OGH 1Ob49/02s

OGH1Ob49/02s22.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Astrid L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rumpl, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagte Partei Franz L*****, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wegen 13.262,79 EUR (= 182.500 S) sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 14. November 2001, GZ 16 R 186/01v-67, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 30. März 2001, GZ 2 C 154/98f-61, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.482,56 EUR (darin 247,09 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist am 12. 10. 1974 geboren. Sie ist die eheliche Tochter des Beklagten. Dessen Ehe mit deren Mutter ist geschieden. Der Beklagte ist wiederverheiratet. Er hat für seine Ehegattin und einen am 20. 11. 1984 geborenen Sohn aus dieser Ehe zu sorgen. Seine Ehegattin verdient als Raumpflegerin etwa 290,69 EUR (= 4.000 S) monatlich für 15 Wochenarbeitsstunden. Daneben führt sie den Haushalt und widmet sich der Pflege und Erziehung ihres Sohnes.

Die Klägerin wurde an einer berufsbildenden höheren Schule zur Kindergartenpädagogin mit Reifeprüfung ausgebildet. Sie beendete diese Ausbildung, die auch pädagogische Lehrfächer für das Volksschullehramt beinhaltete, im Juni 1995. Ab September 1995 besuchte sie die pädagogische Akademie und schloss dieses Studium im Mai 1999 erfolgreich ab. Zur Erlangung des Studienabschlusses benötigte sie ein Jahr mehr als (nach dem Studienplan) vorgesehen. Sie hatte während eines Studienjahrs Prüfungstermine versäumt, weil sie die - von der Europäischen Union (EU) im Rahmen des "Erasmus-Programms" geförderte - Möglichkeit eines 3-monatigen Studiums an einer englischen Universität in Griechenland genutzt hatte. Dort wurden die gleichen Fächer (wie an der pädagogischen Akademie) in englischer Sprache unterrichtet. Seit 17. 5. 1999 ist die Klägerin als Volksschullehrerin berufstätig. Sie hat mit ihrem Vater schon seit Jahren keinen Kontakt mehr und teilte ihm keinen Schritt ihrer beruflichen Ausbildung mit.

Der Beklagte brachte ihren beruflichen Werdegang allerdings über Dritte in Erfahrung. Bis Juni 1995 zahlte er der Klägerin etwa 1.600 S monatlich an Unterhalt. Danach leistete er nichts mehr. Die Mutter der Klägerin ist berufstätig und verdient etwa 1.453,46 EUR (= 20.000 S) monatlich netto. Für den Beklagten war im Wirtschaftsjahr 1998 als selbständiger Vollerwerbslandwirt im Ackerbau (Anbaufläche 53 ha) bei durchschnittlicher Wirtschaftsführung ein monatliches Nettoeinkommen von 12.536,66 S (= 911,07 EUR) erzielbar. Ein Bestandteil dieses Einkommens sind EU-Förderungen, aber auch nationale Förderungen, die der Beklagte "im verfahrensgegenständlichen Zeitraum" bezog. Die EU-Beihilfen dienen der Erhaltung der Landwirtschaft und sind auch "als Einkommensausfallsregelung" gedacht. Der Beklagte hat kein Nebeneinkommen; ein solches könnte er während der Wintermonate durch Schneeräumungsarbeiten erzielen. Er ist am 6. 4. 1944 geboren und meint, für solche Arbeiten zu alt zu sein. Während der "Arbeitsmonate" arbeitet er etwa 10 bis 12 Stunden täglich, im Sommer und zur Erntezeit auch am Wochende. Im Winter wartet und repariert er landwirtschaftliche Maschinen.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Zuerkennung eines Unterhalts von 4.000 S monatlich vom 1. 7. 1995 bis 31. 12. 1999 und von 3.100 S monatlich vom 1. 1. bis 16. 5. 1999, insgesamt daher 182.500 S (= 13.262,79 EUR). Sie brachte vor, der Beklagte leiste seit Juni 1995 keinen Unterhalt mehr, obgleich sie nach Ablegung der Reifeprüfung an einer Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik ab September 1995 die pädagogische Akademie besucht habe, um die - schon immer erstrebte - Ausbildung zur Volksschullehrerin zu erhalten. Ihre zweistufige Ausbildung von der Kindergartenpädagogin zur Volksschullehrerin habe Synergieeffekte gehabt. Die Erlangung der Lehrbefähigung sei wegen der angespannten Arbeitsmarktlage für Kindergärtnerinnen aber auch zweckmäßig gewesen. Dem Beklagten sei die Erzielung eines Nebeneinkommens zur Finanzierung des begehrten Unterhalts zumutbar.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin sei seit dem Abschluss der Ausbildung zur Kindergartenpädagogin selbsterhaltungsfähig. Ihre weitere Ausbildung zur Volksschullehrerin habe sie ihm erst durch die Unterhaltsklage zur Kenntnis gebracht. Er müsse ein Zweitstudium nicht finanzieren, weil er in bescheidenen Verhältnissen lebe und geradezu um seine wirtschaftliche Existenz kämpfe. Sein Einkommen reiche bloß aus, um die elementarsten Bedürfnisse seiner Familie zu decken. EU-Förderungen seien überdies in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen. Sie seien für Betriebsinvestitionen zweckgebunden.

