OGH 7Ob146/02z

OGH7Ob146/02z7.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Franziska H*****, und des mj. Martin H*****, beide vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin Franziska H*****, infolge des "außerordentlichen" Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 8. Mai 2002, GZ 37 R 119/02d-48, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Haag vom 12. April 2002, GZ 1 P 1667/95h-40, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der beiden Minderjährigen wurde am 1. 10. 1993 einvernehmlich geschieden. Im Scheidungsvergleich kamen die Eltern ua überein, die Obsorge hinsichtlich beider Kinder der Mutter allein zu übertragen. Der Vater verpflichtete sich, für die Tochter S 3.000,-- (= EUR 218,02) und für den Sohn S 2.000,-- (= EUR 145,35) monatlich an Unterhalt zu bezahlen.

Über Antrag der von der Mutter vertretenen Kinder, die zuletzt (mit Schrifsatz vom 18. 2. 2002) eine Erhöhung des monatlichen Unterhalts (erschließbar) ab 1. 9. 1998 für die mj. Franziska auf EUR 290,-- und für den mj. Martin auf EUR 230,-- begehrten, erhöhte das Erstgericht mit Beschluss vom 12. 4. 2002 die Unterhaltsverpflichtung des Vater betreffend die Tochter für die Zeit vom 1. 1. 2000 bis 31. 12. 2000 auf EUR 290,-- und ab 1. 4. 2001 auf EUR 247,09 und betreffend den Sohn für die Zeit vom 1. 7. 1999 bis 31. 12. 1999 sowie ab 1. 1. 2001 auf EUR 218,02 und für die Zeit vom 1. 1. 2000 bis 31. 12. 2000 auf EUR 230,--. Das Mehrbegehren der Kinder auf weitere Unterhaltserhöhung betreffend die Tochter von EUR 71,98 für die Zeiträume 1. 7. 1999 bis 31. 12. 1999 und 1. 1. 2001 bis 31. 3. 2001 und von EUR 42,91 ab 1. 4. 2001 sowie betreffend den Sohn von EUR 11,98 für die Zeit 1. 7. 1999 bis 31. 12. 1999 sowie ab 1. 1. 2001 wurde abgewiesen.

Dem gegen den abweislichen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung gerichteten Rekurs der Kinder gab das Rekursgericht nur dahin Folge, dass es ergänzend aussprach, dass die Entscheidung über den Antrag auf Unterhaltserhöhung für den Zeitraum 1. 9. 1998 bis 30. 6. 1999 vorbehalten bleibe; im Übrigen wurde der Beschluss des Erstgerichtes bestätigt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss des Rekursgerichtes von der Mutter namens der Kinder erhobenen "außerordentlichen Revisionsrekurs" legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:

Nach § 14 Abs 3 AußStrG idF WGN 1997 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000,-- nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand den in § 14 Abs 3 bzw 14a Abs 1 AußStrG genannten Betrag nicht. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Gesondert begehrte, bereits fällig gewordene Ansprüche sind daneben nicht zusätzlich zu bewerten (5 Ob 67/99k; 1 Ob 133/99m; 2 Ob 294/00z ua). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrages begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0046543 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 1 Ob 108/02t). Der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Rekursgerichtes ist für jedes Kind einzeln zu beurteilen, da die Unterhaltsansprüche der Kinder nicht auf dem selben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhen, sondern nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche darstellen; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS-Justiz RS0017257 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen; vgl auch RIS-Justiz RS0112656, zuletzt etwa 9 Ob 80/01g). Gegenstand des Rekursverfahrens war die vom Erstgericht abgewiesene begehrte Erhöhung von monatlich EUR 42,91 hinsichtlich der mj. Franziska und von monatlich EUR 11,98 hinsichtlich des mj. Martin, sodass sich der dreifache Jahresbetrag für die mj. Franziska mit EUR 1.544,76 und für den mj. Martin mit EUR 431,28 errechnet. Die Mutter hat ihr namens der Kinder erhobenes Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und es als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichnet. Sie hat auch (zwar nicht ausdrücklich, so doch inhaltlich erschließbar) ausgeführt, dass sie entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes den Revisionsrekurs doch für zulässig erachte. Dem Revisionsrekurs fehlt aber die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG) gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz daher jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; sind doch im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrages entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren Außerstreitsachen (vgl Klicka/Oberhammer, Außerstreiverfahren3 Rz 45; 7 Ob 230/00z; 7 Ob 108/01k) - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrages. Sollten die Rechtsmittelwerber bzw deren Vertreterin die Verbesserung ihres Schriftsatzes iSd § 14a AußStrG verweigern, wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 14 Abs 3 AußStrG; RIS-Justiz RS0109505).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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