OGH 12Os60/02

OGH12Os60/0215.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Juli 2002 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Adamovic als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Luciano M***** und Giuseppe M***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 StGB, AZ 8 Hv 43/02a des Landesgerichtes Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 13. Mai 2002, AZ 22 Bs 129/02 (= ON 55), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Luciano M***** und Giuseppe M***** wurden im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 11. April 2002, GZ 8 Hv 43/02a-49, wurden Luciano M***** und Giuseppe M***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 StGB schuldig erkannt, weil sie "am 7. 02. 2002 in Nickelsdorf und an anderen Orten den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen bei der Tat dabei unterstützten, eine Sache, die dieser durch sie erlangt hat, zu verheimlichen und zu verwerten, indem sie einen zuvor von Carlo I***** in Italien veruntreuten Mercedes Sprinter im Wert von ca EUR 50.000 übernahmen, um ihn gegen Bezahlung von EUR 1.500 nach Rumänien zu verbringen", und zu je zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon jeweils gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Der Verteidiger der seit 7. Februar 2002 in Untersuchungshaft angehaltenen (und nach deren Anrechnung auf den unbedingten Strafteil am 7. Mai 2002 enthafteten) Beschuldigten meldete dagegen noch in der Hauptverhandlung am 11. April 2002 Berufung wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe und Beschwerde gegen den - entgegen seinem Antrag auf Enthaftung gefassten - Beschluss der Einzelrichterin auf Fortsetzung der Untersuchungshaft beider Verurteilter aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a StPO an.

Rechtliche Beurteilung

Die Grundrechtsbeschwerde ist zwar im Recht, soweit sie die Zurückweisung der am 15. April 2002 zur Post gegebenen Ausführung der angemeldeten Beschwerde durch das Oberlandesgericht als gesetzwidrig rügt. Denn nach § 6 Abs 1 StPO sind Fristen, die - wie hier (§ 182 Abs 4 StPO "... binnen drei Tagen nach Eröffnung des Beschlusses einzubringenden Beschwerde ....") von einem bestimmten Tag an zu laufen haben, so zu berechnen, dass dieser Tag (hier der Tag der Eröffnung der Entscheidung) nicht mitgezählt wird. Die Beschwerdeausführungsfrist begann daher fallbezogen am Freitag, dem 12. April 2002 und endete, da ihr Ende auf Sonntag, den 14. April 2002 fiel, am Montag, dem 15. April 2002 (§ 6 Abs 2 StPO). Da sich der Gerichtshof zweiter Instanz aber von Amts wegen umfassend mit der problematisierten Haftfrage auseinandersetzte und die Beschwerdeausführungen schwerpunktmäßig - im Grundrechtsverfahren nicht zulässig (zuletzt 13 Os 29/02) - das Urteil des Erstgerichtes bekämpfen und zur Angemessenheit der Untersuchungshaft nicht auf das in erster Instanz verhängte Strafausmaß (LSK 1997/282 = JUS 6/2375) sondern auf "die noch zu verbüßende unbedingte Freiheitsstrafe" abstellen, wurden im Ergebnis Interessen der Verurteilten durch die Zurückweisung der Rechtsmittelausführung nicht beeinträchtigt. Die den dringenden Tatverdacht nicht problematisierende Beschwerde vermag im Übrigen den die Haftvoraussetzungen bejahenden Überlegungen des Gerichtshofes zweiter Instanz substantiell nichts entgegenzusetzen.

Dies gilt schon für den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr. Denn der Gerichtshof zweiter Instanz gründete diesen, im Fall beider Angeklagter angenommenen Haftgrund - in Übereinstimmung mit den Annahmen des Erstgerichtes - auf den Umstand, dass gegen den Angeklagten M***** in Italien wegen Verdachtes der PKW-Hehlerei ermittelt wird, weiters auf die Tatsache, dass der Angeklagte M***** bereits wegen Scheckbetruges vorbestraft ist, beide Angeklagten ihren Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten bestreiten (27, 39), demgemäß in finanziell äußerst beengten Verhältnissen leben, sowie auf die arbeitsteilige und professionelle Vorgangsweise der (mittels Mobiltelefons abschnittsweise dirigierten - 31) Angeklagten, die auf eine Tätigkeit für eine international aktive kriminelle Organisation schließen lassen. Den dagegen erhobenen Einwänden, wonach sich "durch die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft für weitere 26 Tage überhaupt kein Vorteil für die Rechtsordnung ergibt, weil dann allenfalls das Vermögensdelikt bestenfalls 26 Tage später gesetzt wird", bzw "jegliche materielle Wirkung eines Rechtsmittels unmöglich gemacht wird", mangelt es sinnfällig an erwiderungsfähigem, sachbezogenem argumentativem Substrat.

Im Hinblick auf das Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr erübrigt es sich bei Prüfung der Frage einer Grundrechtsverletzung, auch auf den weiteren Haftgrund der Fluchtgefahr einzugehen (Hager/Holzweber § 2 GRBG EGr 25).

Da Luciano M***** und Giuseppe M***** somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurden, waren ihre Beschwerden ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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