OGH 9ObA262/01x

OGH9ObA262/01x27.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Tzt. Ulrike Zimmerl und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Josef R*****, Kaufmann, ***** vertreten durch die BKQ Klaus und Quendler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen Feststellung des Anspruches auf eine Betriebspension (Streitwert EUR 36.336,42), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Juli 2001, GZ 8 Ra 100/01i-52, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Februar 2001, GZ 32 Cga 291/98z-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.754,31 (darin enthalten EUR 292,38 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 502 Z 3 ZPO) liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Berechtigung des Klagebegehrens zurecht verneint (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers Folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Ein Vertrag kommt durch die übereinstimmenden Willenserklärungen (mindestens) zweier Personen zustande (§ 861 ABGB). Die einleitende Willenserklärung heißt "Anbot"; es handelt sich dabei um den Vorschlag, einen Vertrag bestimmten Inhaltes abzuschließen. Die zweite Erklärung ist eine Äußerung des anderen Teils darüber, ob er mit dem vorgeschlagenen Abschluss einverstanden ist; eine zustimmende Erklärung wird "Annahme" genannt. Mit der Annahme wird das Anbot von beiden Teilen übereinstimmend zur rechtsgeschäftlichen Norm erhoben. Aus dem Grundsatz der Privatautonomie ergibt sich, dass idR niemand verpflichtet ist, ein Anbot anzunehmen (Koziol/Welser I12 111 f). Das Anbot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung; daher tritt sie erst mit dem Zugang an den Erklärungsempfänger in Wirksamkeit.

Dies bedeutet zweierlei: Der Antrag wird zur Annahme geeignet und der Anbietende wird an ihn gebunden (Koziol/Welser aaO 113). Bindungswirkung heißt, dass der Anbietende sein Anbot nicht mehr einseitig widerrufen kann, es vielmehr allein beim Empfänger liegt, ob er den Vertrag zustande bringen will oder nicht. Der Empfänger hat also ein Gestaltungsrecht (Rummel in Rummel, ABGB³ § 862 Rz 5; Schwimann/Apathy, ABGB² V § 862 Rz 4 mwN). Die Bindungswirkung des Anbotes ist allerdings zeitlich begrenzt. Trifft der Anbietende keine ausdrückliche Anordnung, so greifen die gesetzlichen Dispositivnormen ein (§ 862 ABGB). Diese bestimmen, dass mündliche Anbote sogleich angenommen werden müssen, d.h. dass bei ihnen praktisch gar keine Bindung des Anbietenden besteht. Bei schriftlichen Anboten dauert die Bindung bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anbietende bei Berücksichtigung der Beförderungszeit des Anbotes, einer angemessenen Überlegungsfrist und der Beförderungszeit für die Antwort die Annahme erwarten darf (Koziol/Welser aaO 114 f). Die Dauer der Angemessenheit bestimmt sich nach der Wichtigkeit des Geschäfts, der Schwierigkeit seiner Beurteilung, aber auch danach, ob der Anbietende Eile bekundet (Rummel aaO § 862 Rz 3; Schwimann/Apathy aaO § 862 Rz 3 mwN). Auch die Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird daher ebenfalls erst wirksam, wenn sie dem Anbietenden zugeht. Ist dieser Zugang rechtzeitig erfolgt, also innerhalb der Annahmefrist, so kommt der Vertrag zustande (§ 862a Satz 1 ABGB; Koziol/Welser aaO 115). Ansonsten erlischt das Anbot mit dem Ende der Annahmefrist (Rummel in Rummel aaO § 861 Rz 3; Schwimann/Apathy aaO § 862 Rz 5 mwN; SZ 47/148; SZ 62/17 ua).

Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen übermittelte die Beklagte dem Kläger am 6. 6. 1997 das Anbot auf Abschluss eines neuen Geschäftsführervertrages. Dieser sollte am 30. 6. 1997 vom Kläger unterfertigt werden, wozu es jedoch nicht kam. Auch die Aufforderung der Beklagten vom 10. 9. 1997, den Geschäftsführervertrag zu unterfertigen, verstrich ungenützt, bis die Beklagte schließlich im Jänner 1998 ihr Anbot zurückzog. Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen übermittelte die Beklagte dem Kläger am 30. 4. 1998 ein Anbot auf einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 5. 5. und 3. 6. 1998 mitgeteilt hatte, dass er die Auflösungsvereinbarung nicht unterschreiben könne, zog die Beklagte am 9. 6. 1998 ihr Anbot auf einvernehmliche Auflösung zurück.

Wendet man auf diesen Sachverhalt die vorstehenden rechtlichen Erwägungen zur Bindungswirkung an, so ist davon auszugehen, dass der Kläger das Anbot auf Abschluss eines neuen Geschäftsführervertrages nicht innerhalb der Bindungsfrist annahm, wobei er sogar zwei Aufforderungen der Beklagten ungenutzt verstreichen ließ; das Anbot auf Abschluss einer einvernehmlichen Auflösung lehnte er sogar ausdrücklich ab. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Überlegungen des Berufungsgerichtes und des Revisionswerbers zum Vorbehalt der Schriftform nach § 886 ABGB nicht an. Nach den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen hat der Kläger die Anbote der Beklagten in keiner Form, also weder schriftlich noch mündlich, aber auch nicht schlüssig angenommen. Anbote erlöschen spätestens mit dem Ende der Annahmefrist; der Zurückziehung der Anbote durch die Beklagte hätte es daher gar nicht bedurft, sie diente jedoch jeweils der Rechtsklarheit. Die (zusätzliche) "Kündigung" des Geschäftsführervertrages vom 6.6.1997 durch die Beklagte erfolgte laut Feststellungen nur "vorsichtshalber", ihr kam keine rechtliche Wirkung zu. Da der neue Geschäftsführervertrag und die Auflösungsvereinbarung nicht zustandekamen, ist es auch entbehrlich, auf die Überlegungen des Revisionswerbers, wie einzelne, hierin enthaltene Vertragsbestimmungen zu seinen Gunsten zu interpretieren wären, einzugehen. Hinsichtlich des alten Geschäftsführervertrages vom 31. 7. 1992 wird auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte