OGH 16Ok3/02

OGH16Ok3/021.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horst Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Birgit Langer und Dr. Manfred Vogel in der Kartellrechtssache des Antragsstellers Gerhard H*****, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Legat, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rahmengebühr, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 24. Oktober 2001, GZ 29 Kt 182, 301/97-103, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 1.463,04 (darin EUR 243,84 USt) bestimmten Kosten der Gegenäußerung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 4. 4. 2001 (ON 90) wurde den Anträgen auf Feststellung nach § 8a KartG und auf Untersagung der Durchführung des Empfehlungskartells stattgegeben. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs als Kartellobergericht vom 5. 9. 2001, 16 Ok 5/01 (ON 99), nicht Folge gegeben.

Mit Beschluss vom 24. 10. 2001 (ON 103) bestimmte das Erstgericht die gerichtliche Rahmengebühr mit S 150.000,-- und die Antragsgegnerin als Zahlungspflichtige.

Gemäß § 80 Z 3 bzw § 10b KartG sei für ein Verfahren auf Untersagung der Durchführung eines Kartells nach § 25 Abs 2 KartG bzw § 8a KartG eine Rahmengebühr von S 10.000,-- bzw S 5.000,-- bis S 200.000,-- zu entrichten. Die Höhe der Rahmengebühr werde gemäß § 84 KartG nach Abschluss des Verfahrens nach freiem Ermessen vom Vorsitzenden des erstgerichtlichen Senats festgesetzt. Dabei sei insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben habe. Bei angemessener Gewichtung dieser Kriterien für das vorliegende Verfahren sei zu berücksichtigen, dass das Verfahren umfangreich gewesen sei (der Paritätische Ausschuss habe 8 Sitzungen abgehalten und ein Endgutachten erstattet), die Antragsgegnerin zweimal den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht angerufen habe, an der Zahlungsfähigkeit der Antragsgegnerin nicht zu zweifeln und der Anlass für die Amtshandlung im Verhalten der Antragsgegnerin gelegen sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin wegen fehlender, unvollständiger oder unrichtiger Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Rekurswerberin erhebt gegen die Höhe der Rahmengebühr ausdrücklich keinen Einwand; sie wendet sich ausschließlich gegen die grundsätzliche Verteilung der Zahlungspflicht mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses dem Grunde nach, im Sinne einer überwiegenden Rahmengebühr-Zahlungspflicht des Antragstellers; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Der Antragsteller beantragt in seiner Gegenäußerung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin meint, das Erstgericht habe den letzten Halbsatz

des § 84 KartG (".... und die Tatsachen zu berücksichtigen, inwieweit

der Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben hat.") und

den letzten Halbsatz des § 82 Z 3 lit c KartG ("... oder beiden

verhältnismäßig aufzuerlegen.") nicht berücksichtigt und dazu auch keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Der Antragsteller habe sich zwar mit seinem Antrag auf Feststellung der Durchführung eines unzulässigen (Empfehlungs-)Kartells durchgesetzt, nicht aber mit seinen sonstigen in ON 35 gestellten Anträgen auf Feststellung einer unzulässigen Preisbindung und/oder der Feststellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und/oder der Untersagung der Durchführung einer vertikalen Vertriebsbindung. Der tatsächlich nicht unbeträchtliche Verfahrensaufwand, insbesondere durch Erhebungen und Gutachten des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten, sei vor allem zur volkswirtschaftlichen Rechtfertigung der vertikalen Vertriebsbindung und zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung angefallen, in welchen beiden Verfahrenspunkten sich der Antragsteller aber nicht durchgesetzt habe; das Erstgericht habe - implizit abweisend - diese Anträge in seinem Beschluss ON 90 nicht berücksichtigt. Daraus ergebe sich, dass der Antragsteller mit der zahlenmäßigen und inhaltlichen Mehrheit seiner Feststellungsanträge nicht durchgedrungen sei, somit die Antragsgegnerin für die darauf bezogenen Amtshandlungen auch keinen Anlass gegeben hätte. Richtigerweise hätte das Erstgericht von einer überwiegenden Nicht-Durchsetzbarkeit der Feststellungsanträge des Antragstellers auszugehen gehabt und daher diesem auch den überwiegenden Teil der gesetzlichen Rahmengebühr auferlegen müssen.

Diesen umfangreichen Rekursausführungen ist - worauf der Antragsteller in seiner Gegenäußerung zutreffend hingewiesen hat - entgegenzuhalten, dass der Antragsteller mit seinem Hauptbegehren, festzustellen, dass die Antragsgegnerin ein unzulässiges Kartell durchführe, und die Durchführung des Kartells zu untersagen, zur Gänze durchgedrungen ist.

Bei allen anderen Anträgen des Antragstellers handelt es sich um - ausdrücklich auch als solche bezeichnete - Eventualanträge. Wird dem Hauptbegehren stattgegeben, ist über die Eventualanträge nicht mehr zu entscheiden (für alle Frauenberger in Rechberger Komm ZPO2 Rz 6 zu § 226 ZPO; Fasching Lehrbuch2 Rz 1133 f; vgl EvBl 1964/476; 1974/289 uva).

Hieraus folgt, dass die grundsätzliche (der Höhe nach nicht bekämpfte) Zahlungspflicht die Antragsgegnerin trifft, und zwar unabhängig davon, ob allenfalls Beweise aufgenommen wurden, die sich letztlich infolge der Stattgebung des Hauptbegehrens als unerheblich erwiesen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Beweisaufnahmen durch den von Amts wegen mit der Gutachtenserstellung beauftragten Paritätischen Ausschuss erfolgt sind. Auch in diesem Fall ist für die Kosten der Rahmengebühr vom Erfolgsprinzip des § 82 Z 3 lit c KartG auszugehen.

Infolge dessen hat das Erstgericht zu Recht die zur Gänze unterlegene Antragsgegnerin als Zahlungspflichtige für die Rahmengebühr bestimmt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 45 Abs 2 KartG. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Kosten der Gegenäußerung zu ersetzen, weil ihre Rechtsansicht, sie hätte großteils obsiegt, weil nur dem Hauptbegehren des Antragstellers, nicht aber auch seinen Eventualbegehren stattgegeben worden sei, unvertretbar ist.

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