OGH 12Os35/02

OGH12Os35/024.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz K***** wegen des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien, vom 25. Februar 2002, GZ 434 Hv 1/02h-126, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gemäß (richtig:) § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefassten Beschluss werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Franz K***** wurde aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB (1.a), des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (1.b) und des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt. Demnach hat er "in Wien in der Nacht zum 24. 5. 2001 durch das Versetzen von zahlreichen Schlägen mit einem stumpfen Gegenstand gegen den Kopf

a.)

den Albert K***** getötet, wobei er sich in einer allgemein

begreiflich heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen ließ;

b.)

die Christine Luzette G***** getötet;

2.)

an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er - um die zu Punkt 1.) angeführten Taten zu verschleiern - in der Wohnung des Albert K***** und der Christine Luzette G***** Kraftfahrzeugbenzin verschüttete und dieses sodann mit Hilfe von in Brand gesetztem Papier entzündete, ...".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 10a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Schon soweit zum Faktum 1.a. die Nichtaufnahme einer Eventualfrage in Richtung Putativnotwehr (§ 8 StGB) in den Fragenkatalog als Verletzung der Bestimmung des § 313 StPO gerügt wird (Z 6), erweist sich die Beschwerde als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Denn aus der dazu betonten Verantwortung des - im Sinne der Anklage voll geständigen (115/III) - Angeklagten in der Hauptverhandlung "Er" (K*****) "wollte sich dann was zu Essen machen und das alles ist dann irgendwie eskaliert" sowie "Dann fingen wir zu reden an und dann habe ich ihn erschlagen. Er war kräftiger als ich" (117, 119/III) ist die relevierte Annahme von rechtfertigenden Umständen nicht einmal annähernd ableitbar.

Der Beschwerdeführer gab in der Hauptverhandlung ferner zu Protokoll, er habe K***** auf die inkriminierte Weise mit einem Fleischschlögl attackiert, nachdem er dessen unmittelbar vorangegangenes Verhalten als (von ihm abgelehnte) homosexuelle Annäherung gewertet habe. K***** sei schließlich auf dem Boden gelegen. "Dann kam Frau G***** rein und fing an zu schreien was da los ist. Ich hatte Panik, dass ich jetzt durch sie ins Gefängnis komme und da habe ich dann auch auf Frau G***** eingeschlagen" (121/III).

Die wiedergegebene Einlassung des Angeklagten bezeichnet somit - von der Beschwerde insoweit übergangen - unmissverständlich zwei zeitlich und ursächlich klar von einander getrennte Affektlagen des Angeklagten (vgl Niederschrift der Geschworenen zu Schuldspruchfaktum

1. a: "Provokation durch das Opfer", zu 1.b: "Mordabsicht zwecks Tatvertuschung"), sodass der unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Rechtsbelehrung - in Wahrheit nicht auf Rechts- sondern auf Tat- und Beweisfragen abstellende Einwand, wonach die Geschworenen in der schriftlichen Rechtsbelehrung "nicht darauf hingewiesen wurden, dass zwischen den Fakten ""K*****"" und ""G*****"" praktisch kein zeitlicher Abstand bestand, sodass eine bei der Setzung des Faktums ""K*****"" bestehende heftige Gemütsbewegung des Angeklagten auch bei Begehung der Tat an Christiane Luzette G***** noch angehalten hat" (nominell Z 8) in zweifacher Hinsicht sinnfällig die gesetzmäßige Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes verfehlt. Dass die zuletzt wiedergegebene Rechtsmittelargumentation im Hinblick auf die dazu relevanten Verfahrensergebnisse auch unter dem Aspekt bedenklicher Verwertung aktenkundiger Beweise (Z 10a) zum Scheitern verurteilt ist, bedarf keiner näheren Erörterung.

Sinngemäßes gilt für "die gegen den Ausschluss der Vollberauschung

bestehende Bedenklichkeit .... durch das Nichtvorliegen eines

Blutalkoholgutachtens .... ", weil die Beurteilung der

Zurechnungsunfähigkeit primär auf der Erfassung der für die Aufhebung der Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit maßgeblichen psychischen Komponenten, nicht hingegen auf Blutalkoholwerten beruht (Mayerhofer StGB5 § 11 E 3a, 24 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 344 StPO). Über die vom Angeklagten außerdem erhobene Berufung sowie über die (angemeldete, aber nicht ausgeführte) Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich mit dem Urteil gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefassten Beschluss wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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