Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in der Abweisung von S 68.365,14 sA als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger war vom 19. 7. 1996 bis 15. 5. 2000 als Elektroinstallateur (Facharbeiter) bei der beklagten Partei, die ein Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen betreibt, beschäftigt. Während dieser Zeit wurde er ganz überwiegend Unternehmen überlassen, auf die der Kollektivvertrag für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe anzuwenden ist; nur im Zeitraum 28. 2. bis 28. 4. 2000 war er in einem Unternehmen tätig, für das der Kollektivvertrag für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie gilt. Der Kläger erhielt von der beklagten Partei für nachstehende Zeiträume folgendes Bruttoentgelt:
für November und Dezember 1997 S 33.680,40,
für das Jahr 1998 inklusive Sonderzahlungen S 255.692,80,
für das Jahr 1999 inklusive Sonderzahlungen S 273.087,05, für die Zeit vom 1. 1. bis 15. 5. 2000 inklusive Sonderzahlungen (ohne Urlaubsentschädigung) S 104.322,50.
Strittig ist vor allem, ob durch diese Zahlungen die Entgeltansprüche des Klägers nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG (angemessenes, ortsübliches Entgelt) abgedeckt sind bzw inwieweit ihm weiteres Entgelt zusteht. Mit seiner am 29. 11. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage über S 163.484,40 brutto samt Zinsen, die mit Schriftsatz vom 23. 1. 2001 ausgedehnt wurde, begehrte er von der beklagten Partei für den Zeitraum 1. 11. 1997 - 15. 5. 2000 die Zahlung von S 221.348,42 brutto samt 9,75 % Zinsen seit 16. 5. 2000. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, dass das durchschnittliche angemessene und ortsübliche Entgelt für Facharbeiter im Arbeitsmarktbezirk Linz im Jahr 1997 monatlich S 24.100, 1998 S 24.800, 1999 S 25.600 und im Jahr 2000 S 25.600 betragen habe, wogegen die beklagte Partei erheblich geringere Beträge gezahlt habe. Die rückständigen Entgeltansprüche seien nicht verjährt. Verfallsbestimmungen in auf die jeweiligen Beschäftigerbetriebe anzuwendenden Kollektivverträgen hätten für überlassene Arbeitnehmer keine Gültigkeit. Die beklagte Partei wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass sich das angemessene ortsübliche Entgelt danach bestimme, welche Löhne Leiharbeitsunternehmen üblicherweise Arbeitnehmern mit entsprechendem Ausbildungsstand unabhängig davon zahlen, ob und bei welchen Unternehmen der Arbeitnehmer zum Einsatz komme. Dieses Entgelt habe der Kläger erhalten. Für die Zeit der Überlassung seien auch alle mit der Berechtigung eines Entgeltanspruchs zusammenhängenden Regelungen des "jeweiligen Beschäftigerkollektivvertrags" mitzuberücksichtigen, wozu auch die jeweils geltenden Verjährungs- und Verfallsbestimmungen gehörten. Die vom Kläger erstmals durch ein Schreiben geltend gemachten Ansprüche, welches der beklagten Partei am 2. 10. 2000 zugegangen sei, seien verfallen bzw verjährt, da sie nicht "innerhalb der durch die angeführten Kollektivverträge (Kollektivvertrag für das Metallgewerbe bzw für die Metallindustrie) vorgesehenen Fristen" geltend gemacht worden seien. Verfallen und verjährt seien auch die erst im Zuge der Klageausdehnung - insbesondere für das Kalenderjahr 1997 - geltend gemachten Ansprüche, da die Hemmung der Verjährung nur durch Einbringung einer Klage mit einer schlüssigen Klagserzählung eintreten könne. Entgegen der Auffassung des Klägers sei ein ortsüblicher Lohn geschuldet, nicht aber der von diesem geltend gemachte Durchschnittslohn. Das Tatbestandsmerkmal "Ortsüblichkeit" stelle nur ein Kriterium der Angemessenheit dar.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 152.983,58 brutto samt 9,75 % Zinsen statt; die Abweisung des Mehrbegehrens (S 68.365,14 sA) erwuchs in Rechtskraft. Dem Kläger stehe - mangels eines für die beklagte Partei als Überlasser geltenden Kollektivvertrags - ein angemessenes, auf den Standort des Überlasserbetriebes bezogenes ortsübliches Entgelt zu. Hier sei auf das ortsübliche Entgelt im Arbeitsmarktgebiet Linz in jener Branche, in der der Kläger tätig gewesen sei (Metallbranche), abzustellen. Mangels abweichender Prozessbehauptungen sei davon auszugehen, dass die Streitteile je nach Nachfrage eine Verwendung in Industrie- und Gewerbebetrieben vor Augen gehabt hätten. Zur Beurteilung der Angemessenheit seien die Durchschnittslöhne der Facharbeiter in der Metallindustrie im Arbeitsmarktbezirk Linz laut Statistik heranzuziehen. Infolge der überwiegenden Verwendung in Gewerbebetrieben und dem gerichtsbekannt um 20 % niedrigeren Lohnniveau in Gewerbebetrieben sei davon nach § 273 ZPO ein Abzug von 10 % angemessen.