nutze, sodass von einer konkludenten Abänderung der vereinbarten Widmung auszugehen sei. Das bedeute aber, dass die Lärmbelästigung bei Betrieb eines Büros schutzwürdige Interessen der 27. Antragsgegnerin erheblich beeinträchtige. Daher komme eine Stattgebung des Hauptbegehrens nicht in Betracht.

Zum Rekurs der 27. Antragsgegnerin führte das Rekursgericht aus, dass ihr Recht zu geben sei, dass die drei Aggregate eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellten und dass eine Auswechslung des Fensters mit gleichzeitiger Installation eines Schalldämmlüfters nicht genehmigt werden könne, weil es sich hiebei um Eingriffe in das Wohnungseigentum der 27. Antragsgegnerin handle. Dabei sei nicht klar, ob nicht auch das Innere der Eigentumswohnung betroffen wäre, auch sei nicht klargestellt, wie ein Schalldämmlüfter funktioniere und ob dies bedeute, dass das Fenster nie wieder geöffnet werden könne. Es sei der 27. Antragsgegnerin nicht zumutbar, den Einbau eines Fensters zu dulden, das eventuell nicht mehr geöffnet werden könne. Unklar sei weiters, wer die Stromkosten des Schalldämmlüfters zu bezahlen habe und was im Fall der Notwendigkeit einer Reparatur des Elektromotors zu geschehen habe, wen die Erhaltungskosten träfen. Ungeklärt sei auch, ob das Fenster in Zukunft von außen gereinigt werden könne und wer dafür die Kosten übernehme. Alle daraus resultierenden möglichen Auseinandersetzungen mit der Antragstellerin, die zweifellos für alle Kosten aufkommen müsste, würden für sich allein schon eine wesentliche Beeinträchtigung ergeben.

Dass die Antragstellerin wegen der Inanspruchnahme gemeinsamer Teile der Liegenschaft ein eigenes wichtiges Interesse an der geplanten Änderung darzulegen habe, bedeute nicht, dass gegenläufige Interessen des Antragsgegners zumindest gleiches Gewicht haben müssten. Jede Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer stehe nämlich der geplanten Änderung entgegen. Zwar stehe nicht jede Beeinträchtigung einer Änderung entgegen, doch eine wesentliche, die die Interessen eines anderen Miteigentümers am Unterbleiben der Maßnahme für schutzwürdig erscheinen lasse, dass das Verfügungsrecht des änderungswilligen Wohnungseigentümers zurückzustehen habe. Eine solche wesentliche Beeinträchtigung sei beim dargestellten Sachverhalt der 27. Antragsgegnerin zuzugestehen. Die wesentliche Beeinträchtigung würde auch nicht durch einen Fensteraustausch mit gleicherzeitiger Installation eines Schalldämmlüfters beseitigt, weil die Funktionsweise, die Instandhaltung, die Tragung von Reparaturen etc nicht geklärt sei. Sämtliche Unwägbarkeiten in Bezug auf die Problematik dieser Umstände bewirkten, dass die 27. Antragsgegnerin diese Maßnahme nicht zu dulden habe.

Die weiters begehrte Anbringung einer Schalleinhausung führe nach den Feststellungen ohnedies zu keinem befriedigenden Ergebnis hinsichtlich der Lärmbeeinträchtigung, sodass auch dieses Eventualbegehren nicht berechtigt sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung ihres Begehrens. Die 27. Antragsgegnerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsantrags auch berechtigt. Das Rekursgericht hat nämlich bei Anwendung des § 863 ABGB bei Beurteilung schlüssiger Erklärungen der Wohnungeigentümergemeinschaft die Regeln über die Vertrauenstheorie unrichtig eingesetzt. Insofern ist ihm eine unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, ob die Mit- und Wohnungseigentümer einer Widmungsänderung durch die 27. Antragsgegnerin konkludent zugestimmt haben. Fest steht, dass letztere die als “Lager" gewidmeten Räumlichkeiten seit Jahren als Büro verwendet und die Mit- und Wohnungseigentümer sich dem nicht widersetzt haben. Damit diesem Stillschweigen der Mit- und Wohnungseigentümer aber der Erklärungswert der Zustimmung beigemessen werden könnte, wäre erforderlich, dass sie in Kenntnis dieser Umwidmung jahrelang untätig geblieben sind, weil nur dann die 27. Antragsgegnerin auf den zustimmenden Willen vertrauen durfte. Die 27. Antragsgegnerin ist nur dann in ihrem Vertrauen schutzwürdig, wenn sie die Erklärung so verstanden hat, wie ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger sie verstehen durfte (vgl Koziol/Welser12 I 96 FN 38 und 39 ua). Die 27. Antragsgegnerin durfte das Stillschweigen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer zur Umwidmung ihres Wohnungseigentumsobjekts aber nur dann als Zustimmung verstehen, wenn diese in Kenntnis der geänderten Verwendung waren. Es ist daher keineswegs bedeutungslos, ob den Wohnungseigentümern bei ihrem jahrelangen Stillschweigen ein Erklärungsbewusstsein fehlte, weil sie ihr Untersagungsrecht nicht kannten.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu prüfen sein, ob nach diesen Grundsätzen die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer eine Umwidmung der Lagerräumlichkeiten genehmigt haben. Die 27. Antragsgegnerin hat sich nämlich darauf berufen, dass das Objekt von ihr zulässigerweise als Büro Verwendung findet.

Darauf kommt es aber entscheidend an, weil die 27. Antragsgegnerin nur dann in schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt ist, wenn sie das Objekt als Büro verwenden durfte, steht doch fest, dass bei Verwendung als Lager keine unzumutbare Beeinträchtigung durch die Lärmentwicklung gegeben ist. Gelingt daher der 27. Antragsgegnerin der Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung als Büroräumlichkeiten nicht, steht eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der von der Antragstellerin durchgeführten Maßnahme nicht entgegen. Dahingestellt bleiben kann, ob die von der Antragstellerin gesetzte Maßnahme der Übung des Verkehrs entspricht, hat sie doch nachgewiesen, dass sie jedenfalls einem wichtigen Interesse dient, dass nämlich die Fortführung des Apothekenbetriebes ohne Erfüllung der behördlichen Auflagen gefährdet ist.

Ohne Klärung der Widmungsfrage ist aber eine Entscheidung über das Hauptbegehren nicht möglich, stünde doch eine erhebliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen eines Miteigentümers der geplanten Änderung jedenfalls entgegen (RIS-Justiz RS0083240, 0083188).

Nur für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens wird sich das Erstgericht mit dem Eventualbegehren auseinanderzusetzen haben und diesfalls die noch vom Rekursgericht aufgeworfenen offenen Fragen einer Klärung zuzuführen haben.

Aus den dargestellten Gründen war eine Aufhebung unumgänglich.

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