Das Erstgericht erkannte der Klägerin 106.333 S (= 7.727,52 EUR) zu und wies das Mehrbegehren von 76.167 S (5.535,27 EUR) ab. Nach dessen Ansicht kann der Beklagte nicht auf ein Zusatzeinkommen als Schneeräumer angespannt werden. EU-Förderungen seien dagegen als Teil des Einkommens in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Reifeprüfung an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik sei eine Voraussetzung für die Ausbildung zur Volksschullehrerin gewesen. Es handle sich dabei nicht um eine "zusätzliche Ausbildung". Der Unterhaltsanspruch der Klägerin belaufe sich auf 20 % des Nettoeinkommens des Beklagten. Daraus errechne sich ein Betrag von 2.500 S (= 181,68 EUR) monatlich für die der Klage zugrunde liegende Unterhaltsperiode.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 29. Jänner 2001 änderte es diesen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Nach dessen rechtlichen Erwägungen ist ein Kind dann selbsterhaltungsfähig, wenn es seinen Unterhalt aufgrund einer zumutbaren eigenen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf finanzieren könne. Die Klägerin hätte für ihren Unterhalt schon nach Abschluss der Ausbildung zur Kindergartenpädagogin selbst sorgen können. Ein weiteres Studium auf Kosten der Unterhaltspflichtigen komme allerdings dann in Betracht, wenn das Kind die notwendigen Fähigkeiten besitze, den Studienabschluss ernsthaft und zielstrebig betreibe und dem (Geld-)Unterhaltspflichtigen die Tragung der Ausbildungskosten zumutbar sei. Das gelte auch für die Weiterbildung nach Absolvierung einer berufsbildenden höheren Schule. Sei eine fortgesetzte Unterhaltspflicht nicht schon deshalb zu verneinen, weil es dem Unterhaltspflichtigen an der erforderlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mangle oder weil die zweite Berufsausbildung die Verdienstmöglichkeiten des Unterhaltsberechtigten - überwiegend wahrscheinlich - nicht nennenswert verbessern werde, so bildeten "die Bestimmungsfaktoren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und Verbesserung der Berufsaussichten und Verdienstmöglichkeiten des Unterhaltsberechtigten ein bewegliches System" zur "Ausmittlung der weiterbestehenden Unterhaltspflicht" im jeweiligen Einzelfall. Je geringer der Nutzen einer weiteren Ausbildung für das Kind sei, umso weniger müsse sie der Unterhaltspflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (mit-)finanzieren. Dessen Leistungsfähigkeit sei nur dann zu bejahen, wenn er seine eigenen Bedürfnisse trotz Erbringung von Unterhaltsleistungen noch immer in Annäherung an den angemessenen Unterhalt befriedigen könne. Der Unterhaltspflichtige müsse sich also nicht auf das Existenzminimum einschränken und sich die weitere Ausbildung eines Kindes "vom Munde absparen". Nach dem in der Berufung bekämpften und daher als Obergrenze anzunehmenden monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten von rund 12.500 S (= 908,41 EUR), aus dem auch der Unterhalt seines Sohnes und teilweise auch der seiner Ehegattin finanziert werden müsse, seien dem Beklagten weitere Unterhaltsleistungen für die Klägerin nach Abschluss deren Ausbildung zur Kindergärtnerin nicht mehr zumutbar.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Ansicht der Klägerin, die Entscheidung hänge von der Lösung einer in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden präjudiziellen Rechtsfrage ab, "nicht gänzlich unvertretbar" sei. Zu klären sei, wie sich eine Reifeprüfung, mit der eine abgeschlossene Berufungsausbildung einhergehe, auf den Unterhaltsanspruch des Maturanten auswirke und ob von Bedeutung sei, dass die Klägerin die berufsbildende höhere Schule im Rahmen ihrer Berufsausbildung immer nur als "Zwischenstufe" angesehen habe.

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Unterhaltsbemessungsgrundlage

1. 1. Der Beklagte begründete in der Berufung seinen Standpunkt, "EU-Fördergelder" seien nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, weil sie "nicht zur Stillung von persönlichen Lebensbedürnissen", sondern "ausschließlich der Existenzsicherung und Abgeltung eines Ausfalls von Betriebseinnahmen" durch Einhaltung der Förderungsbestimmungen dienten.