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge. Nach herrschender Rechtsprechung sei bei Ermittlung des Grundentgelts nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG nicht nur ein möglichst sacheinschlägiger Kollektivvertrag, sondern auch eine ortsübliche Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgelts zu berücksichtigen. Dabei sei der Begriff der Ortsüblichkeit auf den Standort des Überlassers zu beziehen, wobei auf das Lohnniveau der betreffenden als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region abzustellen sei. Aufgabe des § 10 Abs 1 AÜG sei es, Leiharbeitern ein bestimmtes Lohnniveau unabhängig von den einzelnen Überlassern zu sichern; wechselnde Einsätze sollten nicht zu stets schwankendem Entgelt führen. Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung und der Aufgabe des § 10 Abs 1 AÜG sei die Heranziehung von Statistiken, die Durchschnittslöhne einzelner Branchen in verschiedenen Regionen enthalten, zur Ermittlung des Grundlohns im Hinblick auf das weitere Kriterium der Angemessenheit als gangbarer Weg zu sehen. Da beim Grundentgelt auch ortsübliche Überzahlungen der kollektivvertraglichen Entgelte zu berücksichtigen seien, sei die Feststellung, ob einzelne Betriebe nur das kollektivvertragliche Entgelt bezahlen, entbehrlich. Das angemessene, ortsübliche Entgelt sei nicht nach den von Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen bezahlten Löhnen zu bemessen. Es komme vielmehr auf die vereinbarten Dienste und damit auf die in Aussicht genommenen Beschäftiger an. Das Erstgericht habe der offenbar beabsichtigten und erfolgten Mischverwendung des Klägers in Industrie und Gewerbe insofern Rechnung getragen, als sein angemessener ortsüblicher Lohn durch einen Abschlag von 10 % vom Industrielohn gebildet wurde.
Verjährungs- und Verfallsbestimmungen der für die jeweiligen Beschäftigerbetriebe geltenden Kollektivverträge seien auf Entgeltansprüche nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG nicht anzuwenden; Ansprüche nach Satz 3 würden hier nicht geltend gemacht. Der Kläger gründe sein Begehren somit gar nicht auf die Entgeltbestimmungen eines Kollektivvertrags, sodass kein Grund dafür bestehe, kollektivvertragliche Verfallsfristen heranzuziehen. Dazu komme, dass § 11 Abs 2 Z 5 AÜG die Verkürzung von Verfallsfristen im Geltungsbereich des AÜG verbiete. In der Literatur werde dieses Verbot teilweise auf Einzelverträge beschränkt, zum Teil aber als auch für Kollektivverträge sachgerecht angesehen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision sei zulässig, weil der Frage der Anwendung von Verfallsfristen des Beschäftigerkollektivvertrages, wenn die überlassene Arbeitskraft das höhere ortsüblich angemessene Entgelt begehrt, eine erhebliche Bedeutung zukomme.
Die Revision ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht mit seiner Bedachtnahme auf den Durchschnittslohn eines Facharbeiters in der Metallindustrie (wenn auch mit einem Abschlag von 10 %) von der neuesten Judikatur des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Sie ist in ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Es entspricht ganz herrschender Judikatur (SZ 64/161, Arb 10.979, 9 ObA 195/01v, 8 ObA 28/01b ua), dass mit den Sätzen 1 und 2 des § 10 Abs 1 AÜG das der Arbeitskraft unabhängig von der einzelnen Überlassung gebührende Entgelt (Grundentgelt) inhaltlich geregelt wird. In Ermangelung eines Kollektivvertrags für Arbeitskräfteüberlassungsbetriebe im Sinne von Satz 2 ist zur Ermittlung dieses Grundentgelts allein Satz 1 heranzuziehen. Der danach zu ermittelnde Grundentgeltsanspruch ist dem Arbeitnehmer jedenfalls gesichert, und zwar auch dann, wenn er in einem Beschäftigerbetrieb eingesetzt werden sollte, für den ein Kollektivvertrag ein niedrigeres Mindestentgelt vorsieht (DRdA 2001/4).
