OGH 15Os169/01 (15Os170/01)

OGH15Os169/01 (15Os170/01)21.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Februar 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Holzweber, Dr. Schmucker und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lehr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Istref V***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde gemäß § 494a StPO des Angeklagten Istref V***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Ali D***** und Isuf G***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 12. September 2001, GZ 29 Vr 119/01-86, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, der Verteidiger Mag. Navarro und Mag. Zimmerhansl sowie der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen und der Beschwerde des Istref V***** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (von der schriftlichen Anklage abweichenden) auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Ali D***** und Isuf G***** jeweils rechtskräftig des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (1) und Istref V***** des Verbrechens des Raubes als Bestimmungs- und Beitragstäter nach §§ 12, zweiter und dritter Fall, 142 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach haben am 28. Dezember 2000 in Linz

(1) "Ali D***** und Isuf G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken dem Tankwart Badija H***** durch Vorhalten einer Spielzeugpistole "Softgun" und durch die Äußerung: "Überfall, Geld her!", wobei sie ihre Gesichter mit Kopfbedeckung und hochgezogenem Schal vermummt hatten, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich 16.000,-- S Bargeld, Telefonwertkarten im Wert von 6.700,-- S und Autobahnvignetten im Wert von 24.350,-- S, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und

(2) Istref V***** durch die sinngemäße Mitteilung, der Tankwart sei ein Feigling, dieser würde bei einem Überfall sofort alles herausgeben, und die daraufhin erfolgte Aufforderung, sich vom Tankwart Geld zu holen, Ali D***** und Isuf G***** zu der angeführten Tat bestimmt und schließlich zu ihrer Ausführung beigetragen, indem er Ali D***** und Isuf G***** zur Vermummung mit Handschuhen, Mützen und Schals ausstattete, sie mit seinem PKW zum Tatort fuhr, nach dem Überfall vereinbarungsgemäß dort abholte und gemeinsam mit der Beute in die vom Mitangeklagten Isuf G***** bewohnte Wohnung ***** brachte."

Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage (1) nach schwerem Raub, begangen durch alle drei Angeklagten als Mittäter, die Eventualfrage (2) nach schwerem Raub, begangen durch Ali D***** und Isuf G***** als Mittäter sowie die Eventualfrage (4) nach schwerem Raub, begangen durch Istref V***** als Bestimmungs- und Beitragstäter, jeweils einstimmig verneint, die Eventualfrage (3) nach von Ali D***** und Isuf G***** als Mittäter begangenem Raub unter Verwendung einer Spielzeugpistole einstimmig sowie die Eventualfrage (5) nach von Istref V***** als Bestimmungs- und Beitragstäter begangenem Raub stimmenmehrheitlich bejaht. Die Istref V***** betreffende Eventualfrage (6) nach § 164 Abs 1, 3 und 4 StGB blieb folgerichtig unbeantwortet.

Die gegen den Schuldspruch aus Z 8, 10a, 12 und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten V***** erweist sich als nicht zielführend.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 8) rügt der Beschwerdeführer, der Rechtsbelehrung sei nicht zu entnehmen, dass ein und dieselbe Person zufolge Subsidarität der Beitragstäterschaft nicht zugleich Anstifter und Gehilfe sein könne. Diese Unvollständigkeit, auf die im Rahmen der Rechtsrüge noch näher einzugehen sein wird, vermag keine Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 8 StPO zu begründen, weil sie den Wahrspruch der Geschworenen zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht beeinflussen konnte. Denn die von den Geschworenen in ihrem Wahrspruch festgestellten Tathandlungen, nämlich die an Ali D***** und Isuf G***** gerichtete Aufforderung, sich durch den Überfall auf einen als feige beschriebenen Tankwart Geld zu holen, weiters die Ausstattung der unmittelbaren Täter mit Handschuhen, Mützen und Schals zum Zweck der Vermummung sowie die mit seinem PKW durchgeführte Fahrt zum Tatort und die vereinbarungsgemäße Abholung nach dem Überfall samt dem Abtransport der Beute begründen jedenfalls Bestimmungstäterschaft und damit die Richtigkeit der Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 12 StGB (vgl SSt 48/92).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen enthält die Rechtsbelehrung auch den vom Beschwerdeführer vermissten Hinweis, dass eine Frage bloß mit Einschränkungen bejaht werden kann, wenn bestimmte darin enthaltene Tatbestandsmerkmale nicht als erwiesen angenommen wurden (S 484/II). Selbst die Unterlassung einer Belehrung über die Möglichkeit, eine Frage nur teilweise zu bejahen, könnte im Übrigen nicht erfolgreich unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Z 8 StPO geltend gemacht werden, weil diese in die im Anschluss an die Rechtsbelehrung stattfindende Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschworenen fällt. Die Geschworenen wurden überdies über den Inhalt des § 330 Abs 2 StPO durch Anschlag im Beratungszimmer belehrt (§ 325 Abs 2 StPO; Mayerhofer StPO4 § 323 E 3). Dass im Rahmen der Niederschrift von den Geschworenen lediglich die Anstiftung zum Überfall und die Bereitstellung eines Fahrzeuges, nicht aber die Ausstattung mit Kleidungsstücken zwecks Vermummung angeführt wurde, lässt weder einen Rückschluss auf die Richtigkeit der Rechtsbelehrung zu, noch begründet diese Unvollständigkeit einen Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 StGB (Mayerhofer aaO § 331 E 10).