1. 2. Der erkennende Senat befasste sich bereits in der Entscheidung 1 Ob 180/97w (= EvBl 1997/197 = RZ 1997/87) mit dem für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Einkommensbegriff in Hinsicht auf EU-Förderungen als Einkommensbestandteil. Danach ist unter Einkommen grundsätzlich alles zu verstehen, was einer Person an Natural- oder Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruchs zukommt, sofern solche Einkünfte nicht nach gesetzlichen Bestimmungen außer Betracht zu bleiben haben bzw dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwands dienen. Allein die in der Leistung liegende Zweckbestimmung bewirke noch nicht deren Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage. In diese seien daher auch öffentlich-rechtliche Leistungen - somit auch EU-Förderungen - einzubeziehen. Das wurde in der Entscheidung 7 Ob 48/00k fortgeschrieben. Daran ist festzuhalten. EU-Förderungen dienen selbst nach Ansicht des Beklagten "der Existenzsicherung und Abgeltung eines Ausfalls von Betriebseinnahmen". Damit betonte er im Berufungsverfahren in Wahrheit selbst den Charakter solcher Förderungen als Einkommensbestandteil unter unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten. Er setzte sich überdies nicht mit der Entscheidung 1 Ob 180/97w, auf die sich bereits das Erstgericht berufen hatte, auseinander. Der Beklagte dürfte die soeben erläuterte Rechtslage nunmehr akzeptieren, kommt er doch in der Revisionsbeantwortung auf die in der Berufung vorgetragenen Argumente nicht mehr zurück.

2. Selbsterhaltungsfähigkeit

2. 1. Das Berufungsgericht stützte seine Ansicht über die Beendigung der Unterhaltspflicht des Beklagten mit dem Zeitpunkt der Reifeprüfung seiner Tochter an einer berufungsbildenden höheren Schule im Kern auf die Entscheidung 3 Ob 7/97v (= SZ 70/36). Auch dort wurde jedoch - auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - der Anspruch eines Kindes hervorgehoben, dessen bereits erworbene berufliche Qualifikation durch eine weiterführende Berufsausbildung auf Kosten der Eltern im Rahmen deren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu ergänzen, wenn es die erforderliche Neigung und Begabung aufweist und den Abschluss einer solchen Ausbildung ernsthaft und zielstrebig verfolgt. Im Übrigen wurde angesichts des dort maßgebenden Sachverhalts betont, es sei nicht von Bedeutung, welchen Geldunterhalt der Beklagte jenes Verfahrens hätte zahlen müssen, wenn sich die dortige Klägerin nach Ablegung der Reifeprüfung einer weiterführenden Berufungsausbildung unterzogen hätte, wurde doch deren bereits erworbene berufliche Qualifikation als Geigenbauerin nicht als Vorstufe der Berufsausbildung zur Instrumental- und Gesangspädagogin gewertet. Dennoch wurde der dortigen Klägerin bei einem monatlichen Nettoeinkommen ihres Vaters von 12.083 S noch ein Unterhaltsanspruch von 1.500 S monatlich zur (Mit-)Finanzierung einer zweiten, nicht bloß weiterführenden Berufsausbildung - unter den dort im Einzelnen erläuterten weiteren, im fortgesetzten Verfahren noch zu klärenden Voraussetzungen - zugebilligt.

2. 2. Als Voraussetzung für das Weiterbestehen der elterlichen Unterhaltspflicht bei einem mehrstufigen Ausbildungsgang müssen die einzelnen Stufen - nach der auch vom erkennenden Senat gebilligten ratio der Entscheidung 3 Ob 7/97v - zumindest so weit zusammenhängen, dass der vom Unterhaltsberechtigten angestrebte Beruf eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung der schon auf der Vorstufe erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ist. Diese Voraussetzung ist bei der Ausbildung zur Kindergartenpädagogin auf der ersten und zur Volksschullehrerin auf der zweiten Stufe erfüllt, beinhaltete doch die Ausbildung der Klägerin auf der ersten Stufe auch pädagogische Lehrfächer für das Volksschullehramt. Eine derartige weiterführende Berufsausbildung hat der Geldunterhaltspflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu finanzieren, wenn sein Kind für diese Ausbildung geeignet ist und das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt (Schwimann, Unterhaltsrecht2 85 f mN aus der Rsp). Insoweit ist das Kind vor Abschluss des Studiums noch nicht als selbsterhaltungsfähig anzusehen.

