OGH 10ObS181/02v

OGH10ObS181/02v28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Albin K*****, Bauhofarbeiter, *****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2002, GZ 25 Rs 19/02h-8, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. Dezember 2001, GZ 48 Cgs 223/01b-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 30. 5. 2000 brachte der am 11. 7. 1943 geborene Kläger bei der beklagten Partei einen Antrag auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ein. Mit Bescheid vom 21. 7. 2000 wies die beklagte Partei den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Bestimmungen über die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit mit Ablauf des 30. 6. 2000 außer Kraft treten. Stichtag sei der 1. 8. 2000. Da zu diesem Zeitpunkt die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht mehr vorgesehen sei, sei der Antrag abzulehnen. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 24. 7. 2000 zugestellt.

Am 25. 9. 2001 brachte der Kläger eine Säumnisklage auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in der gesetzlichen Höhe ab dem Stichtag 1. 6. 2000 mit der Behauptung ein, die beklagte Partei habe über den Antrag auf Gewährung der am 30. 5. 2000 begehrten Pension zum Stichtag 1. 6. 2000 nicht abgesprochen, weshalb Säumnisklage erhoben werde.

Das Erstgericht wies die Säumnisklage zurück. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. 7. 2000 wäre innerhalb von drei Monaten ab Zustellung einzubringen gewesen. Dies sei nicht geschehen, weshalb die nunmehrige Klage ohne weitere inhaltliche Überprüfung als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass Säumnis iSd § 67 Abs 1 Z 2 ASGG dann nicht vorliege, wenn der Versicherungsträger die Sachentscheidung binnen sechs Monaten erlassen habe. Im Übrigen setze jede (andere) Klage in Sozialrechtssachen zwingend bei sonstiger Unzulässigkeit des Rechtsweges einen Bescheid voraus, der meritorisch über den der betreffenden Leistungssache zugrunde liegenden Anspruch des Versicherten ergangen sein muss. Werde ein solcher meritorisch die Kernfrage der Gewährung oder Nichtgewährung der begehrten Leistung erledigender Sachbescheid nicht innerhalb von sechs Monaten erlassen, dürfe Säumnisklage erhoben werden. Im vorliegenden Fall sei der Antrag des Klägers eindeutig auf die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gerichtet gewesen. Der Stichtag ergebe sich aus § 86 Abs 3 ASVG und bedürfe keiner gesonderten Antragstellung. Mit dem Spruch des Bescheides vom 21. 7. 2000 habe die beklagte Partei den Antrag des Klägers zur Gänze erledigt; ob der aufgrund des Antrags angenommene Stichtag richtig sei oder nicht sei keine Frage der Erledigung des Antrags an sich, sondern der richtigen (allenfalls unrichtigen) Annahme des Stichtags. Damit sei der Rechtsansicht des Erstgerichts beizupflichten, dass über den Antrag des Klägers vom 30. 5. 2000 abschließend und rechtskräftig entschieden worden sei, weshalb die Klage zurückzuweisen gewesen sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 46 Abs 2 Z 3 ASGG iVm § 47 Abs 2 ASGG), aber nicht berechtigt.

Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend (§ 500a iVm § 526 Abs 3 ZPO). Säumnisklage nach § 67 Abs 1 Z 2 ASGG kann erhoben werden, wenn vom Versicherungsträger ein die Kernfrage der Gewährung oder Nichtgewährung der begehrten Leistung meritorisch erledigender Sachbescheid nicht innerhalb von sechs Monaten erlassen wird (10 ObS 173/01s). Der Kläger hat seinen am 30. 5. 2000 gestellten Antrag auf die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gerichtet. Durch diese Antragstellung wurde gemäß § 86 Abs 3 Z 2 iVm § 223 Abs 2 ASGG der Stichtag 1. 6. 2000 ausgelöst. Es ist weder aus dem Akt noch aus dem Rechtsmittelvorbringen erkennbar, dass der Kläger einen weiteren Pensionsantrag auf den Stichtag 1. 8. 2000 gestellt hätte, der mit dem Bescheid vom 21. 7. 2000 erledigt worden wäre. Ebensowenig ist ersichtlich, dass die beklagte Partei den Bescheid vom 21. 7. 2000 ohne zugrunde liegenden Antrag des Klägers erlassen hätte.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die beklagte Partei mit diesem Bescheid vom 21. 7. 2000 eindeutig den Antrag des Klägers vom 30. 5. 2000 erledigt hat. Wenn der Kläger den Inhalt dieses Bescheides, insbesondere den in der Begründung angeführten Stichtag 1. 8. 2000 für unrichtig hielt, wäre es an ihm gelegen, innerhalb der dafür vorgesehenen Frist eine Bescheidklage gemäß § 67 Abs 1 Z 1 ASGG zu erheben. Infolge Versäumung der Frist ist die Rechtskraft des Bescheides eingetreten, die auch durch Erhebung einer Säumnisklage nicht beseitigt werden kann. Die Ausführungen des Klägers im Revisionsrekurs hätten konsequenterweise zur Folge, dass ein den Intentionen eines Antragstellers zuwiderlaufender Bescheid als nicht existent angesehen werden dürfte und auch gar nicht mit einem dagegen offen stehenden Rechtsbehelf bekämpft werden müsste. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass dies allen rechtsstaatlichen Prinzipien widerspricht.

Wegen Fehlens einer Säumnis der beklagten Partei infolge bescheidmäßiger Erledigung des Antrags des Klägers (Fink, Die sukzessive Kompetenz im Verfahren in Sozialrechtssachen [1995], 351) ist die von der beklagten Partei erhobene Säumnisklage zu Recht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen worden. Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Stichworte