OGH 8Ob72/02z

OGH8Ob72/02z18.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl E*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. Günther Eybl, Rechtsanwalt in Gmunden, gegen die beklagte Partei Aloisia ***** E*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Mag. Jürgen W. Zahradnik, Rechtsanwalt in Lambach, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 17. September 2001, GZ 21 R 244/01h-28 den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Anders als die dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzuordnenden Frage, ob ein Ehegatte seine Ehe subjektiv als unheilbar zerrüttet ansieht, stellt die Beurteilung, die Ehe sei objektiv unheilbar zerrüttet, ebenso eine Rechtsfrage dar, wie die Ermittlung des Zeitpunkts des Eintritts der Zerrüttung (RIS-Justiz RS0043423; RS0043432; SZ 70/19). Die Beurteilung, ob bzw. seit wann eine Ehe unheilbar zerrüttet ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - keine Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO darstellt. Von einer krassen Fehlbeurteilung der Zerrüttungsfrage durch das Berufungsgericht kann hier keine Rede sein. Nach den Feststellungen hat der Kläger die Beklagte seit Jahren "wie Luft behandelt", sich ihr gegenüber überaus dominierend und herablassend benommen, sie wiederholt beschimpft und in einer ganz massiven Weise während der gesamten Ehe seine Interessen über die der Beklagten und der gemeinsamen Kinder gestellt. Vor allem hat er die Beklagte wiederholt körperlich misshandelt und dabei verletzt. Der Einwand, dass die Beklagte dieses massiv ehewidrige Verhalten nicht als ehezerstörend empfunden habe, ist unzutreffend. Dass die Beklagte im Rahmen des Scheidungsverfahren (aus welchen Motiven auch immer) angegeben hat, sie wolle die Ehe fortsetzen, trifft zwar zu. Abgesehen davon, dass sie gleichzeitig erklärt hat, dass es "so wie es jetzt ist", "kein Zustand" sei, sind für die rechtliche Beurteilung aber nicht die Parteiaussagen sondern die tatsächlich getroffenen Feststellungen maßgebend. Diesen ist aber klar zu entnehmen, dass der Zerrüttungsprozess seine Ursache im jahrelangen lieblosen und unleidlichen Verhalten des Klägers findet. Dass das massiv ehewidrige Verhalten des Klägers Jahre zurückreicht, schlägt nicht zu seinem Vorteil aus, zumal er - wie das Berufungsgericht richtig hervorgehoben hat - dieses Verhalten über Jahre fortgesetzt hat. Ob sein ehewidriges Verhalten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung andauerte - die entsprechende Annahme des Berufungsgerichtes wird als aktenwidrig bekämpft - ist nicht entscheidend; fest steht jedenfalls, dass er es auch noch während des Scheidungsverfahrens fortgesetzt hat (S 15 des Ersturteils). Die Beurteilung des Gewichts des beiderseitigen Verschuldens der Ehepartner an der Zerrüttung der Ehe ist immer eine Frage des Einzelfalles, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - keine Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO begründet und daher die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann (6 Ob 188/00s uva). Von einer krassen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann hier nicht die Rede sein. Dass auch die Beklagte wegen der - allerdings erst in einem späten Stadium der Ehe eingegangenen - ehewidrigen Beziehung zu einem anderen Mann ein Verschulden trifft, hat das Berufungsgericht ohnedies ausgeführt. Dass dieses Verschulden völlig zu vernachlässigen wäre, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen. Der Revisionswerber räumt aber selbst ein, dass sogar Ehebruch als schwerste Eheverfehlung gegen die eheliche Treue gegenüber Verfehlungen des anderen Ehegatten bei der Beurteilung des beiderseitigen Verschuldens nicht den Ausschlag geben muss (EFSlg 57.222 ua). Umso mehr muss dies gelten, wenn - wie hier - Ehebruch der Beklagten gar nicht erwiesen ist und überdies feststeht, dass hauptsächliche Ursache der Zerrüttung der Ehe das jahrelange massiv ehewidrige Verhalten des Beklagten war. Ob der Kläger - was er bestreitet - auch seine Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten verletzt hat, ist bei dieser Sach- und Rechtslage nicht mehr entscheidend.

Stichworte