Die Eignung der Klägerin für das Volksschullehramt ist durch den erfolgreichen Abschluss der pädagogischen Akademie erwiesen. Dass sie ihr Studium nicht zielstrebig betrieben hätte, ist aus den Feststellungen nicht ableitbar. Derartiges wurde vom Beklagten auch gar nicht behauptet. Unter solchen Voraussetzungen hat aber der Beklagte nach den bisherigen Erwägungen einen durch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begrenzten finanziellen Beitrag für die Ausbildung seiner Tochter zur Volksschullehrerin zu leisten.

2. 3. Der Beklagte stützte seinen Prozessstandpunkt bereits im Verfahren erster Instanz (siehe ON 17) auf die Entscheidung 8 Ob 634/91 (= EvBl 1992/73 [Teilveröffentlichung]), der jedoch kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt. Dort hatte die Klägerin die Reifeprüfung an einer Höheren Lehranstalt für Mode- und Bekleidungstechnik abgelegt und wollte in der Folge (teilweise) auf Kosten ihres Vaters Politikwissenschaft - also ein die Mode- und Bekleidungstechnik nicht weiterführendes Fach - studieren, obgleich ihr Vater - ein nur mehr teilweise erwerbsfähiger 55-jähriger Holzknecht - über ein äußerst bescheidenes Nettoeinkommen (rund 7.000 S monatlich [Erwerbseinkommen zuzüglich Versehrtenrente]) verfügte und geradezu um seine wirtschaftliche Existenz kämpfte. Nur weil vor diesem Hintergrund die für Unterhaltsleistungen erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verneint wurde, hielt der dort erkennende Senat eine Belastung des Vaters mit der "Finanzierung eines Hochschulstudiums der beruflich bereits gut ausgebildeten 20-jährigen Klägerin" für unzumutbar. Die wirtschaftliche Lage des Beklagten als selbständiger Landwirt ist um einiges besser als die jenes Vaters. Für die Belastbarkeit eines Geldunterhaltspflichtigen ist überdies zu beachten, dass Entscheidungen in Unterhaltssachen an den Verhältnissen in einer fiktiven "intakten Familie" zu orientieren sind. Soweit ist also zu fragen, ob in einem vergleichbaren Fall auch maßstabgerechte "Durchschnittseltern" einen durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begrenzten finanziellen Beitrag zur weiterführenden Berufsausbildung ihres Kindes leisten würden (s etwa 6 Ob 87/99h). Als Richtwert für die Untergrenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines "maßstabgerechten" Unterhaltspflichtigen kann das Unterhaltsexistenzminimum eines unselbständig Erwerbstätigen mit beschränkt pfändbaren Bezügen herangezogen werden, weil von pflichtbewussten Eltern erwartet werden kann, ihre Bedürfnisse temporär auf dieses Maß einzuschränken, um die Chancen ihrer zumindest durchschnittlich begabten und lernwilligen Kinder im künftigen Erwerbsleben durch die Finanzierung der Erlangung einer höheren Bildungsqualifikation zu fördern. Das Unterhaltsexistenzminimum betrug etwa nach der ExminV 1999 (BGBl II 1998 447) bei einem Monatseinkommen von 12.400 bis 12.599,99 S und drei Unterhaltspflichten 9.457,50 S. Der Beklagte muss sich daher, um den vom Erstgericht für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsbetrag von 2.500 S (= 181,68 EUR) monatlich zu leisten, noch nicht auf das Unterhaltsexistenzminimum einschränken, was auch für die Jahre vor 1999 gilt.

Der erkennende Senat gelangt somit in Zusammenfassung dieser Erwägungen zum Ergebnis, dass der Geldunterhaltspflichtige im Falle einer weiterführenden Berufsausbildung seines Kindes nach Ablegung der Reifeprüfung an einer berufsbildenden höheren Schule gewöhnlich bis zum Unterhaltsexistenzminimum eines unselbständig Erwerbstätigen mit beschränkt pfändbaren Bezügen als Untergrenze belastbar ist. Danach erweist sich der im Ersturteil errechnete Unterhaltsanspruch der Klägerin als gerechtfertigt. Dass die vom Erstgericht ermittelte, im Berufungsverfahren nur mit rechtlichen Argumenten bekämpfte Bemessungsgrundlage für die ganze Unterhaltsperiode laut Klage maßgebend ist, wurde vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Gleiches gilt für den der Unterhaltsbemessung zugrunde gelegten Prozentsatz. Somit ist das Ersturteil als Ergebnis aller bisherigen Ausführungen wiederherzustellen.

3. Kosten

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens stützt sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin, die im Rechtsmittelverfahren zur Gänze obsiegte, hat Anspruch auf vollen Kostenersatz. Die Kostensumme ergibt sich aus dem Spruch dieser Entscheidung. Der Rechenfehler bei Errechnung des Einheitssatzes des Anwaltshonorars für die Berufungsbeantwortung war zu eliminieren.

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