OGH 12Os67/02

OGH12Os67/027.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. August 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mario Robert W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Markus Roman M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. Juni 2002, GZ 11 Hv 82/02y-111, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Markus Roman M***** auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last,

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Mario Robert W***** und Johann Erich F***** enthält, wurde Markus Roman M***** der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (I.) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (III. 1. und IV.) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III. 2. und 3.) schuldig erkannt.

Soweit für das Rechtsmittelverfahren hier von Bedeutung hat Markus Roman M*****

I. am 6. Dezember 2001 in Graz im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mario Robert W***** "Philipp P***** eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Stichverletzung in der linken Brustkorbhälfte im Bereich der siebenten und achten Rippe, absichtlich zugefügt, indem sie ihm mit einem 22,5 cm (Klingenlänge ca 10 cm) langen Butterfly-Messer einen Stich in den seitlichen Brustkorbbereich versetzten"; sowie ferner

am 8. Dezember 2002 in Graz andere durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von ihm selbst und Mario Robert W***** im Zusammenhang mit der unter I. geschilderten Tathandlung belastenden Aussagen genötigt, und zwar

III. 1. Gilbert B***** und Karim B***** durch die (sinngemäße) Äußerung: "Ich steche euch ab, ihr Zeckenschweine!", wobei er ein Klappmesser mit geöffneter Klinge in ihre Richtung hielt;

IV. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Johann Erich F***** "Gilbert B*****, Karim B*****, David P*****, Marcel I***** und Susanne Mercedes N***** durch die (sinngemäße) Äußerung: 'Da sind sie ja die Zeckenschweine, jetzt drehen wir euch heim!', wobei sie die Ernstlichkeit der abgegebenen Äußerung durch Drohgebärden mit einem Messer unterstrichen".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und (nominell) 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Markus Roman M***** kommt keine Berechtigung zu.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider haben die Tatrichter die Urteilsannahme zur detaillierten Wahrnehmung des Beschwerdeführers, dass Mario Robert W***** sein Butterflymesser herausnahm, während er selbst Philipp P***** rechts hinter ihm stehend und den (von W***** geführten) Stich genau beobachtend an den Oberarmen festhielt (US 10 f), logisch und empirisch einwandfrei auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Verletzten gegründet (US 12 ff), welcher bereits bei seiner Einvernahme am Tattag erklärt hatte, "vom kleineren Burschen" festgehalten worden zu sein, als ihm W***** mit dem Messer in die Brust stach (S 27/I), weiters in der Folge vor dem Untersuchungsrichter deponierte, M***** habe ihn gehalten, als W***** zustach, und habe auch genau gesehen, dass dieser ein Messer ziehe und auch gleich zustechen werde, während er ihn weiter fixiert bzw festgehalten (S 447/I) habe, und letzlich auch in der Hauptverhandlung angab, während des Stiches vom Beschwerdeführer gehalten worden zu sein, er habe dessen Hände an den Oberarmen gespürt (S 387 ff/II). Der Beschwerdeversuch aus der Standposition hinter dem Geschädigten eine mangelnde Sicht auf das Tatwerkzeug zu konstruieren und solcherart die Tatsachengrundlagen der Mittäterschaft an der absichtlichen schweren Körperverletzung zu problematisieren, setzt sich über die wiedergegebenen Opferangaben hinweg, beschränkt sich auf eine Bekräftigung der leugnenden Veranwortung nach Art einer bloßen Schuldberufung und ist damit nicht geeignet, einem formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzutun.

Lediglich vollständigkeitshalber ist festzuhalten, dass es sich bei der Dynamik einer Gewalthandlung der in Rede stehenden Art von selbst versteht, dass die beteiligten Personen nicht in statischen Positionen verharren und das optisch und akustisch markante Öffnen eines sogenannten Butterfly-Messers einen Vorgang akzentuierter Auffälligkeit darstellt. Dass eine durch einen Stich in die Brust mit schwerer Verletzungsfolge insultierte Person, zumal wenn sie auch unter Drogeneinfluss steht, nicht jedes Detail des Tathergangs registriert (und daher in der Folge etwa die Intensität des Festhaltens divergierend beschreibt) bedarf als allgemein einsichtig keiner näheren Erörterung.

Ob die Angeklagten W***** und M***** den später Verletzten suchten, oder ihn zufällig trafen, bleibt für die Sachentscheidung zwangsläufig ohne Relevanz.

Hinzuzufügen ist, dass der Beschwerdeführer im Übrigen durchgehend einräumt, Philipp P***** (wenngleich nicht gelegentlich bzw unter Wahrnehmung der Stichführung) gehalten zu haben (S 159/I, S 199f/I, S 375/II).

Die Tendenz der Drohungen, die Adressaten von belastenden Angaben bei der Polizei abzuhalten, haben die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - denkrichtig und nachvollziehbar auf den Umstand gegründet, dass diese teils Tatzeugen waren, mit P***** befreundet sind (daher mit entsprechenden Umfelderhebungen der Sicherheitsbehörde zu rechnen war) und die Drohungen zudem in engem zeitlichem Zusammenhang zu der in Rede stehenden (markanten) Gewalttat standen, welcher im Übrigen die Täterannahme zugrundelag, P***** und andere hätten W***** vor der Polizei wegen Heroinkonsums belastet (US 10, 18).

Mit einzelnen Widersprüchen, Infirmitäten und Abschwächungen in den Angaben der Zeugen haben sich die Tatrichter ausführlich auseinandergesetzt (US 13, 16 ff) und dabei tragfähig Ängste vor Rachehandlungen seitens der Angeklagten mitberücksichtigt. Ob M***** und F***** den Tatort zum Faktenkomplex IV mit Fahrrädern ansteuerten oder nicht, ist ohne jede Entscheidungsrelevanz. Indem der Beschwerdeführer im Rahmen der Strafberufung eine "ungenügende Hinterfragung" in Bezug auf die Schuldspruchfakten behauptet (inhaltlich Z 5a), unterlässt er es darzutun, aus welchen Gründen er im Rahmen zweier Hauptverhandlungen an entsprechenden Feststellungen gehindert gewesen wäre (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Die eine allfällige Beurteilung der zu I. beschriebenen Tat in Richtung des Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten monierende Subsumtionsrüge (sachlich Z 10) übergeht prozessordnungswidrig die expliziten Urteilsannahmen zu den wesentlichen Komponenten der dem Beschwerdeführer angelasteten Mittäterschaft (Feshalten des im Einvernehmen beider Komplizen der Stichführung in den Brustkorb ausgesetzten Tatopfers, wobei es auch M***** darauf ankam, dass P***** durch den Messerstich eine schwere Verletzung zugefügt werde - US 11).

Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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