OGH 15Os70/02

OGH15Os70/0222.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael S***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 Abs 1 StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. April 2002, GZ 11 Hv 64/02a-14, nach öffentlicher Verhandlung, in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Rauwal zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Michael S***** wurde des Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 Abs 1 (ergänze: 169 Abs 1) StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. Dezember 2001 in Weiz an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers fahrlässig eine Feuersbrunst verursacht, indem er im Inneren eines im Eigentum der Firma L***** stehenden Lagerraumes Papier und einen Holztisch anzündete, woraufhin der gesamte Lagerraum vernichtet und der Dachbereich der angebauten Lagerhalle einige Meter weit beschädigt wurde (Schadenshöhe ca 21.801,85 Euro).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der unter anderem unvollständige Begründung der zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen moniert wird, erweist sich als zielführend. Zutreffend kritisiert die Beschwerde, dass die Tatrichter Beweisergebnisse, die für ein vorsätzliches Verhalten des Angeklagten bei der Herbeiführung der Feuersbrunst sprechen, mit Stillschweigen übergangen haben.

Das Erstgericht hat das Gutachten des Brandsachverständigen Friedrich M***** zwar zur Stützung der Angaben des Angeklagten über den objektiven Tathergang herangezogen (US 6 unten), jene Teile des Gutachtens jedoch unberücksichtigt gelassen, die einen Rückschluss auf die subjektive Tatseite des Angeklagten zuließen. So blieb die Aussage des Sachverständigen unerörtert, dass auch das vom Angeklagten vorgenommene kontinuierliche Entzünden von Papierblättern auf der Platte des Holztisches bereits einen Glimmbrand herbeigeführt habe, der gleichfalls zum Entzünden des Tisches und zu einem Vollbrand des Gebäudes geführt hätte. Diese Entwicklung sei durch das Entflammen des daneben stehenden Papierkorbes nur beschleunigt worden (S 132 f). Übergangen wurden auch seine Ausführungen, dass zwischen dem Entzünden des Papierkorbes und dem Vollbrand des Gebäudes ein Zeitraum von ca 20 Minuten vergangen sein müsse (S 133), jedermann damit zu rechnen habe, dass bei Entzünden einer größeren Anzahl von Papierblättern auf einem Holztisch, in dessen Nähe überdies leicht brennbare Materialien lagern, es zu einer Brandausweitung kommen könne und dass überdies ein Angehöriger der Feuerwehr (so wie der Angeklagte zur Tatzeit) über diese Brandausweitungsgefahren schon in der Grundausbildung informiert werde (S 134).

Aufgrund dieser Ausführungen des Brandsachverständigen wären umso eher auch die Positionen des Angeklagten bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie und in der Hauptverhandlung zu erörtern gewesen, wonach er aus Faszination vor dem Feuer den brennenden Papierkorb nicht zu löschen versucht, sondern das Übergreifen des Brandes auf den Holztisch beobachtet (S 55), im Lagerraum sodann auch weiterhin keine Löschtätigkeit entfaltet und erst als das Feuer außer Kontrolle geraten war, telefonisch die Feuerwehr verständigt habe (S 127, 129). Hat aber das Gericht im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände in den Gründen nicht erörtert und ist - wie im vorliegenden Fall - nicht auszuschließen, dass es bei deren Würdigung zu anderen Feststellungen gelangt wäre, so ist ein Ausspruch über eine entscheidende Tatsache unvollständig (Mayerhofer StPO § 281 Z 5 E 63).

Die aufgezeigten Begründungsmängel machen die Aufhebung des Urteils zwecks Verfahrenserneuerung unumgänglich.

Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich in Hinblick auf die obigen Ausführungen.

Im erneuerten Verfahren werden die Tatrichter unter Einbeziehung aller Sachverhaltsgrundlagen die Zielsetzung des Angeklagten bei der Tatbegehung zu klären und sodann den Sachverhalt in subjektiver Richtung neu zu beurteilen und mängelfrei zu begründen haben.

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