OGH 9ObA102/02v

OGH9ObA102/02v22.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Gerhard Prochaska und MinRat Mag. Genser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard F*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Land Kärnten, 9020 Klagenfurt, Arnulfplatz 1, vertreten durch Dr. Ulrich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Jänner 2002, GZ 7 Ra 256/01y-15, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Juli 2001, GZ 31 Cga 5/01s-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 55,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 7. 1. 1981 Vertragsbediensteter des beklagten Bundeslandes und war seit diesem Zeitpunkt dem Landeskrankenhaus Klagenfurt (in der Folge: LKH) zur Dienstverrichtung zugewiesen. Er wurde zunächst in den mittleren Fachdienst D aufgenommen und im April 1989 in den gehobenen Fachdienst C überstellt.

Am 26. 2. 1991 teilte das Amt der Kärntner Landesregierung dem Kläger mit, dass ihn die Kärntner Landesregierung mit Wirksamkeit vom 1. 3. 1991 unkündbar gestellt habe, was bedeute, dass bei ihm der Kündigungsgrund des § 68 Abs 2 lit g (nunmehr § 77 Abs 2 lit g) des Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetzes (K-LVBG) infolge Änderung des Arbeitsumfanges, der Organisation des Dienstes oder der Arbeitsbedingungen nicht mehr anwendbar sei.

Ab dem Inkrafttreten des Kärntner Krankenanstalten-Betriebsgesetzes (K-LKABG) mit 1. 6. 1993 wurden sämtliche den Kläger betreffenden dienstrechtlichen Maßnahmen durch das Krankenanstaltendirektorium des LKH gesetzt.

Mit Schreiben des LKH vom 15. 2. 2000 wurde das Dienstverhältnis des Klägers zum Land Kärnten gemäß § 77 lit b K-LVBG zum 31. 7. 2000 gekündigt, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen, nämlich wegen eines Augenleidens, nicht mehr imstande sei, einen seiner Einstufung entsprechenden Dienst zu verrichten.

Der Kläger kann aufgrund eines Augenleidens reine Bildschirmarbeit nicht mehr verrichten. Es sind ihm nur mehr Tätigkeiten an bildschirmunterstützten Arbeitsplätzen bei durchschnittlichem Zeitdruck beschwerdefrei zumutbar. Aus diesem Grund ist er im Verwaltungsfachdienst C des LKH nicht mehr einsetzbar. Ein Angebot des LKH auf Rückstufung in die Verwendungsgruppe "mittlerer Fachdienst D" hatte er abgelehnt.

Eine am 18. 2. 2000 vom Betriebsrat des LKH gegen das LKH gerichtete Klage, mit der unter Berufung auf § 105 ArbVG begehrt wurde, die Kündigung des Dienstverhältnisses für unwirksam zu erklären, wurde mit dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Erstgerichts vom 18. 9. 2000 abgewiesen.

Mit seiner nunmehrigen, am 12. 1. 2001 gegen das Land Kärnten eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis mit der beklagten Partei über den 31. 7. 2000 hinaus aufrecht bestehe. Das Land Kärnten sei sein Dienstgeber und daher passiv legitimiert. Es sei daher nicht nur für den Bereich des LKH sondern für den gesamten Bereich des Landes zu prüfen, ob ein entsprechender Arbeitsplatz für den Kläger auch zur Verfügung stehe. Ob ein solcher Arbeitsplatz auch frei sei, sei irrelevant, weil das Dienstverhältnis des Klägers wegen Bedarfsmangel iSd § 77 Abs 2 lit g K-LVBG nicht gelöst werden dürfe. Der Kläger sei trotz seines Augenleidens weiterhin für die Verwendung in der Verwendungsgruppe C im Verwaltungsfachdienst/Rechnungsfachdienst - mit der Ausnahme einer dauernden Verwendung auf einem Bildschirmarbeitsplatz - geeignet. Entsprechende Arbeitsplätze seien im Land Kärnten vorhanden. Die Zustimmung zu einer Weiterbeschäftigung im mittleren Verwaltungsdienst habe der Kläger abgelehnt, weil damit finanzielle Nachteile und auch das Risiko verbunden gewesen wäre, dass ein solcher Arbeitsplatz gar nicht zur Verfügung stehe. Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei nicht passiv legitimiert, weil sie mit Inkrafttreten des K-LKABG die Wahrnehmung sämtlicher Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechtes an die Krankenanstaltendirektorien übertragen habe. Dienstgeber des Klägers sei daher das LKH und nicht die beklagte Partei.