Soweit der Beschwerdeführer mit weitwendigen Erwägungen in der Tatsachenrüge (Z 10a) erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der im Wahrspruch bejahten Ausstattung des Ali D***** und des Isuf G***** zwecks Vermummung mit Handschuhen, Mützen und Schals zu wecken sucht, genügt zum einen der Hinweis, dass schon die als erwiesen angenommene Aufforderung zum Überfall auf den als feige eingestuften Tankwart und die geleisteten Chauffeurdienste zum und vom Tatort eine hinreichende Tatsachengrundlage zum Schuldspruch wegen Raubes als Bestimmungstäter bieten, zum anderen erschöpft sich die Argumentation in einer im Geschworenenverfahren in dieser Art unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung der Laienrichter, ohne sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Die Subsumtionsrüge (Z 12) moniert die Annahme von zwei Tatbeteiligungsformen im Sinne des § 12 StGB, nämlich Täterschaft durch Bestimmung (Anstiftung) und Leistung eines sonstigen Tatbeitrages (als Gehilfe). Hier ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass - wie bereits erwähnt - Täterschaft durch Leistung eines sonstigen Tatbeitrages im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB in der Bestimmungstäterschaft (nach der zweiten Alternative der zitierten Gesetzesstelle) aufgeht. Denn der "sonstige Beitrag" im Sinn der dritten Alternative des § 12 StGB erfasst als Generalklausel alle Handlungen, welche eine strafbare Handlung alleine oder mit -verursachen und nicht bereits als "unmittelbare Täterschaft" des § 12 erste Alternative StGB den Wortlauttatbestand erfüllen oder unter die "Bestimmung eines anderen" im Sinne des § 12 zweite Alternative StGB zu subsumieren sind. Der mehrfache Tatbeitrag ist allerdings beim Strafausmaß zu berücksichtigen.

Es wären daher - auf der Basis der bejahten Eventualfrage (5) - alle von den Geschworenen festgestellten Tathandlungen, nämlich nicht nur die Mitteilung, der Tankwart sei ein Feigling, dieser würde bei einem Überfall sofort alles herausgeben, und die daraufhin erfolgte Aufforderung, sich vom Tankwart Geld zu holen, sondern auch die Ausstattung des Ali D***** und des Isuf G***** mit Handschuhen, Mützen und Schals zwecks Vermummung sowie der Transport der unmittelbaren Täter mit einem PKW zum Tatort und deren vereinbarungsgemäße Abholung nach dem Überfall sowie deren Abtransport mit der Beute in die von Isuf G***** bewohnte Wohnung dem Begriff der Bestimmungstäterschaft (zweite Alternative des § 12 StGB) zu unterstellen gewesen, sodass - im Sinne der vorstehenden Rechtsausführungen - für die Annahme auch eines sonstigen Beitrages (im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB) kein Raum bleibt. Allein diese rechtsirrtümliche Auslegung der Bestimmung des § 12 StGB durch Annahme auch eines sonstigen Tatbeitrages neben der Bestimmungstäterschaft vermag bei wertender Betrachtung mangels eines sachlichen Nachteiles für den Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 12 StPO nicht zu begründen (vgl abermals SSt 48/92, auch SSt 22/60).

Die Kritik der Strafbemessungsrüge (Z 13), das Strafmaß entspreche nicht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten, vom Beschwerdeführer sei eine vergleichsweise geringere kriminelle Energie ausgegangen, die Anstiftung sei eher aus gedankenloser Unbesonnenheit erfolgt, ihm sei lediglich eine untergeordnete Rolle zugekommen und seinen Bestimmungs- und Beitragshandlungen zu hohes Gewicht beigemessen worden, macht nur zusätzliche Milderungs- und damit Berufungsgründe geltend.

Der letztlich behauptete Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 13 zweiter Fall) durch "offenbare" Berücksichtigung der (rechtsirrig angenommenen) Bestimmungs- und Beitragstäterschaft als Erschwerungsgrund liegt schon deshalb nicht vor, weil § 12 StGB keine die Strafdrohung bestimmende Norm iSd § 32 Abs 2 erster Satz StGB darstellt. Die festgestellte verstärkte Tatbeteiligung konnte demnach zu Recht als erschwerender Umstand Berücksichtigung finden. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Istref V***** war sohin zu verwerfen. Das Geschworenengericht verurteilte die Angeklagten Ali D*****, Isuf G***** und Istref V***** (ersichtlich) nach § 142 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen, nämlich

Istref V***** zu drei Jahren,

Ali D***** zu zwei Jahren und Isuf G***** zu zweieinhalb Jahren.

