OGH 15Os43/02

OGH15Os43/0223.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Zeljko V***** wegen des Verbrechens der Erpressung nach 144 Abs l StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 28. Februar 2002, GZ 11 Hv l/02b11, sowie über die Beschwerde gegen den damit verbundenen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil und der Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht werden aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zeljko V***** des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs l StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. September 2001 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Radmila V***** durch gefährliche Drohung, und zwar durch die Äußerung "Ich bringe dich um, wenn du mir kein Geld gibst" zu einer Handlung genötigt, die sie am Vermögen schädigte, und zwar zum Ausleihen von 200,- S von Karl A***** und zur anschließenden Übergabe des Geldes an ihn.

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs l Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; dieser kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht stützte seine Feststellungen zur inneren Tatseite lediglich auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe seine Mutter nach Geld gefragt, weil er selbst nicht arbeite und Geld benötigt habe (US 7). Ob er mit dem (zumindest bedingtem) Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, ist jedoch der Verantwortung des Angeklagten nicht zu entnehmen. Auch aus den weiteren Verfahrensergebnissen, auf die das Schöffengericht in der Beweiswürdigung Bezug nimmt (US 3 iVm 6), sind dafür keine Anhaltspunkte zu gewinnen, zumal nicht einmal geklärt wurde, ob ein objektiver Unterhaltsanspruch des Sohnes gegen seine Mutter bestand (§ 140 ABGB).

Dieser - einen entscheidenden Umstand betreffende - Begründungsmangel macht eine Verfahrenserneuerung zu Klärung, ob ein Vermögensdelikt (oder unter Umständen eine Nötigung nach § 105 StGB) verwirklicht wurde, unumgänglich, sodass der Schuldspruch und der darauf basierende Strafausspruch wie auch der Widerrufsbeschluss bereits bei nichtöffentlicher Beratung zu kassieren waren (§ 285e StPO).

Im zweiten Rechtsgang werden durch entsprechendes Befragen des Angeklagten sowie Beweisaufnahmen weitere Erkenntnisse zur subjektiven Tatseite zu gewinnen sein, um mängelfrei begründete Feststellungen treffen zu können, die eine Beurteilung zulassen, ob und (bejahendenfalls) welcher Tat der Angeklagte für schuldig zu befinden ist.

Dabei wird zu beachten sein, dass Erpressung auch dann ausscheidet, wenn der Täter irrigerweise davon ausgeht, einen Anspruch auf die erstrebte Leistung zu haben. Hiebei muss sich der Irrtum jedoch darauf beziehen, dass Umstände angenommen werden, aus denen sich in rechtlicher Wertung ein solcher Anspruch ergeben würde (Eder-Rieder in WK2 § 144 Rz 31).

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Stichworte