OGH 1Ob276/01x

OGH1Ob276/01x13.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred M*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner und Dr. Helmut Platzgummer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen 18.982,14 EUR (261.200 S) sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Juli 2001, GZ 14 R 11/01t-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichts St. Pölten vom 24. Oktober 2000, GZ 1 Cg 29/00v-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen. Im Übrigen wird ihr Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zurückverwiesen und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der am 30. September 1998 über eigenes Ersuchen in den Ruhestand versetzte Kläger war als Beamter des Landes Niederösterreich Leiter der - am 15. September 1998 aufgelösten - Abteilung (Art 49 Abs 3 bis 5 NÖ Landesverfassung 1979 idgF) "Rechtsbüro des Amtes der NÖ Landesregierung". Maßgebliche Rechtsvorschrift für das Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Landes Niederösterreich ist die Dienstpragmatik der Landesbeamten NÖ LGBl 2200 in der geltenden, vielfach novellierten Fassung (im Folgenden nur DPL 1972). Am 10. Juli 1986 beschloss der Landtag von Niederösterreich das Verfassungsgesetz NÖ LGBl 0001-4, mit dem die Stadt St. Pölten zur Landeshauptstadt von Niederösterreich und zum Sitz des Landtags und der Landesregierung erklärt wurde. Mit dem NÖ Landeshauptstadt-Errichtungsgesetz vom 26. März 1997 NÖ LGBl 0007-0 wurde gemäß Artikel II des Verfassungsgesetzes, mit dem die NÖ Landesverfassung 1979 geändert wird, LGBl 0001-4, der 21. Mai 1997 als Tag der Errichtung der Landeshauptstadt festgestellt. Zufolge Art 5 Abs 1 der NÖ Landesverfassung 1979 idgF ist somit St. Pölten Sitz des Landtags und der Landesregierung. Bereits ab September 1996 übersiedelten einzelne Abteilungen des Amtes der NÖ Landesregierung nach St. Pölten. Die Personalabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung teilte dem Kläger mit Schreiben vom 20. Jänner 1997, zugestellt am 22. Jänner 1997, mit: ... Zufolge der für den 27. Jänner 1997 vorgesehenen Übersiedlung der Abteilung Rechtsbüro von Wien in das Regierungsviertel der Landeshauptstadt St. Pölten ist St. Pölten mit Wirksamkeit vom 28. Jänner 1997 Ihr Dienstort; Sie haben daher ab diesem Zeitpunkt bei Ihrer Dienststelle in St. Pölten Dienst zu leisten. ... Vom 28. Jänner 1997 bis 30. September 1998 pendelte der Kläger von Wien nach St. Pölten. Der damalige Landeshauptmann gab mehrmals öffentliche Erklärungen dahin ab, dass den Bediensteten durch die Errichtung der Landeshauptstadt St. Pölten keine Nachteile entstünden.

Die vom Kläger im Verwaltungsweg für die Zeiträume vom 28. Jänner bis 30. Juni 1997, vom 1. Juli bis 19. Dezember 1997, vom 7. Jänner bis 18. Juni 1998 und vom 2. Juli bis 25. September 1998 geltend gemachten Reisegebühren und angesprochene Entschädigung von Mehrdienstleistungen für seine Fahrten von Wien nach St. Pölten wies die Dienstbehörde mit Bescheiden vom 27. Oktober 1997, 12. Mai 1998 und 11. Jänner 1999 ab. Der drittgenannte Bescheid blieb unbekämpft, die vom Kläger gegen die beiden anderen Bescheide an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhobenen Beschwerden wies dieser mit den Erkenntnissen vom 7. Oktober 1998, Zl. 97/12/0339-6, und vom 11. November 1998, Zl 98/12/0158-6, als unbegründet ab. Schon mit Schreiben vom 27. März 1996 hatte der Kläger an seinen Dienstgeber den Antrag auf Feststellung gestellt, dass Wien sein Dienstort sei. Nach Erhalt des Schreibens vom 20. Jänner 1997 beantragte der Kläger bei seiner Dienstbehörde die bescheidmäßige Feststellung, dass diese Erledigung nicht in Bescheidform zu ergehen hatte. Die NÖ Landesregierung wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24. Juli 1997 mangels rechtlichen Interesses zurück. Dagegen erhob der Kläger Bescheid- und Säumnisbeschwerde (letztere, weil über seinen Antrag vom 27. März 1996 nicht entschieden worden sei) an den VwGH u. a. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheids. Der VwGH wies mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 97/12/0316, 0317-18 (= ZfVB 2001/815), die Säumnisbeschwerde als unbegründet ab und gemäß § 42 Abs 4 VwGG den Antrag des Klägers vom 27. März 1996 als unzulässig zurück.