Dabei wertete es als erschwerend:

bei V***** sechs einschlägige Vorstrafen und die zweifache Form der Tatbeteiligung (durch Bestimmung und sonstigen Tatbeitrag), bei D***** und G***** die zweifache Art der Drohung, nämlich verbal und durch eine Waffenattrappe. Weiters erachtete es auf Grund der Art der Tatausführung, insbesondere der Massivität der Drohung durch eine - für den Bedrohten nicht als solche erkennbare - Spielzeugwaffe, die Gewährung einer bedingten bzw teilbedingten Strafnachsicht für nicht möglich.

Als mildernd wertete es bei allen Angeklagten das teilweise Geständnis bzw das Geständnis, das in der Folge widerrufen wurde (D*****), bei V***** die teilweise Schadensgutmachung, bei D***** zusätzlich die "Unbescholtenheit" und das Alter unter 21 Jahren, bei G***** ebenfalls die "Unbescholtenheit".

Unter einem widerrief es den bedingten Strafteil einer über Istref V***** im Verfahren zum AZ 6 Evr 1806/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz verhängten teilbedingten Strafnachsicht in der Dauer von acht Monaten.

Dagegen richten sich die Berufungen der Angeklagten, die jeweils eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, D***** und G***** auch unter Anwendung des § 43a Abs 4 StGB beantragen. Der Angeklagte V***** begehrt in seiner Beschwerde zusätzlich das Unterbleiben des Widerrufs der teilbedingten Strafnachsicht.

Die Berufungen und die Beschwerde sind nicht im Recht.

Zum Angeklagten V*****:

Auch wenn die Anführung der Begehung der Tat als Bestimmungs- und Beitragstäter im Spruch verfehlt ist, so hat das Geschworenengericht die Bestimmung und den mehrfachen Tatbeitrag zutreffend als erschwerend gewertet (vgl Fabrizy in WK2 Rz 118) und damit - wie die Beschwerde letztlich selbst zugesteht - nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen. Im Übrigen ist dazu auf die Erwägungen in Erledigung des Vorbringens in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Z 13 zu verweisen.

Nach der Aktenlage kann weder von einer Unbesonnenheit gesprochen werden (vgl S 451/I, ON 23/II) noch bei einer Beute von rund 47.000 S von deren geringem Wert. Auch das als mildernd zugute gehaltene "teilweise" Geständnis relativiert sich aus der Sicht der Bestreitung der subjektiven Tatseite des Raubes (S 311/II f). Unter Berücksichtigung des Tatunwerts und der Täterpersönlichkeit ist die vom Geschworenengericht ausgemessene Freiheitsstrafe schuld- und tatangemessen. Im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit des angedrohten Vollzuges einer Freiheitsstrafe sowie der Erfolglosigkeit sonstiger Strafmaßnahmen war auch der vom Geschworenengericht ausgesprochene Widerruf zutreffend.

Zur Berufung des Angeklagten D*****:

Mit der Behauptung nicht entsprechender Berücksichtigung des Geständnisses als vollständig betreffend die Verwendung einer Spielzeugpistole, die vom Bedrohten nicht von einer echten Waffe zu unterscheiden war, ist auf den diesbezüglichen Wahrspruch der Geschworenen zu verweisen. Auch hier wurden die im Wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe richtig gewichtet, sodass ebenfalls zu einer Korrektur der Freiheitsstrafe kein Grund besteht.

Die Gewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht verbietet sich sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen.

Zur Berufung des Angeklagten G*****:

Letztlich vermag diese Berufung ebenso keine zusätzlichen mildernden Umstände darzulegen. Aus der behaupteten Alkoholisierung kann der Milderungsgrund des § 35 StGB nicht abgeleitet werden, weil der Tatplan gerade im Rahmen eines Wirtshausbesuches unter Alkoholkonsum entwickelt wurde. Ansonsten hat das Geschworenengericht - die Tatumstände und die Täterpersönlichkeit gebührend berücksichtigend, die Gefährlichkeit von Tankstellenüberfällen ins Kalkül ziehend - auch bei diesem Angeklagten den Milderungs- und Erschwerungsgründen die richtige Gewichtung zugeordnet und die Gewährung bedingter bzw teilbedingter Strafnachsicht zutreffend nicht in Betracht gezogen, sodass auch die über den Angeklagten G***** verhängte Freiheitsstrafe keiner Veränderung bedarf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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