OGH 15Os41/02

OGH15Os41/0223.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter S*****, geborener St*****, wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Jänner 2002, GZ 72 Hv 20.003/01s-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter S***** (zu I.) des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB sowie der Vergehen - hier unter neuer Bezeichnung - (zu II.1. und 2.) nach § 27 Abs 1 SMG und (zu III.) nach § 50 Abs 1 Z (richtig) 1 WaffG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

I. am 13. November 2001 der Christine H***** dadurch, dass er ihr einen Stoß versetzte und heftig an ihrer Handtasche zerrte, mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht;

II. (zu ergänzen: den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich)

1. am 20. April 2000 eine Tablette Vendal und 3 Stück Canabisharz, besessen,

2. am 10. Juni 2001 0,3 g Canabisharz, erworben und besessen;

III. am 20. April 2000 ein als Feuerzeug getarntes Springmesser, somit eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 2 WaffG), unbefugt besessen.

Nachdem der Vorsitzende am 9. Jänner 2002 in öffentlicher Sitzung das Urteil verkündet und dem Angeklagten Rechtsmittelbehebung erteilt hatte, erklärte dieser, sich 3 Tage Bedenkzeit zu nehmen (S 285). Am 14. Jänner 2002 meldete sowohl Peter S***** als auch sein Verteidiger (jeweils rechtzeitig) schriftlich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 29 und 30). Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger (S 335) führte der Angeklagte dagegen in einer handschriftlichen Eingabe vom 23. Februar 2002 (fristgerecht) "Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung" aus (S 343 f). Dieses formell mangelhafte Schriftstück übermittelte die Vorsitzende dem bestellten Verfahrenshelfer zur Unterfertigung. Innerhalb der Verbesserungsfrist sendete der Verteidiger die von ihm unterschriebene Eingabe - ohne zusätzliche Ausführungen - wiederum an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der Inhalt der Beschwerdeschrift enthält jedoch weder eine ziffernmäßige Bezeichnung eines in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgrundes noch eine deutliche und bestimmte Anführung von Tatumständen, welche einen solchen bilden sollen (§ 285a Z 2 StPO). Das Vorbringen wendet sich vielmehr schwerpunktmäßig bloß gegen die von den Erkenntnisrichtern zu allen strafbaren Handlungen vollständig und unbedenklich getroffenen Feststellungen zur subjektiven und objektiven Tatseite und beharrt nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung auf der leugnenden Verantwortung des Angeklagten zum Vorwurf des versuchten Raubes (Schuldspruch I.), welche das Tatgericht jedoch nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) mit ausführlicher, alle Beweise sorgfältig berücksichtigender und formell fehlerfreier Begründung als unglaubwürdig abgelehnt hat.

Der Beschwerde zuwider wurden die beiden Strafanträge des Bezirksanwalts beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG (II.) sowie nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (III.) dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgehalten und die ihn treffenden Vorwürfe hinreichend erörtert. Er bekannte sich dazu im Sinne des Urteils auch schuldig (S 243 ff), sodass sich das Schöffengericht insoweit auch zu Recht auf das Geständnis stützen konnte.

Dass der bestellte Verfahrenshelfer für die Hauptverhandlung einen anderen Rechtsanwalt substituiert hat, entspricht dem Gesetz. Die weiteren Einwände des Beschwerdeführers, er habe vor der Hauptverhandlung nie Akteneinsicht und keinen schriftlichen oder mündlichen Kontakt mit seinen Verteidiger gehabt, um sich über die Verteidigung zu beraten, vermag in dieser Form keinen Nichtigkeitsgrund zu bewirken. Dem Hauptverhandlungsprotokoll ist aber auch kein Hinweis dafür zu entnehmen, dass der Angeklagte eine Unterbrechung der Verhandlung beantragt hätte, um sich mit seinem Verteidiger zu beraten. Dass "das ganze Verfahren nur auf schnell und ohne Verteidiger ablief", widerspricht der Aktenlage.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen einer dazu vom Verfahrenshelfer nach § 35 Abs 2 StPO erstatteten Stellungnahme, gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, dass zur Entscheidung über die (angemeldete, aber nicht ausgeführte) Berufung das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

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