Dass der Kläger unkündbar gestellt worden sei, schütze ihn nur vor der Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 77 Abs 2 lit g K-LVBG. Die Kündigung sei jedoch aus gesundheitlichen Gründen gemäß § 77 Abs 2 lit b K-LVBG erfolgt, weil im Bereich des LKH - nur darauf sei abzustellen - kein Arbeitsplatz, der nicht überwiegend mit Bildschirmarbeit verbunden sei, zur Verfügung stehe. Im Übrigen sei die Unkündbarstellung nach § 80 K-LVBG zu widerrufen, wenn nachträglich Gründe eintreten, die die Unkündbarkeit ausgeschlossen hätten. In Anbetracht der schon seit Jahren wegen seiner Krankheit beim Kläger gegebenen Unfähigkeit, seine Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, werde hiermit die Unkündbarstellung widerrufen. Zudem sei die Klage verspätet, weil nach § 76 Abs 7 K-LVBG sämtliche Ansprüche aus dem Titel der Beendigung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses bei sonstigem Ausschluss binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden könnten, geltend zu machen seien. Der Kläger wäre bereits nach Zustellung der Kündigung im Februar 2000 zur Klageführung in der Lage gewesen. Außerdem habe der Kläger die ihm ausgezahlte Abfertigung angenommen und dadurch zu erkennen gegeben, dass er die Beendigung akzeptiere. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, dass es im Land Kärnten derzeit noch eine Reihe von C-wertigen Arbeitsplätzen gibt, die nur bildschirmunterstützt sind und nicht reine Bildschirmarbeit verlangen.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Die beklagte Partei sei passiv legitimiert, weil diese den Dienstvertrag und dessen Nachträge unterfertigt habe, sodass der Kläger objektiv auf die Arbeitgeberfunktion der Beklagten habe vertrauen können. Das Klagebegehren sei aber nicht berechtigt, weil das LKH als eigenständiger Betrieb iSd § 34 ArbVG anzusehen sei, der den Verweisungsrahmen abstecke. Eine Verweisung auf Dienstposten des Landes Kärnten sei daher nicht möglich.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Mit dem am 1. 6. 1993 erfolgten Inkrafttreten des K-LKABG sei - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - das Krankenanstaltendirektorium mit der Wahrnehmung sämtlicher Angelegenheiten des Dienst- und Besoldungsrechtes betraut worden (§ 39 K-LKABG). Ab diesem Zeitpunkt habe nur das LKH gegenüber dem Kläger die Arbeitgeberfunktion wahrgenommen, sodass für ein schützenswertes Vertrauen des Klägers auf die Arbeitgeberstellung des Landes kein rechtfertigender Grund bestehe. Die beklagte Partei sei daher passiv nicht legitimiert.

Das Klagebegehren sei aber auch materiell nicht berechtigt. Der Kündigungsgrund des (dem § 32 Abs 2 lit b VBG 1948 inhaltsgleichen) § 77 Abs 2 lit b K-LVBG sei verwirklicht, wenn der Vertragsbedienstete sich für eine entsprechende Verwendung geistig oder körperlich ungeeignet erweise. Hiefür sei entscheidend, ob eine entsprechende Verwendung für den Bediensteten vorhanden sei. Der Kündigungsgrund liege vor, wenn keine Möglichkeit bestehe, den für dauernd nicht voll einsatzfähigen Vertragsbediensteten in dem betreffenden Zweig der Verwaltung entsprechend zu beschäftigen. Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers gehe jedenfalls nicht so weit, für den Vertragsbediensteten durch eine neue Arbeitsverteilung eine dem Rest seiner Arbeitskraft entsprechenden neuen Dienstposten auf Dauer schaffen zu müssen.

Das LKH sei ein eigenständiger Betrieb iSd § 34 ArbVG. Innerhalb dieses Betriebes seien für den Kläger geeignete Arbeitsplätze nicht mehr verfügbar. Auf den Bereich des gesamten Bundeslandes könne nicht abgestellt werden, weil der Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit im Bereich des LKH gearbeitet habe und mit dem Inkrafttreten des K-LKABG diesem auf Dauer zur Dienstverrichtung als Landesbediensteter zugewiesen worden sei.

Auf die von der beklagten Partei bekämpfte Feststellung, dass es im Bereich des Landes Kärnten C-wertige Arbeitsplätze mit untergeordneter Bildschirmtätigkeit gebe, komme es daher ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob dazu das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben sei.

