OGH 10ObS59/02b

OGH10ObS59/02b19.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Günther Degold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christian K*****, Hilfsarbeiter, *****, vertreten durch Mag. Nikolaus Bauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Dezember 2001, GZ 8 Rs 360/01x-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 20. Juni 2001, GZ 24 Cgs 207/00g-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zur Abgeltung der Folgen des Arbeitsunfalls, den er am 4. 8. 2000 im Betrieb der Fa. Josef M*****, als Hilfsarbeiter erlitten hat, eine Gesamtvergütung von EUR 612,13 (S 8.423,04) zu gewähren." Bereits erbrachte Leistungen sind anzurechnen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit EUR 593,84 (S 8.171,36), darin EUR 98,44 (S 1.354,56 Umsatzsteuer und EUR 3,20 (S 44,--) Barauslagen, bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit EUR 485,68 (S 6.683,04), darin EUR 80,95 (S 1.113,84) Umsatzsteuer, bestimmten Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens und die mit EUR 333,06 (S 4.583,04), darin EUR 55,10 (S 763,84) Umsatzsteuer, bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erlitt am 4. 8. 2000 im Rahmen seiner Beschäftigung in einer Rahmen- und Leistenfabrik einen Unfall, als er mit dem linken Mittelfinger in das rotierende Sägeblatt einer Kreissäge geriet. Beim Kläger besteht nun ein Teilverlust des linken Mittelfingers auf Höhe der Gelenksrolle des Mittelfingermittelgliedes mit guter Weichteildeckung. Aus medizinischer Sicht bedingt diese Verletzung eine vorübergehende Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 20 v. H. für 6 Monate; danach ist keine Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr gegeben.

Mit Bescheid vom 21. 11. 2000 hat die beklagte Partei - ausgehend von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. vom 25. 9. 2000 bis 31. 3. 2001 - für die Folgen des Arbeitsunfalls eine Gesamtvergütung in Höhe von S 8.423,04 (EUR 612,13) gewährt.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Zahlung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 20 v.H. der Vollrente ab 1. 4. 2001 gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die vom Kläger neuerlich gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz (Nichteinholung weiterer Gutachten, Unterlassung der Vernehmung des Klägers als Partei) hat bereits das Berufungsgericht verneint, sodass diese in der Revision wiederholten Verfahrensmängel erster Instanz nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden können (Kodek in Rechberger2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Die Frage, inwieweit die Erwerbsfähigkeit des Versicherten aus medizinischer Sicht gemindert ist, gehört zum Tatsachenbereich (RIS-Justiz RS0086443, RS0043525) und ist im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar (SSV-NF 3/19, SSV-NF 11/130 uva). Diese medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit - im vorliegenden Fall 20 vH - bildet im Allgemeinen auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung, sofern nicht ein Abweichen unter besonderen Umständen geboten ist (SSV-NF 1/ 64 = SZ 60/262; SSV-NF 11/130; SSV-NF 11/154 ua). Ein Abweichen kommt aber nur bei Vorliegen eines Härtefalls in Frage (SSV-NF 1/ 64 = SZ 60/262; zuletzt 10 ObS 187/01z). Ein solcher wird allerdings in der Revision nicht aufgezeigt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen. Allerdings ist die im seinerzeitigen Bescheid enthaltene, gemäß § 71 Abs 2 ASGG als unwiderruflich anerkannt anzusehende Leistungsverpflichtung in den Urteilsspruch aufzunehmen, auch wenn sich das Klagebegehren nur auf den Zeitraum ab 1. 4. 2001 bezieht.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Obzwar der Kläger mit seiner Revision nicht mehr erreichte als seinerzeit die beklagte Partei in ihrem Bescheid zugesprochen hatte, war die Einbringung der Revision im Ergebnis notwendig, da aufgrund dieses Rechtsmittels der urteilsmäßige Zuspruch der bereits im Bescheid der beklagten Partei zuerkannten Leistung erfolgte (SSV-NF 3/31, 7/46). Da die Klage nicht unter § 23 Abs 6 RATG fällt, gebührt nur der einfache Einheitssatz. Die Kostenbemessungsgrundlage - auch für die Revision - beträgt S 50.000,-- (§ 77 Abs 2 ASGG).

Stichworte