Der Kläger begehrte vom beklagten Rechtsträger aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung u.a. die Zahlung von insgesamt 739.048,40 S sA, wovon derzeit nur ein Begehren von 261.200 S sA relevant ist, und brachte dazu im Wesentlichen vor, er sei ohne ausreichende gesetzliche Grundlage gezwungen gewesen, ab 28. Jänner 1997 seine Dienste als Beamter der beklagten Partei nicht mehr in Wien, sondern in St. Pölten zu verrichten, ohne dass ihm der damit verbundene Mehraufwand an Zeit und Fahrtkosten ersetzt worden sei. Durch den ihm am 20. Jänner 1997 erteilten Auftrag, ab 28. Jänner 1997 in St. Pölten als seinem neuen Dienstort Dienst zu leisten, habe er vom 28. Jänner 1997 bis 30. September 1998 einen Zeit- und Fahrtkostenaufwand von 261.200 S für die Zu- und Abreise nach und von St. Pölten tragen müssen. Weder das Landesverfassungsgesetz LGBl 0001-4 noch das Landeshauptstadt-Errichtungsgesetz hätten eine Regelung über die Dienstorte und Dienststellen enthalten, weshalb seine Versetzung rechtsgrundlos erfolgt sei. § 33 DPL 1972 stelle ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB dar, wogegen mit seiner Versetzung verstoßen worden sei. Die Landesorgane hätten keine Übergangsregelungen getroffen, weshalb sie für den eingetretenen Schaden hafteten. Auch dass seine Versetzung nicht in Bescheidform erfolgt sei, mache sie rechtswidrig. Die beklagte Partei wendete ein, die Versetzung des Klägers sei aus näher genannten, noch zu erörternden Vorschriften der DPL 1972 rechtskonform erfolgt.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Zahlungsbegehren von 261.200 S sA ab, weil es, ausgehend von näher genannten Bestimmungen des DPL 1972, die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Organe des Rechtsträgers verneinte. Die mit Weisung vom 20. Jänner 1997 erfolgte Verlegung der gesamten Dienststelle, erweise sich, da daran ein wichtiges Interesse des Dienstgebers bestanden habe, als rechtskonform. Der Dienstort des Klägers sei ab 28. Jänner 1997 St. Pölten gewesen. Der Kläger könne aus § 33 DPL 1973 nicht ableiten, der Dienstgeber müsse den vom Dienstnehmer gewählten, ordnungsgemäß angezeigten Wohnsitz entsprechend berücksichtigen. § 33 DPL 1973 sei insofern kein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB; einer solchen Auslegung stehe schon allein der Wortlaut der Bestimmung entgegen. Da die Versetzung rechtskonform erfolgt sei, könne der beklagten Partei auch kein Organistationsverschulden oder die Unterlassung der Schaffung von Übergangsregelungen vorgeworfen werden. Aus den öffentlichen Ankündigungen von Politikern sei keine rechtlich bindende Wirkung abzuleiten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Teilurteil. Könne der Kläger gemäß § 26 Abs 3 DPL 1972 sogar in einem anderen Dienstzweig als in dem, für den er aufgenommen worden sei, verwendet werden, so könne er sich nicht dadurch beschwert erachten, dass er im selben Dienstzweig wie bisher an einem anderen Ort verwendet werde. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 161 Abs 1, und des § 26 Abs 2 und 3 DPL 1972 bestünden nicht, zumal in den §§ 160 ff dieses Gesetzes die Entschädigungen für Versetzungen an einen anderen Dienstort geregelt seien und somit ein Ausgleich der für die Beamten durch eine solche Versetzung verursachten Mehrbelastungen vorhanden sei. Solche Versetzungsgebühren habe der Kläger aber gerade nicht beantragt, weil er diese Versetzung bekämpfen und keineswegs habe anerkennen wollen. Er habe es sich daher selbst zuzuschreiben, dass er diese Gebühren im Zusammenhang mit seiner Versetzung nicht erhalten habe. Da der Kläger nach diesen Vorschriften keine Entschädigung begehrt habe und sie bei Beurteilung des hier in Rede stehenden Anspruchs auch nicht anzuwenden seien, käme in diesem Verfahren die begehrte Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof in Ansehung dieser Vorschriften nicht in Betracht, selbst wenn man die Verfassungsmäßigkeit deren inhaltlicher Regelung bezweifeln wollte.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

