OGH 14Os40/02

OGH14Os40/027.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Albert E***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 26. November 2001, GZ 12 Hv 1.083/01b-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch einen Teilfreispruch enthaltenden - angefochtenen Urteil wurde Albert E***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II) sowie des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung hat er (II) in der Zeit zwischen 1998 und 12. Mai 1999 in Leoben mit der am 12. Mai 1985 geborenen, sohin unmündigen Annette E***** einmal den Beischlaf unternommen, wobei er sie außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt, indem er ihr mit physischer Kraft die Beine auseinanderdrückte, zu dessen Duldung nötigte;

(III) durch die zu (I und II) beschriebenen Tathandlungen ein seiner Aufsicht unterstehendes minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Die allein gegen den Schuldspruch II und den Schuldspruch III, soweit er sich auf den ersteren bezieht, gerichtete und auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel (Z 5) bezüglich der Feststellung, dass der Angeklagte mit Annette E***** einmal den Beischlaf unternommen habe. Denn den zeugenschaftlichen Angaben der Schwester des Angeklagten Irmgard L***** (S 351 ff), wonach ihr von Sylvia E*****, der Mutter des Opfers Annette E*****, und von Annette E***** selbst mitgeteilt worden sei, dass zwischen dem Angeklagten und der Letzteren kein Geschlechtsverkehr (iS einer für den Tatbestand nicht erforderlichen [Schick in WK2 § 206 StGB Rz 10 f] Penetration) stattgefunden habe, kommt deshalb keine Bedeutung zu, die das Erstgericht zur Erörterung der Angaben im Urteil hätte veranlassen müssen, weil die Tatrichter den dazu nicht in Widerspruch stehenden Angaben der Annette E***** folgten, die selbst über einen tatsächlich vollzogenen Geschlechtsverkehr nicht berichtete, sondern vor der Polizei (S 131 ff) und vor dem Untersuchungsrichter (ON 13) - in der Hauptverhandlung entschlug sie sich der Aussage (S 337) - nur darüber, dass der Angeklagte einen Geschlechtsverkehr versucht habe, wobei sie vor der Polizei angab, sie habe das harte Glied des Angeklagten am Scheideneingang gespürt und vor dem Untersuchungsrichter (ON 13, insbes S 253 ff), dass sie, als der Angeklagte in sie habe einzudringen versucht, Schmerzen verspürt und zu weinen begonnen habe.

Einer näheren Begründung dafür, warum die Tatrichter den Angaben des Mädchens Glauben schenkten und die ein auch nur versuchtes Eindringen mit dem Penis in die Scheide des Mädchens leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung für widerlegt erachteten, bedurfte es - der Beschwerde zuwider - nicht.

Seine Feststellungen, dass sich die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs durch den Angeklagten mit Annette E***** vor Vollendung deren 14. Lebensjahres ereignet habe, stützte das Erstgericht logisch und empirisch einwandfrei auf die Angaben des Angeklagten selbst vor Polizei und Untersuchungsrichter, wonach seine diesbezüglichen sexuellen Handlungen an der damals etwa Dreizehnjährigen stattgefunden hätten, in Verbindung mit den Angaben der Annette E*****, die sich bezüglich ihres damaligen Alters nicht festlegen wollte (US 7 f). Indem der Beschwerdeführer sich gegen diese Urteilsfeststellung wendet, macht er keinen formalen Begründungsmangel geltend, sondern er bekämpft unzulässigerweise bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen der notwendigen Feststellungen zur subjektiven Tatseite geltend macht, orientiert er sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt, der aus dem im Urteil geschilderten Ablauf der Tathandlungen selbst in Verbindung mit der Feststellung, dass der Angeklagte mit auch das Alter des Mädchens umfassenden zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat, keine Zweifel offen lässt, dass die Tatrichter davon ausgingen, der Angeklagte habe den festgestellten Kontakt der Geschlechtsteile bewusst und willentlich hergestellt; die Rechtsrüge entbehrt daher der prozessordnungsgemäßen Ausführung. Wenn der Beschwerdeführer - der Sache nach erneut unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 - eine Begründung für diese Annahme in Bezug auf das Alter des Mädchens vermisst, ist er auf die bereits oben erwähnte Darlegung im Urteil (US 7 und 8) zu verweisen.

Zur rechtlichen Beurteilung ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass das Schöffengericht - aus einem sich allerdings zum Vorteil des Angeklagten auswirkenden Rechtsirrtum heraus - angesichts der Feststellung, dass der Angeklagte das unmündige Opfer mit Gewalt, indem er ihm mit physischer Kraft die Beine auseinanderdrückte, zur Duldung des Beischlafs genötigt hat, zu Unrecht das im Schuldspruch II angelastete Verhalten nur dem Tatbestand des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und nicht auch jenem des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB unterstellt hat, weil diese beiden Tatbestände wegen der unterschiedlichen Rechtsgüter miteinander echt konkurrieren (Foregger/Fabrizy StGB7 § 201 Rz 9; Schick in WK2 § 207 Rz 32). Auf das Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 StGB hat dieser Rechtsirrtum keinen Einfluss, weil nach den Urteilsfeststellungen die Autorität mitbestimmend war (vgl Foregger/Fabrizy aaO; Schick aaO § 212 Rz 15).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt. Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht ist in § 390a StPO begründet.

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