In seiner Entscheidung vom 13. 12. 2001 (8 ObA 226/01w) hat sich der Oberste Gerichtshof mit einem ganz ähnlichen Fall - auch dort ging es um einen Elektro-Facharbeiter - mit den auch hier maßgeblichen Rechtsfragen ausführlich auseinandergesetzt und nach Eingehen auf die bisher in Rechtsprechung und Lehre vertretenen Argumente bekräftigt, dass der Grundanspruch nach Satz 1 unter Heranziehung eines möglichst sacheinschlägigen Kollektivvertrages und einer ortsüblichen Überzahlung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region zu ermitteln ist, wogegen es auf den in dieser Region von Überlasserbetrieben gewöhnlich bezahlten Lohn nicht ankommt. Den Bedenken, dass die Ermittlung dieses Grundentgelts schwierig sein könnte, sei entgegenzuhalten, dass dem Gesetzgeber durchaus unterstellt werden könne, dass er durch die gesetzliche Regelung insbesondere für die Arbeitgeber (Überlasser) einen Anreiz zum Abschluss von unmittelbar anzuwendenden Kollektivverträgen im Sinne des Satzes 2 geben wollte (so schon SZ 64/161). Auch die verwaltungsgerichtliche Judikatur (RdW 1996, 589 = ARD 4790/20/96) zeige, dass auch mit den Mitteln des Verwaltungsverfahrens die Ermittlung des angemessenen Entgelts auf Grundlage des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG möglich sei. Bei der Ermittlung des angemessenen, ortsüblichen Entgelts sei vom wahren Willen der Parteien über die in Aussicht genommene Art der Arbeitsleistung, die der Leiharbeitnehmer zu erbringen hat, auszugehen. Dabei werde zu berücksichtigen sein, inwieweit entsprechende Berufsausbildungen, Berufserfahrungen und Vorkenntnisse Bedeutung haben und ob eine Einschränkung auf die Tätigkeit in bestimmten Branchen vorgesehen ist. Auf dieser Grundlage sei dann festzustellen, von welchen Kollektivverträgen - sei es im Bereich des Gewerbes oder der Industrie - diese "Art der Arbeitsleistung" (§ 11 Abs 1 Z 4 AÜG) so erfasst ist, dass die größtmögliche Übereinstimmung der aufgezählten Parameter festgestellt werden kann. Kämen danach mehrere Kollektivverträge in Betracht, so sei darauf abzustellen, ob einer dieser Kollektivverträge deutlich mehr Arbeitnehmer mit dieser "Art der Arbeitsleistung" erfasst als die anderen Kollektivverträge; dann sei dieser maßgeblich. Sollte dies nicht der Fall sein, so sei der Durchschnitt aus diesen kollektivvertraglichen Ansätzen zu bilden. In weiterer Folge sei das ortsübliche Entgelt, also die Frage der ortsüblichen Überzahlung, zu ermitteln. Dafür sei in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region festzustellen, wie jene Arbeitnehmer, die in diesen Kollektivverträgen Tätigkeiten der "Art der Arbeitsleistung" der Leiharbeitnehmer verrichten, über den Kollektivvertrag entlohnt werden. Dabei sei jedoch nicht nur ein Durchschnittswert festzustellen, sondern - unter Ausschaltung von extremen Abweichungen - die Bandbreite, in der diese Überzahlung erfolgt. Diese Bandbreite (exakter: deren unterer Wert) bilde dann die Untergrenze des angemessenen Entgelts im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, die bei der gemeinsamen Festlegung des Entgelts entsprechend § 11 Abs 1 Z 1 AÜG zu beachten sei. Soweit das vereinbarte Entgelt gegen diese Untergrenze verstoße, stehe dem Arbeitnehmer die Möglichkeit offen, diese Vereinbarung gemäß § 879 ABGB anzufechten, indem er den Beweis dafür antritt, dass das festgelegte Entgelt außerhalb der Bandbreite im Sinne des § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG liegt. Zur Vermeidung der Schwierigkeiten bei dieser Entgeltermittlung könnten beide Vertragsparteien bei der Einschätzung dieser Bandbreite regelmäßig nicht nur auf die eigenen Erfahrungen, sondern auch auf die Erfahrungen der gesetzlichen und freiwilligen kollektivvertragsfähigen Interessenvertretungen zurückgreifen. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist daher für die Ermittlung des angemessenen, ortsüblichen Entgelts nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG nicht ein Durchschnittswert der im betreffenden Arbeitsmarkt für vergleichbare Arbeitskräfte bezahlten Löhne heranzuziehen. Vielmehr ist - unter Ausschaltung von extremen Abweichungen bzw nicht repräsentativen Einzelfällen - die Bandbreite der bezahlten Löhne zu ermitteln. Da alle in dieser Bandbreite liegenden Entgelte sowohl als ortsüblich als auch als angemessen anzusehen sind, kann der überlassene Arbeitnehmer unter Berufung auf § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG jedenfalls keinen höheren Lohn verlangen, als es dem unteren Wert dieser Bandbreite entspricht, sofern nicht ein höheres Entgelt vereinbart wurde. Arbeitet eine nicht unmaßgebliche Anzahl vergleichbarer Arbeitnehmer zum Kollektivvertragslohn, kann - mangels günstigerer Vereinbarung - auch eine bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen beschäftigte Arbeitskraft als Grundentgelt nicht mehr verlangen; dann ist ja auch der Kollektivvertragslohn als ortsüblich und angemessen anzusehen. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings den Einwand der beklagten Partei verworfen, dass die in für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden Kollektivverträgen enthaltenen Verfalls- bzw Verjährungsfristen auch auf den Grundlohn-Anspruch nach § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG anzuwenden wären. Diese Bestimmung stellt in keiner Weise auf kollektivvertragliche Regelungen ab, sondern verweist ausschließlich auf das (tatsächlich gezahlte) angemessene, ortsübliche Entgelt für vergleichbare Leistungen. Dass das Grundentgelt nicht niedriger sein kann als das Kollektivvertragsentgelt nach dem ungünstigsten in Betracht kommenden Kollektivvertrag, liegt in der Natur der Sache, ändert aber nichts daran, dass rechtlich die Bestimmungen der "sachnahen" Kollektivverträge keine Bedeutung für den Grundlohn-Anspruch der Arbeitskraft haben. Die Nichtanwendung kollektivvertraglicher Verfalls- und Verjährungsfristen beruht daher keineswegs auf einer "Rosinentheorie", sondern vielmehr auf der Entscheidung des Gesetzgebers, der der Arbeitskraft zumindest das für ihre Tätigkeit ortsübliche und angemessene Entgelt zukommen lassen will. Ob "Erhöhungsbeträge" nach § 10 Abs 1 Satz 3 AÜG im Hinblick auf die Verjährung allenfalls anders zu behandeln wären, ist hier nicht zu erörtern. Wenn in § 11 Abs 2 Z 5 AÜG allerdings ausdrücklich Vertragsbedingungen verboten werden, die die Verfalls- oder Verjährungsvorschriften verkürzen, so ist damit zwar primär die Verkürzung gesetzlicher oder für den Überlasserbetrieb allenfalls bestehender kollektivvertraglicher Fristen gemeint; diese zu Gunsten des Arbeitnehmers verfügte Beschränkung der Vertragsfreiheit spricht aber eher gegen eine Ergänzung des Einzelvertrags durch Hereinnahme von Bestimmungen allenfalls in Betracht kommender "sachnaher" Kollektivverträge als dafür. Abgesehen davon, dass die in Betracht kommenden Kollektivverträge dem Arbeitnehmer möglicherweise gar nicht bekannt sind - den Überlasser trifft auch keine gesetzliche Verpflichtung, die Arbeitskraft von deren Inhalt in Kenntnis zu setzen -, kann dem Arbeitnehmer auch nicht das Risiko aufgebürdet werden, den "richtigen" Kollektivvertrag zu ermitteln, was insbesondere dann von Bedeutung wäre, wenn mehrere in Betracht kommende Kollektivverträge unterschiedliche Verfalls- oder Verjährungsregelungen enthalten. Die für die potentiellen Beschäftigerbetriebe geltenden kollektivvertraglichen Bestimmungen sind daher auf den Grundentgeltsanspruch überlassener Arbeitskräfte auch in ihren Verfalls- und Verjährungsregeln nicht anzuwenden (so schon 8 ObA 1208/95). Auf eine Verjährung nach den allgemeinen Regeln des ABGB beruft sich die beklagte Partei in ihrer Revision nicht. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren - sofern der Kläger nach Erörterung entsprechende Prozessbehauptungen aufstellt - die Bandbreite der für die Arbeitsleistung eines Elektroinstallateurs (Facharbeiters) in den fraglichen Zeiträumen in der als einheitlicher Arbeitsmarkt in Betracht kommenden Region, in der die beklagte Partei ihren Sitz hat, bezahlten Löhne zu ermitteln haben. Sollte sich danach ergeben, dass das dem Kläger bezahlte Entgelt nicht einmal die Untergrenze dieser Bandbreite erreicht hat, steht ihm die jeweilige Differenz zu, um das durch § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG zwingend verfügte gesetzliche Mindestentgelt zu erreichen.
Zu den in der Revision ausgeführten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken der beklagten Partei ist festzuhalten, dass sich diese auf die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes beziehen, das das angemessene, ortsübliche Entgelt durch Heranziehung eines Durchschnittslohns ermittelt hat. Da diese Rechtsauffassung vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt wird, erweisen sich die diesbezüglichen Ausführungen in der Revision als gegenstandslos. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit und die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des § 10 Abs 1 erster Satz AÜG hat der erkennende Senat nicht.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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