a) Die Nichtigkeitsrüge, die zweitinstanzliche Entscheidung sei nicht schlüssig begründet, erweist sich allerdings als nicht berechtigt. Nach stRsp kann nur dort von mangelnder Begründung gesprochen werden, wo die Entscheidung - anders als hier - gar nicht oder so unzureichend begründet wurde, dass sie sich nicht überprüfen lässt (vgl dazu nur die Nachweise bei Kodek in Rechberger2, § 477 ZPO Rz 12). Davon kann hier keine Rede sein.

b) Die Anträge des Klägers auf Zahlung von Reisegebühren und Mehrdienstleistungsentschädigung wurden von der Dienstbehörde bescheidmäßig abgewiesen. Soweit daraus Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, müssen diese an § 2 Abs 2 AHG (soweit einer der Bescheide nicht angefochten wurde) bzw an § 2 Abs 3 AHG (soweit der VwGH die dagegen erhobene Beschwerden des Klägers als unbegründet abwies) scheitern. Zutreffend erkannten dagegen die Vorinstanzen, dass das aus jenem Mehraufwand, der aus der Verlegung des Dienstorts entstanden ist, abgeleitete Ersatzanspruch des Klägers weder aus dem Grund des § 2 Abs 2 AHG noch aus jenem des Abs 3 dieser Gesetzesstelle ausgeschlossen ist, weil es gerade Voraussetzung für den geltend gemachten Schadenersatz ist, dass die Bestimmungen der §§ 141 ff DPL 1972 auf den Ersatz des Mehraufwands infolge Verlegung des Dienstorts nicht anwendbar sind und vom VwGH über den erhöhten Zeit- und Fahrtkostenaufwand sowie über den Verdienstentgang dessen Ersatz der Kläger nun begehrt, und über den des Erstrichters mittels Teilurteils entschieden hat, nicht abgesprochen worden war.

c) Nach § 1 Abs 1 AHG haftet der beklagte Rechtsträger nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts u.a. für den Schaden am Vermögen, den die als seine Organe handelnder Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Voraussetzung einer solchen Haftung ist somit u.a. die Rechtswidrigkeit des Organhandelns. Der Kläger leitet diese einerseits daraus ab, dass seine Versetzung in Bescheidform hätte ausgesprochen werden müssen und nicht mittels Weisung hätte ergehen dürfen; andererseits entbehre die Weisung vom 20. Jänner 1997 einer gesetzlichen Grundlage. Ersterer Vorwurf ist nicht berechtigt, wohl aber letzterer.

