OGH 14Os37/02

OGH14Os37/0228.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Egon Walter F***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 6. Dezember 2001, GZ 16 Hv 1.009/01s-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Egon Walter F***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im April 1999 in Liechtenstein im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Rudolf R***** die ihm in seiner Eigenschaft als Direktor und Mandatsverantwortlicher der Stiftungen A***** Stifung, A***** Foundation, B***** Stiftung, C***** Foundation, E***** Foundation und M***** Foundation durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und den genannten Stiftungen einen 500.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er am 23. April 1999 im Namen der zuvor angeführten Stiftungen von der IC Deposit and Holding Company Inc. insgesamt 30.000 Stück Aktien der SP AG St. Petersburg Immobilien und Beteiligungs AG Frankfurt/Main zum Stückpreis von 15 EUR kaufte, obwohl die Aktie an diesem Tag an der Börse mit 9,95 EUR notierte, wobei er seine Handlung durch Rückdatierung der Kaufaufträge auf 24. März 1999 bzw durch Rückdatierung der Kaufabrechnung der Firma IC Deposit and Holding Inc. auf 26. März 1999 verschleierte. Unter einem wurde er von dem wider ihn erhobenen Anklagevorwurf, er habe im Zeitraum 1997 bis Mai 2000 in Liechtenstein, Mailand und Madrid Vermögensbestandteile, die aus dem Verbrechen eines anderen herrühren, nämlich Geldbeträge in einem unerhobenen, 20 Mio S jedenfalls übersteigenden Wert aus dem Erlös von Suchtgiftgeschäften von Mitgliedern des Cali-Kartells bzw dessen Nachfolgerorganisationen bzw Erlöse des Juan Carlos S***** aus Geldwäscherei im großen Stil verborgen bzw deren Herkunft verschleiert, indem er

a) auf Anweisung des Juan Carlos S***** Geldbeträge auf den Konten der 24 für Juan Carlos S***** verwalteten Gesellschaften teils durch Überweisung, großteils durch Barabhebungen bzw Bareinzahlungen hin- und herschob sowie teilweise durch Überweisung ins Ausland in den internationalen Bankenkreislauf einbrachte,

b) in den Gesellschaftsunterlagen diverser für Juan Carlos S***** verwalteter Stiftungen und Firmen, zB F***** Foundation, A***** Stiftung sowie weiterer Gesellschaften über Weisung des abgesondert verfolgten Rudolf R***** zur Verschleierung des tatsächlichen Auftraggebers, nämlich Juan Carlos S*****, die nicht existente Person Waldemar von S***** als Instruktionsgeber einsetzte,

c) auf einer Gutschriftsanzeige betreffend das Konto der Standex Shipping Ltd. über 159.990 US-Dollar die Anschrift des Auftraggebers Alpha Capital Int. Ltd., nämlich Medellin/Columbia, wegkopierte,

d) auf einer Gutschriftsanzeige betreffend das Konto der Langdon Shipping Ltd. über 200.000 US-Dollar die Anschrift des Auftraggebers Consultoria International CC, nämlich die Adresse sowie das Herkunftsland Mexiko, wegkopierte,

e) in Mailand und Madrid auf Anweisung des Juan Carlos S***** in acht Fahrten Bargeldbeträge über umgerechnet 1,643.174,75 CHF übernahm, diese bar in eine Reisetasche versteckt mit einem Auto über die Staatsgrenzen nach Liechtenstein verbrachte und dort entsprechend den Anweisungen des Juan Carlos S***** auf diverse Konten einbezahlte,

f) am 18. Mai 1997 und am 25. Mai 1997 Bargeld, nämlich insgesamt

120.500 US-Dollar über Anweisung des Juan Carlos S***** von diversen Konten in Liechtenstein behob, mit dem Auto bzw Flugzeug über die Staatsgrenzen nach Madrid verbrachte und dort bar an Juan Carlos S***** ausbezahlte,

und er habe hiedurch das Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO, die Anklagebehörde den Freispruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers durch die Abweisung von Beweisanträgen (XI/S 55 ff) nicht verletzt.

Das zum Antrag auf Einvernahme der Zeugen Rudolf R***** und Eugen von H***** genannte Beweisthema, dass der Ansatz eines Preises von 15 EUR pro SPG-Aktie "angemessen und korrekt" war, betraf keinen für die Entscheidung der Sache bedeutsamen Umstand. Denn der Angeklagte war als Mandatsverantwortlicher der betroffenen Stiftungen (US 9) verpflichtet, diesen den größtmöglichen Nutzen zu verschaffen (SSt 47/31, 51/52 = EvBl 1981/137, SSt 56/88 = EvBl 1986/123 uva), welcher einen Kauf zum niedrigstmöglichen Preis bedingt. Demgegenüber lassen die im Beweisantrag genannten Kriterien der "Angemessenheit" und "Korrektheit" eines Preises die nötige Bestimmtheit vermissen und erfordern selbst eine inhaltliche Determinierung, sodass sie schon deshalb keinen Vergleichsmaßstab für die Beurteilung eines Untreueschadens zu bieten vermögen (vgl 14 Os 107/99). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch geltend macht, dass die Einvernahme der genannten Zeugen für die Beurteilung seiner inneren Tatseite von Bedeutung gewesen wäre, ist dieses Vorbringen verspätet, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41).

Der Antrag auf Einvernahme des Zeugen James S***** zum Beweis dafür, dass er mit der Festsetzung des Preises mit 15 EUR pro Aktie einverstanden war, zielte auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis ab, zumal sich der Angeklagte gar nicht mit einer Zustimmung des Zeugen zur Höhe des Kaufpreises verantwortet hatte (I/S 141, 155, XI/S 11, 21 ff).

Soweit der genannte Zeuge auch zum Beweis dafür beantragt wurde, dass er die im Akt erliegenden Aufträge tatsächlich unterschrieben hat, erwies sich eine Beweisaufnahme als nicht erforderlich, weil das Erstgericht von der Unterfertigung des Auftrages vom 22. März 1999 (IV/S 97) ausgegangen ist (US 21, 30). Darin wurde die Intercompany Management AG aber nur ganz allgemein zum Kauf von Aktien im Immobilienbereich an europäischen Börsen ermächtigt. Dass aber noch andere vom Zeugen unterschriebene Aufträge bestünden, hat der Angeklagte in seinen Vernehmungen nicht vorgebracht; vielmehr gab er an, dass James S***** keines der Schreiben wie das IV/S 93 - mit dem Aktien um 15 EUR pro Stück gekauft wurden - zusätzlich zum Auftrag vom 22. März 1999 unterschrieben habe (XI/S 29).

Dem Auftrag auf "Einholung von Sachbefunden und Gutachten aus dem Gebiet des Wertpapierhandels betreffend den Freiverkehr mit Aktien und Bankhandel mit Aktien" fehlt es an der Angabe eines konkreten Beweisthemas. Die zu seiner Begründung vorgebrachte Kritik am Gutachten des Sachverständigen Dr. Oberfrank vermag diesen Mangel nicht zu heilen. Soweit der Beschwerdeführer dabei eine Äußerung des Sachverständigen zur Preisangemessenheit behauptet, gibt er dessen Angaben (XI/S 33 ff, 39) unrichtig wieder.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist der Ausspruch des Gerichtshofes über den Eintritt eines 500.000 S übersteigenden Schadens (US 3, 13, 28, 47) mit keinem formellen Begründungsmangel behaftet. Dabei ist das Erstgericht vom Börsenkurs der Aktien ausgegangen und hat zugunsten des Angeklagten sowohl einen maximalen Aufschlag für einen außerbörslichen "en bloc"-Kauf als auch Börsengebühren berücksichtigt (US 28). Der Ausspruch steht auch mit der Ablehnung des Erstgerichtes, Feststellungen über die Möglichkeit eines Ankaufes der Aktien über die Börse und die damit verbundene Kursentwicklung zu treffen (US 13), in keinem Widerspruch.

