Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das Urteil, das ansonsten unberührt bleibt, in der Subsumtion der zu I. genannten Taten nach § 27 Abs 2 Z 2 SMG - demnach auch im Strafausspruch - aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die auf den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Markus I***** wurde "des Vergehens nach § 27 Abs 2 Z 2 SMG" (I) und "des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG" (II) schuldig erkannt (zur Klarstellung: einer jeweils unbestimmten Anzahl gleichartiger Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall und Abs 2 Z 2 erster Fall SMG und nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG). Danach hat er jeweils tatmehrheitlich in G***** und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift
I. gewerbsmäßig "in Verkehr gesetzt" (gemeint: einem anderen überlassen), und zwar
- 1) von Dezember 1999 bis März 2000 Heroin an Hugo Sch*****,
- 2) von Juni 2000 bis Jänner 2001 insgesamt ca 10 g Heroin und zumindest 15 g Kokain an Jürgen T*****,
3) im Jahr 2001 insgesamt 20 amphetaminhältige Ecstasytabletten an Josef K*****;
II.
1) zwischen Ende 1999 und Dezember 2000 insgesamt 10 g Kokain dem Jürgen T***** überlassen,
2) von April 2000 bis Februar 2001 Heroin und Kokain von einem Unbekannten namens "Tom" gekauft und nachfolgend konsumiert, also erworben und besessen,
3) von Oktober 2000 bis Ende Februar 2001 Haschisch und Marihuana gemeinsam mit Arnold Schw***** und Jürgen T***** konsumiert, also besessen oder einem anderen überlassen.
Rechtliche Beurteilung
Deutlich genug macht die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus Z 10 gegen die zu I. ergangenen Schuldsprüche unter Hinweis auf seine nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung indizierte (Seiten 214 f, 217 f, 221, 224 und 227 iVm 11), von den Tatrichtern auch angedeutete Gewöhnung an Suchtmittel (vgl US 5: "Unabhängig von der begonnenen Suchtgifttherapie konsumierte der Angeklagte weiteres Suchtgift") einen Feststellungsmangel zu der vom zweiten Teilsatz des § 27 Abs 2 Z 2 SMG angeordneten Privilegierung geltend. Die zu deren Beurteilung erforderlichen Feststellungen wären umso mehr vonnöten gewesen, als das Schöffengericht von der Tatsache ausging, dass I***** "... über die Jahre nicht nur Suchtgift konsumiert, sondern auch entsprechend gedealt" hat (US 8). Zudem enthalten die Entscheidungsgründe keine ausreichenden Feststellungen (vgl US 5 dritter Absatz), wonach der Angeklagte die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) verfolgt habe, sich durch wiederkehrende Suchtgiftweitergabe eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB).
Die mit der Aufhebung der rechtlichen Unterstellung nach § 27 Abs 2 Z 2 SMG verbundene Beseitigung des Strafausspruchs (§ 285e StPO) macht - amtswegige (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) - Erörterung des vom Erstgericht herangezogenen Erschwerungsgrundes der "Involviertheit zahlreicher weiterer Personen" (US 12) unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall entbehrlich.
Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a) des Angeklagten aber gehen fehl (§ 285d Abs 1 StPO).
Mit der Behauptung, der Angeklagte, Sch***** und K***** hätten glaubhaft dessen Unschuld an den zu I. als erwiesen angenommenen Taten beteuert, wird aus Z 5 nur unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter in Frage gestellt, mit dem Bemerken, Schw***** sei kein Heroin überlassen worden, ein nicht ergangener Schuldspruch bekämpft. Der zur Überzeugung von der Unglaubwürdigkeit der Zeugen Sch***** und K***** auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entrückt. Der (nominell aus Z 5a) kritisierte Hinweis auf die nicht näher dargelegte "Körpersprache" der Zeugen T***** und V***** (US 7) war nur als Hinweis auf eben diesen komplexen Vorgang zu verstehen und als solcher (noch) nicht undeutlich (Z 5 erster Fall). Ebensowenig Gegenstand der Mängelrüge ist die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände, soweit diese - wie hier - keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410, 431). Welche gerichtliche Aussage oder Urkunde in den Entscheidungsgründen inhaltlich falsch wiedergegeben worden sein soll, ist der Mängelrüge (Z 5 letzter Fall) schließlich nicht zu entnehmen.
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) unter Berufung auf angebliche Glaubwürdigkeit der in der Hauptverhandlung abgelegten Aussagen der Zeugen Sch*****, K***** und Schw***** die Argumente der Mängelrüge wiederholt und ohne weitere Konkretisierung meint, T***** habe den Angeklagten nur belastet, "damit dieser nicht eingesperrt bzw in Haft bleibt und nicht bei Widerruf dieser Angaben vor der Gendarmerie sich der Gefahr eines Verfahrens wegen des Tatbestandes der Verleumdung auszusetzen und sohin auch seine Beschäftigung in der 'Zukunftsschmiede' sowie seinen stationären Therapieplatz verlieren würde", erweckt sie keine erhebliche Bedenken gegen entscheidende Tatsachen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.
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