Das Schreiben der Dienstbehörde vom 20. Jänner 1997 stellt einen innerdienstlichen Akt, eine Weisung (Dienstauftrag) über die Versetzung des Klägers nach St. Pölten, dar. Art 20 Abs 1 B-VG konstituiert die Weisung als eigene Rechtsform, die im Innenverhältnis der Verwaltung ergeht; durch eine Weisung können immer nur Organwalter der Verwaltung verpflichtet werden (Walter/Mayer, Grundriß des österr. Bundesverfassungsrechts9 Rz 612; Raschauer in Korinek/Holoubek, Österr. Bundesverfassungsrecht, Art 20 Rz 71). Eines Bescheids zur Versetzung des Klägers als eines niederösterreichischen Landesbeamten bedurfte es dabei nach dem DPL 1972 nicht. Eine analoge Anwendung der §§ 38 und 40 BDG 1979 scheidet hier deshalb aus, weil im BDG 1979 für Versetzungen und bestimmten Verwendungsänderungen, die Dienstaufträge darstellen, ausdrücklich angeordnet ist, dass diese Maßnahmen mit Bescheid zu verfügen sind und eine derartige landesgesetzliche Regelung in den DPL fehlt, sodass für solche Personalmaßnahmen die allgemeine Regel über Dienstaufträge (= Weisungen) gilt (vgl VwGH in 97/12/0399 [Beil./2] mwN). Die Vorinstanzen führten dazu zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO) aus, sehe der niederösterreichische Landesgesetzgeber für die Versetzung eines Landesbeamten keine bestimmte Rechtsform (in casu: Bescheid) vor, so lasse sich daraus nur ableiten, dass er eine solche bestimmte Rechtsform nicht anordnen wollte (vgl dazu auch VfSlg 6.450/1971 und 15.416/1999).

Nach § 26 Abs 3 erster Satz DPL 1972 kann der Beamte, wenn es im Interesse des Dienstes notwendig ist, versetzt, zugeteilt oder nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch in einem anderen Dienstzweig als dem, für den er aufgenommen wurde, verwendet werden. Zufolge § 4 Abs 7 DPL 1972 ist eine Versetzung die dauernde Zuweisung eines Beamten an eine andere Dienststelle. Als Zuweisung zu einer anderen Dienststelle ist auch die örtliche Verlegung der gesamten Dienststelle anzusehen (vgl VwSlg 14.028/A u.a. zu § 38 Abs 1 BDG 1979; Germ, Der Schutz vor Versetzungen und bestimmten Verwendungsänderungen im Dienstrecht der Bundesbeamten in ÖJZ 1995, 51 ff [53]); auch nach §§ 161 Abs 1 und 162 Abs 1 DPL 1972 - in denen die allgemeinen Bestimmungen für die Versetzungsgebühr und die Übersiedlungskosten geregelt sind - gilt ein Dienstortwechsel, der durch die Verlegung einer Dienststelle erfolgt, als Versetzung. Bei der Verlegung der gesamten Dienststelle an einen anderen Ort sind die organisatorischen Belange als wichtiges dienstliches Interesse anzusehen (vgl dazu VwGH ZfVB 1996/2257 u.a.; Germ aaO 53 mwN in FN 9), sodass eine Abwägung gegen persönliche Interessen des Beamten, auf die sich der Kläger vor allem beruft (Art 5 StGG, Art 1 1.ZPzMRK, Art 4 Abs 2 MRK), nicht in Betracht kommt: Es besteht kein Anspruch des Beamten auf Überprüfung der Zweckmäßigkeit einer Organisationsänderung (VwGH in ZfVB 1996/2257; Germ aaO 53). Es steht dem Rechtsträger vielmehr frei, eine Dienststelle zu errichten und dem Beamten die Weisung zu erteilen, dort seinen Dienst zu versehen. Von einer unsachlichen Organisationsänderung, die nur dann vorläge, wenn sie lediglich zu dem Zweck getroffen worden wäre, dem Beamten einen Nachteil zuzufügen (vgl Germ aaO 53), kann keine Rede sein. Ob auch der Personalabteilung, die dem Kläger die Weisung zur Dienstleistung in St. Pölten erteilte, das Recht zur Organisationsänderung zukam, kann, wie noch darzulegen sein wird, ungeprüft bleiben.

