OGH 14Os78/02

OGH14Os78/026.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. August 2002 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Schmucker, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Robert H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§§ 169 Abs 1; 15, 201 Abs 1 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8. März 2002, GZ 22 Hv 17/02w-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Tatvorwurf Punkt 1 (Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB) und im Ausspruch der Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach 21 Abs 1 StGB aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert H***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht (paranoide Schizophrenie),

(1) am 25. November 2000 in Schwanberg, Bezirk Deutschlandsberg, die Friederike H***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt, indem er sie bis zur Bewusstlosigkeit würgte, zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung zu nötigen versucht,

(2) am 4. August 2001 in Neutillmitsch, Bezirk Leibnitz, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst dadurch verursacht, dass er die Vorhänge des von ihm bewohnten Zimmers im Betreuungsheim Nebel in Brand setzte,

mithin Taten begangen hat, die ihm außerhalb dieses Zustandes als jeweils mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15 Abs 1, 201 Abs 1 StGB und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB zuzurechnen wären.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen kommt teilweise, nämlich insoweit sich der Beschwerdeführer unter der Z 10 gegen die Subsumtion der Tat vom 25. November 2000 als versuchte Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB wendet, Berechtigung zu. Eine digitale Vaginalpenetration im Sinne des § 201 Abs 1 StGB kann dann dem Beischlaf gleichgesetzt werden, wenn sie nach der konkreten Fallgestaltung in der Summe ihrer Auswirkungen und Begleiterscheinungen nach allgemeinem Verständnis eine solche Gleichsetzung zulässt, wobei als Vergleichskriterien die Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, die Schwere des Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung und das Ausmaß der Demütigung und Erniedrigung des Opfers heranzuziehen sind (EvBl 1995/154 mwN). Ein bloß kurzzeitiges und unvollständiges Eindringen mit dem Finger in die Scheide einer erwachsenen Frau erfüllt demzufolge die Voraussetzung noch nicht (aaO).

Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes wollte der Betroffene bei seinen Tathandlungen vom 25. November 2000 sein Opfer "Friederike H***** am Busen küssen, an der Vagina streicheln und ein bisschen mit den Fingern hineinfahren". Zutreffend macht daher der Beschwerdeführer mit dem Einwand, die getroffenen Feststellungen der Tatrichter umfassten nicht einen Vorsatz des Betroffenen, Friederike H***** zu einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen, eine verfehlte rechtliche Konsequenz, also einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz in WK-StPO, § 281 Rz 605 ff) geltend, der zur Kassation im angeführten Umfang und Rückverweisung der Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung führen musste. Im Übrigen geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl.

Nominell unter Z 5 und Z 10 (der Sache nach nur Z 10) vermisst der Beschwerdeführer zum Tatvorwurf der Brandstiftung die Feststellung der Wollenskomponente zum Vorsatz in Bezug auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst. Demzuwider ergibt sich diese jedoch erkennbar aus dem unmittelbaren Zusammenhang des von den Tatrichtern festgestellten (willentlichen) Entschlusses des Betroffenen, das Betreuungsheim in Brand zu setzen, mit der Konstatierung, dass er es (neben seinen Selbstmordabsichten) ernstlich für möglich hielt, eine Feuersbrunst an diesem Heim zu bewirken (US 7).

Eine Erörterung des Vorbringens des Betroffenen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO erübrigt sich wegen der Aufhebung der vorbeugenden Maßnahme.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen war daher, soweit ihr nicht nach § 285e StPO Folge zu geben war, nach § 285d Abs 1 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Stichworte