OGH 3Ob145/01x (3Ob136/02z)

OGH3Ob145/01x (3Ob136/02z)26.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei und Ersteherin Raiffeisenbank N***** reg. GenmbH, ***** vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider die verpflichtete Partei Mathilde N*****, vertreten durch den (einstweiligen) Sachwalter Dr. Karl Haas, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen 90.122,02 EUR sA (hier wegen Übergabe der Liegenschaft an die Ersteherin), infolge von Revisionsrekursen

1. der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 26. April 2001, GZ 7 R 75/01m-305, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 20. März 2001, GZ 5 E 3477/96z-293, abgeändert wurde, und

2. der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 24. April 2002, GZ 7 R 45/02a-337, womit infolge Rekurses der betreibenden Partei und Ersteherin der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 10. Jänner 2002, GZ 5 E 3477/96z-327, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidungen ON 305 und 337 jeweils durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S (ON 305) bzw 4.000 EUR (ON 337) übersteigt.

Text

Begründung

Das Erstgericht schlug mit Beschluss vom 7. 9. 1999 ON 216 die in Zwangsversteigerung gezogene Liegenschafts-(Haus-)hälfte der ***** 1933 geborenen Verpflichteten wurde der betreibenden Genossenschaftsbank, welche vorher bereits Eigentümerin der anderen Liegenschaftshälfte war, um das Meistbot von 1,31 Mio S zu. Dieser Beschluss wurde der Verpflichteten zu Handen des ihr im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalts zugestellt und von diesem mit Rekurs angefochten. Die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts vom 10. 12. 1999 ON 233 wurde durch Zustellung an den Verfahrenshilfeanwalt - am 21. 12. 1999 - rechtskräftig (ein vom Verfahrenshilfeanwalt der Verpflichteten eingebrachter "außerordentlicher" Revisionsrekurs wurde vom erkennenden Senat als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen [ON 245]).

Mit Beschluss vom 27. 3. 2000 ON 248 gab das Erstgericht dem Antrag der betreibenden Partei und Ersteherin vom 1. 2. 2000 auf Übergabe/Räumung der Liegenschaft(shälfte) durch die Verpflichtete statt und setzte den Räumungstermin für den 11. 5. 2000 fest. Ein dagegen eingebrachter Rekurs der Verpflichteten blieb erfolglos (ON 256). Da knapp vor dem Räumungstermin ua vom Verfahrenshilfeanwalt der Verpflichteten bei dem für diese zuständigen Pflegschaftsgericht die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens angeregt wurde, setzte das Erstgericht nach Mitteilung dieses Umstands mit Beschluss vom 10. 5. 2000 ON 264 das Räumungsverfahren zur Übergabe der Liegenschaft an die Ersteherin gemäß § 78 EO, § 6a ZPO bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts aus. Dem Rekurs der Ersteherin gegen diesen Beschluss gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 6. 6. 2000 ON 275 nicht Folge. In der Folge bestellte das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 23. 2. 2001 ON 290 für die Dauer des Sachwalterschaftsverfahrens einen Rechtsanwalt zum einstweiligen Sachwalter der Verpflichteten mit dem Aufgabenkreis "Vertretung vor Behörden und Ämtern, insbesondere in den anhängigen Gerichtsverfahren (ua im vorliegenden Zwangsversteigerungs-/Räumungsverfahren), und zur Verwaltung des Einkommens, soweit dies zur Regelung der Wohnungssituation der Verpflichteten erforderlich ist".

Mit Beschluss vom 20. 3. 2001 ON 293 setzte das Erstgericht das "gegenständliche Exekutionsverfahren nach Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters für die Verpflichtete" von Amts wegen fort und bestimmte als Räumungstermin den 4. 5. 2001. Mit dem erstangefochtenen Beschluss vom 26. 4. 2001 ON 305 änderte das Rekursgericht infolge Rekurses der Ersteherin den erstinstanzlichen Beschluss durch dessen "ersatzlose Behebung" ab, weil das Verfahren erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Pflegschaftsgerichts von Amts wegen aufzunehmen sei. Es unterließ einen Bewertungsausspruch, erklärte jedoch den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Mit Beschluss vom 10. 1. 2002 ON 327 wies das Erstgericht den Antrag der Ersteherin vom 5. 7. 2001 auf "Festsetzung eines neuen Termins für die Übergabe der Liegenschaft" (somit auf Fortsetzung des Übergabe-/Räumungsverfahrens) ab. Infolge Rekurses der Ersteherin gab das Rekursgericht mit dem zweitangefochtenen Beschluss vom 24. 4. 2002 ON 337 dem Antrag statt. Es trug dem Erstgericht die Festsetzung eines Übergabetermins auf, unterließ erneut einen Bewertungsausspruch und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Über die gegen die beiden rekursgerichtlichen Beschlüsse eingebrachten Revisionsrekurse der Parteien kann der Oberste Gerichtshof ohne Vorliegen der im Spruch bezeichneten Bewertungsaussprüche iSd § 78 EO, § 502 Abs 2 ZPO aus folgenden Gründen nicht entscheiden:

Da das vorliegende Zwangsversteigerungsverfahren mit der Erteilung des Zuschlags, der (unabhängig von einer allfälligen Anfechtbarkeit desselben durch eine Nichtigkeitsklage wegen Prozessunfähigkeit der Verpflichteten) formell in Rechtskraft erwuchs, beendet ist und es auch nicht um die Beteiligung der Parteien am Meistbot geht, scheiden im Verfahren über die Räumung der versteigerten Liegenschaft(shälfte) die betriebene Forderung oder auch das erzielte Meistbot als Entscheidungsgegenstand aus. Vielmehr ist das den Gegenstand des nunmehrigen Verfahrensabschnitts bildende Räumungs-/Übergabebegehren der Ersteherin zu bewerten. Da das Rekursgericht - mangels jeglicher Ausführungen zur Bewertungsfrage - offenbar, allerdings unzutreffend davon ausging, wegen der Höhe der betriebenen Forderung oder auch des Meistbots sei kein Bewertungsausspruch erforderlich, kann auch nicht gesagt werden, es hätte bei der jeweiligen Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses klarerweise einen Wert des Entscheidungsgegenstands von über 52.000 S bzw 4.000 EUR zugrunde gelegt. Da jedoch der Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, den Bewertungsausspruch nicht ersetzt (MietSlg 42.520 ua; Kodek in Rechberger² Rz 8 zu § 500 ZPO), ist der spruchgemäße Ergänzungsauftrag zu erteilen, zumal bei einer nicht über den genannten Beträgen liegenden Bewertung des Entscheidungsgegenstands die genannten rekursgerichtlichen Entscheidungen rechtskräftig wären.

Stichworte