OGH 13Os10/02

OGH13Os10/0227.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alfred B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Alfred B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Oktober 2001, GZ 8b Vr 9988/00-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Alfred B***** wurde der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 erster Satz zweiter Fall StGB (I. 1.) sowie nach § 201 Abs 2 StGB ("II", richtig "I." 2. bis 5.) und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II.) und nach § 107 Abs 2 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er

in Wien bzw (I./4.) in Werfen

zu I./ Angelika S***** zur Duldung des Beischlafs genötigt, und zwar

1.) am 29. Juli 2000 durch Entziehung der persönlichen Freiheit, mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er die Wohungstür von innen versperrte und den Schlüssel einsteckte, sie auf den Boden niederriss, an den Armen hielt und auf den Boden drückte und drohte, er werde ihr den Schädel einhauen, wenn sie schreie, ihr sodann in das Gesicht ejakulierte und das Ejakulat über ihr Gesicht und ihr Haar verstrich und sie dadurch in besonderer Weise erniedrigte;

2.) am 30. Juli 2000 mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er sie auf das Bett stieß, sie an den Armen festhielt und sie mehrmals auf ein in seiner Reichweite befindliches Messer hinwies;

3.) am 5. August 2000 mit Gewalt, indem er sie gewaltsam auszog und sie mit seiner Körperkraft zu Boden drückte;

4.) Ende August 2000 mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er sie gewaltsam auszog und ihr drohte, ihrer Tochter etwas anzutun;

5.) Mitte Oktober 2000 mit Gewalt, indem er sie gewaltsam auszog und mit seiner Körperkraft zu Boden drückte;

II./ Ende November 2000 durch die Äußerung, er brauche Fotos von Angelika S***** und deren Tochter, damit alle wüssten, wie sie"vorher" ausgesehen hätten, er werde sich in ihr Leben eingravieren, sie werde ihn noch anflehen, dass sie mit ihm ins Bett gehen dürfe, es liege alles in ihrer Hand, und indem er auf Angelika S*****s Ablehnung meinte, dass sie daduch "gewählt" habe, Angelika S***** zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III./ am 9. Dezember 2000 durch die Äußerung, er werde, falls sie einen neuen Freund haben sollte, diesem und ihr den Schädel wegschießen, mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die teils undifferenziert auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet, dass zu den Schuldsprüchen wegen der Verbrechen der Vergewaltigung unbegründet geblieben sei, wie und in welcher Form sich die "schwere Gewalt" bzw gegen das Tatopfer gerichtete Drohung mit gegenwärtiger "schwerer Gefahr" für Leib oder Leben manifestiert haben soll bzw, dass Feststellungen hiezu überhaupt fehlen würden (insoweit Z 9 lit a bzw Z 10). Die Beschwerde übersieht, dass ein Schuldspruch wegen Vergewaltigung mit schwerer Gewalt bzw qualifizierter Drohung gar nicht ergangen ist (siehe § 201 Abs 1 StGB) und geht somit einen gar nicht ergangenen Schuldspruch bekämpfend, ins Leere.

Soweit die Beschwerde Feststellungen darüber kritisiert, dass die Zeugin S***** mit ihrer Tochter in Werfen Unterkunft genommen habe, bzw dass das Tatopfer schon früher - und nicht vom Angeklagten - vergewaltigt worden sei, werden keine entscheidenden Tatsachen angesprochen. Im Übrigen wird mit diesem Vorbringen bloß unzulässig nach Art einer Schuldberufung die von den Tatrichtern dem Opfer zugestandene Glaubwürdigkeit bekämpft; der Rüge an der unterbliebenen Einholung eines psychologischen Gutachtens mangelt es an jeder prozessualen Voraussetzung (Antragstellung - Z 4, Begründung des Unterbleibens der Antragstellung - Z 5a, und insbesondere der Behauptung einer Zustimmung des Tatopfers zur Untersuchung). Die Beschwerde behauptet - nominell Z 5, inhaltlich Z 10 - es würden Feststellungen dahingehend fehlen, warum das Gericht erachtet, dass es sich bei der ins Treffen geführten Tathandlung (I/1) um eine besondere Erniedrigung im Sinne des Gesetzes "handeln solle"; weiters wird vorgebracht, dass die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite betreffend die angenommene Qualifikation unerörtert und unbegründet geblieben seien.

Abgesehen davon, dass im Falle des Zutreffens des ersten Vorwurfs zwar § 270 Abs 2 Z 5 StPO verletzt wäre, aber nicht nichtigkeitsbegründend (Mayerhofer StPO4 § 270 E 144, 147), genügt es zu beiden Vorbringen auf die ohnedies vorhandenen Urteilsausführungen (US 6, 7, 14, 15) zu verweisen.

Soweit die Beschwerde einmal mehr - die Begriffe "Begründungsmangel" (Z 5) und "Feststellungsmangel" (Z 9 lit a, 10) vermengend - zu Faktum I.4. Konstatierungen teils zur Gewaltausübung, teils zur subjektiven Tatseite zwecks Lösung (der Rechtsfrage) der Ernstlichkeit der Drohung vermisst, ist sie im Hinblick auf die dazu ohnehin erstatteten Urteilsausführungen (s US 8 und 9f sowie 12f) nicht nachvollziehbar.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt insoweit einer prozessordnungsgemäßen Ausführung, als sie - unter Übergehung der Urteilsfeststellungen - schlichtweg behauptet, das erkennende Gericht "hätte feststellen müssen, dass durch die vom Angeklagten gesetzten Handlungen überhaupt keine Straftat begangen wurde."

Soweit die Beschwerde eine Strafbarkeit der zu II. und III. vorgeworfenen Drohungen wegen ihrer "Ungenauigkeit" verneint, geht sie einmal mehr an deren festgestellten Wortlaut (der an Deutlichkeit nichts offen lässt) vorbei.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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