Verfristung der Klage sei allerdings nicht anzunehmen, weil § 76 Abs 7 K-LVBG nur die Geltendmachung von Ansprüchen "aus dem Titel der Beendigung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses" erfasse, nicht aber Geltendmachung des Anspruchs auf Feststellung des Fortbestandes des Dienstverhältnisses.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die passive Klagelegitimation der beklagten Partei hängt von der Beurteilung der Bestimmung des § 39 Abs 1 K-LKABG ab, die hier noch in der Fassung vor der K-LKABG-Novelle LGBl Nr 16/2002 anzuwenden ist. Dabei kann aber nicht unbeachtet bleiben, dass die für die "Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft" ("Landesanstalt") geltende Bestimmung des § 27 Abs 1 Satz 2 K-LKABG, die eine dem § 39 Abs 1 K-LKABG inhaltsgleiche Regelung für die Bediensteten der Landesanstalt enthält, vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. 9. 2000, G 55/00, als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Dies wurde vom Verfassungsgerichtshof damit begründet, dass es angesichts der Betrauung der Landesanstalt mit der Ausübung der Diensthoheit über die dort Dienst verrichtenden Landesbediensteten einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft hätte, die die bundesverfassungsgesetzlich gebotene Einbindung dieses ausgegliederten Rechtsträgers in den Weisungszusammenhang mit der Landesregierung ebenso klarstellt, wie deren Anrufbarkeit im administrativen Instanzenzug. Dazu komme noch, dass die Beachtung allfälliger Weisungen der Landesregierung durch den Vorstand der Landesanstalt (der bloß vom Aufsichtsrat "überwacht" werde, welcher seinerseits lediglich der "Aufsicht" der Landesregierung unterliege) von der Landesregierung nicht in der dem Art 20 B-VG entsprechenden Weise durchgesetzt werden könnte.

Damit stellt sich aber auch die Frage, der Verfassungskonformität der inhaltsgleichen Norm des § 39 Abs 1 K-LKABG für die Bediensteten der Landeskrankenanstalten.

Nähere Ausführungen dazu und zu der K-LKABG-Novelle LGBl Nr 16/2002, mit der sowohl § 27 Abs 1 Satz 2 als auch § 39 Abs 1 K-LKABG geändert wurden, sind aber entbehrlich, weil sich das Klagebegehren schon aus einem anderen Grund als unberechtigt erweist.

Zu Recht hat nämlich die beklagte Partei die Verfristung der Klage eingewendet.

Auf die in diesem Zusammenhang von der beklagten Partei ins Treffen geführte Bestimmung des § 76 Abs 7 K-LVGB, die das Berufungsgericht als auf den Anspruch auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses nicht anwendbar erachtete, braucht dabei gar nicht eingegangen zu werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann nämlich der Arbeitnehmer den aus der Unwirksamkeit der Kündigung abgeleiteten Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unbefristet geltend machen. Dies wird ua mit der Notwendigkeit von Rechtssicherheit und dem Klarstellungsinteresse des Vertragspartners (also des Arbeitgebers) begründet. Daraus wird abgeleitet, dass der Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen ist (Arb 11.892; RdW 2000/748; RIS-Justiz RS0112268; zuletzt ZASB 2002, 9 sowie 9 ObA 342/00k). Dies gilt auch für Vertragsbedienstete (9 ObA 342/00k).

Innerhalb welcher Frist der Anspruch geltend gemacht werden muss, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unter Abwägung des Klarstellungsinteresses des Arbeitgebers und der Schwierigkeiten für den Arbeitnehmer, seinen Anspruch geltend zu machen, zu bestimmen (ZASB 2002, 9 mwN). Eine allgemeine und in jedem Fall geltende Obergrenze von sechs Monaten (so etwa Binder in seiner Entscheidungsbesprechung zu DRdA 2000/34) hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich abgelehnt.

Im hier zu beurteilenden Fall sind zwischen dem Ausspruch der Kündigung und der Geltendmachung ihrer Unwirksamkeit 11 Monate verstrichen. Dass die Kündigung unmittelbar nach ihrem Ausspruch nach § 105 ArbVG angefochten wurde, schlägt dabei nicht zum Vorteil des Klägers aus. Abgesehen davon, dass die Anfechtungsklage nicht vom Kläger selbst, sondern vom Betriebsrat erhoben wurde, setzt eine Kündigungsanfechtung nach § 105 ArbVG eine arbeitsrechtlich wirksame Kündigung voraus. Sie kann daher von vornherein die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung und des Anspruchs auf Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht ersetzen (ZASB 2002, 9). Es wurde auch weder behauptet, noch festgestellt, dass der Kläger vor Einbringung der vorliegenden Klage jemals die Unwirksamkeit gegenüber der Beklagten in irgendeiner Form außergerichtlich geltend gemacht oder nur behauptet hat. Im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtslage ist daher unter den hier gegebenen Umständen davon auszugehen, dass der Kläger durch seine 11 monatige Untätigkeit gegen seine Angriffsobliegenheit verstoßen und damit das Recht, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen und darauf gestützt die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu begehren, verloren hat.

Damit erweist sich aber die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend. Auf die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Abweisungsgründe braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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