OGH 15Os49/02

OGH15Os49/0223.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jürgen A***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 15. Jänner 2002, GZ 27 Hv 1087/01g-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die (angemeldete) Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches neben einem in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch auch einen Verfolgungsvorbehalt gemäß § 263 Abs 2 StPO sowie eine Entscheidung nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO enthält, wurde Jürgen A*****, geborener T*****, des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (A 1. bis 21.) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (B 1. bis 9.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Beschwerdeerledigung von Bedeutung - in Linz den bestehenden Vorschriften zuwider

A gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er Ecstasy-Tabletten verkaufte, und zwar

1. von Juli bis Oktober 2000 insgesamt ca 400 Stück, die er von Hans-Jürgen L***** übernommen hatte, an zahlreiche unbekannte Personen (Anzeigefakten 1 bis 3),

7. zwischen Mitte August und Anfang Dezember 2000 ca 200 Stück an die jugendliche Nicole K***** (Anzeigefakten 7 und 21). Dagegen meldete der Angeklagte (rechtzeitig) Nichtigkeitsbeschwerde und "volle Berufung" an (ON 15). Ausschließlich gegen den Schuldspruch A 1. und 7. des Urteilssatzes führte er (fristgerecht) eine auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde aus. Mit der Berufung wegen Strafe bekämpft er deren Höhe.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge, welche den bezeichneten Schuldspruch (A 1. und 7.) als undeutlich und unvollständig begründet kritisiert, ist nicht im Recht. Nach Inhalt und Zielrichtung trachtet sie lediglich nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung mit isoliert, demnach Sinn entstellt, aus dem Zusammenhang genommenen, teilweise gar nicht entscheidungswesentlichen Details die Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Hans-Jürgen L***** und Nicole K***** mit eigenen Beweiswerterwägungen als unzuverlässig darzustellen und solcherart die zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgefallene tatrichterliche Beweiswürdigung zu kritisieren.

Demgegenüber hat das Schöffengericht diesen beiden Zeugen in einer kritischen Gesamtschau sowohl ihrer Einlassungen im Vorverfahren und in den gegen sie geführten Erkenntnisverfahren als auch ihrer Zeugenaussagen in der aktuellen Hauptverhandlung nach den Vorschriften der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) unter Verwertung des persönlichen Eindrucks und ausdrücklicher Erörterung "gewisser Unsicherheiten wegen der Selbstbelastung" und "unterschiedlicher Angaben" bzw "entsprechender Ungereimtheiten" zureichend sowie ohne Verstoß gegen die Grundsätze logischen Denkens und der Lebenserfahrung geglaubt, hingegen die davon abweichende Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung beurteilt (US 8f). Die wiederholt kritisierte Urteilsfeststellung, Jürgen A***** sei für Hans-Jürgen L***** als sogenannter "Läufer" tätig gewesen (US 6 fünfter Absatz), findet zum einen in den Verantwortungen der seinerzeitigen Verdächtigen L***** (S 69 Mitte) und Harald H***** (S 95 oben) ihre beweismäßige Deckung (vgl dazu auch S 209 unten und 2212 Mitte), zum anderen berührt sie - der Beschwerde zuwider - keine entscheidende Tatsache.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Ebenso war mit der angemeldete "vollen" Berufung zu verfahren, die eine Berufung wegen Schuld miteinschließt, weil ein solches Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen ist (vgl Foregger/Fabrizy StPO8 § 280 Rz 2, 5 und § 463 Rz 2 ff).

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe (§ 285i StPO).

Stichworte