Gemäß § 4 Abs 10 DPL 1972 ist als Dienstort die Katastralgemeinde zu verstehen, in der sich die Dienststelle des Beamten befindet. Die DPL 1972 enthält zwar keine ausdrückliche Definition des Begriffs "Dienststelle", doch lässt sich aus deren § 4 Abs 6, 7 und 8 zweifelsfrei ableiten, dass Dienststelle jene Organisationseinheit ist, der der Beamte zur Dienstleistung zugewiesen ist. Für den Kläger als Leiter der Abteilung Rechtsbüro des in Wien domizilierten Amtes der NÖ Landesregierung war der Dienstort durch den Standort des Amtes der NÖ Landesregierung - das gemäß Art 49 Abs 1 NÖ Landesverfassung 1979 die Angelegenheiten der Landesregierung und des Landeshauptmanns zu besorgen hat - bestimmt, war somit Wien. Da mit NÖ Verfassungsgesetz NÖ LGBl 0001-4 die Stadt St. Pölten zur Landeshauptstadt von Niederösterreich und u.a. zum Sitz der Landesregierung bestimmt und mit NÖ Landeshauptstadt-Errichtungsgesetz NÖ LGBl 0007-0 der 21. Mai 1997 als Tag der Errichtung der Landeshauptstadt (St. Pölten) festgestellt wurde, hat damit auch das Amt der NÖ Landesregierung (und seine Abteilungen einschließlich der Abteilung Rechtsbüro, der der Kläger vorstand) mangels anderer gesetzlicher Grundlagen ab diesem Tag seinen Sitz in St. Pölten. Daher wurde die örtliche Verlegung der früheren Dienststelle des Klägers erst mit 21. Mai 1997, zeitlich somit erst vier Monate nach der den Gegenstand der vorliegenden Amtshaftungsklage bildenden Weisung an den Kläger, entsprechend dem Willen des Landesgesetzgebers bewirkt. Somit wurde für einzelne Beamte einzelner Abteilungen des Amtes der NÖ Landesregierung die Stadt St. Pölten bereits Monate vorher mittels Weisung zum Dienstort bestimmt; diese Weisung ist dann aber - die beklagte Partei lässt dazu übrigens jedes Vorbringen vermissen - ohne erkennbare Rechtsgrundlage; Nach § 26 Abs 2 DPL ist zwar der Beamte verpflichtet, die in seinen Aufgabenkreis fallenden Dienstleistungen bei allen Dienststellen des Landes, auch außerhalb der Grenzen der Bundesländer Niederösterreich und Wien, zu verrichten, der dargestellten Rechtslage zufolge wurden die NÖ Landesregierung und damit auch das Amt der Landesregierung und die in diesem eingerichtete Abteilung Rechtsbüro erst am 27. Mai 1997 nach St. Pölten verlegt. Die Dienststelle des Klägers befand sich daher zum Zeitpunkt der Erlassung der Weisung noch nicht in St. Pölten. Die Weisung ist somit mangels Vorliegens einer Rechtsgrundlage als rechtswidrig zu beurteilen, weil zufolge Art 18 Abs 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung - auch die Landesverwaltung - nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf (Legalitätsprinzip). Ein Fall des § 11 Abs 1 AHG liegt hier nicht vor, weil die Verwaltungsbehörde gerade nicht mit Bescheid, sondern mit Weisung zum Nachteil des Klägers entschieden hat. Die Frage der Zuständigkeit der Personalabteilung zur Verlegung einer Dienststelle stellt sich somit nicht mehr.

Die beklagte Partei hat sich auf die Vertretbarkeit und damit auf das fehlende Verschulden iSd Amtshaftungsrechts ihrer Organe bei der hier zu beurteilenden Weisung nicht berufen.

Auf die Rechtsgründe des Verstoßes von Organen des Rechtsträgers gegen die guten Sitten, die Geschäftsgrundlage und der Übung des redlichen Verkehrs kommt das Rechtsmittel in seinen Rechtsausführungen nicht mehr zurück. Der Anregung des Rechtsmittelwerbers, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 26 Abs 2 und des § 161 Abs 1 DPL 1972 wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art 7 B-VG), des Eigentumsschutzes (Art 5 StGG und Art 1 1.ZPzMRK) sowie des Verbots der Zwangs- und Pflichtarbeit (Art 4 Abs 3 MRK) zu beantragen, wird mangels Präjudizialdelikt nicht näher getreten.

Der Revision ist aus diesen Erwägungen Folge zu geben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dieses wird sich im fortgesetzten Vefahren nur mehr mit der Höhe des Klageanspruchs auseinander zu setzen haben.

Der Kostenvorbehalt fußt auf dem § 52 Abs 1 ZPO.

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