Da das zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz geltende Strafgesetz für die Erfüllung der Qualifikation des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB bloß den Eintritt eines die erwähnte Wertgrenze übersteigenden Schadens erfordert, bedurfte es für die Annahme der Qualifikation auch keiner näheren Feststellungen zur Schadenshöhe. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt zur Gänze ihre gesetzmäßige Darstellung. Denn auch die Geltendmachung von mangelnden Feststellungen erfordert einen Vergleich der tatsächlich getroffenen Urteilskonstatierungen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz verbunden mit der Darlegung, dass eben diese Urteilsannahmen nicht ausreichen, um eine umfassende und verlässliche rechtliche Beurteilung vornehmen zu können (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9 lit a E 5). Einen solchen Vergleich nimmt der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise vor, sondern strebt für ihn günstigere Urteilsfeststellungen über den zeitlichen Ablauf des Aktienkaufes an. Die Subsumtionsrüge (Z 10) zielt auf die Beurteilung des festgestellten Sachverhalts als bloß versuchte Untreue ab. Da der Beschwerdeführer hiebei die Konstatierung über den tatsächlichen Schadenseintritt (US 13) zu bekämpfen sucht, mangelt es auch diesem Vorbringen an der prozessordnungsgemäßen Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht die Beschwerdeführerin mangelnde Feststellungen infolge Nichtvornahme folgender Konstatierungen geltend: "Dem Angeklagten war zumindest hinsichtlich der FKS Foundation bekannt, dass diese Stiftung für S***** benötigt wird und lediglich pro forma als Vertragspartner Waldemar von S***** eingetragen wird, wobei der Sinn dieser Vorgangsweise darin lag, dass auch aus den Unterlagen nicht mehr erkennbar ist, wer den Auftrag zur Stiftungsgründung gegeben hat."

Den für die prozessordnungsgemäße Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Vergleich der tatsächlich getroffenen Urteilskonstatierungen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz (siehe die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten) nimmt die Beschwerdeführerin jedoch nicht vor. Dabei hätte sie dartun müssen, aus welchen Gründen die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und Abs 3 StGB zwar erfüllt hat, es ihm aber am Vorsatz in Bezug auf die Herkunft der Vermögensbestandteile aus einem Verbrechen mangelte (US 18, 41 ff), unrichtig sei und die von ihr vermisste Feststellung die Subsumtion unter diese oder eine andere Strafbestimmung ermöglichen würde. Eine solche rechtlich auch zutreffende Ausführung wäre aber im gegebenen Fall gar nicht möglich gewesen, weil die begehrte Konstatierung im Zusammenhalt mit den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes einen Schuldspruch nicht zu tragen vermag. Die Rüge zielt vielmehr ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite ab, weshalb es ihr auch aus diesem Grund an der gesetzmäßigen Ausführung mangelt.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist die Ablehnung des Erstgerichtes, einen die verbrecherische Herkunft der Vermögenswerte umfassenden Vorsatz des Angeklagten festzustellen (US 18), nicht mangelhaft begründet. Denn eine offenbar unzureichende Begründung im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO liegt nur dann vor, wenn für einen Ausspruch nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (EvBl 1972/17 ua). Indem die Beschwerdeführerin gegen die Argumentation des Erstgerichtes, dass die Verschleierungsmaßnahmen des Angeklagten auch dann einen Sinn ergeben, wenn man seiner Verantwortung folgt, er sei davon ausgegangen, dass die Gelder "steuerschonend" behandelt werden sollten (US 43), einwendet, dass die tatsächlich gesetzten Maßnahmen zur Verhinderung einer Besteuerung bekanntermaßen objektiv gar nicht notwendig gewesen wären, vermag sie eine offenbar unzureichende Begründung im oben dargelegten Sinn nicht aufzuzeigen, sondern sucht sie die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekämpfen. Die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft waren daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO) folgt.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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