OGH 10ObS47/02p

OGH10ObS47/02p12.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christa E*****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. November 2001, GZ 7 Rs 365/01z-118, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 2. Mai 2001, GZ 24 Cgs 77/93a-111, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 30. 5 1945 geborene Klägerin hat 1959 in Österreich eine Friseurlehre begonnen, diese jedoch 1962 ohne Abschluss wegen einer Schwangerschaft abgebrochen. 1965 ist die Klägerin nach Deutschland übersiedelt, wo sie ab 1972 als kaufmännische Angestellte und zuletzt von 1977 bis 1989 in der Bauabteilung der Stadtwerke Mannheim tätig war. Von April 1990 bis Dezember 1992 bezog die Klägerin von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Von Juli 1991 bis Dezember 1992 gewährte die beklagte Partei der Klägerin eine befristete Invaliditätspension. Mit Urteil vom 7. 12. 1995 hat das Sozialgericht Darmstadt die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente über den 31. 12. 1992 hinaus verpflichtet. Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin, ihr eine Invaliditätspension für den Zeitraum von 1. 1. 1993 bis zum 31. 12. 1998 zu gewähren, ab. Hingegen erkannte es die beklagte Partei (rechtskräftig) schuldig, der Klägerin eine Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 1. 1999 zu gewähren.

Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung der Klägerin diese Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Klagebegehrens auf Gewährung einer Invaliditätspension für den Zeitraum von 1. 1. 1993 bis 31. 12. 1998. Bei der hier maßgeblichen Beurteilung der Berufsunfähigkeit einer Angestellten sei von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den die Versicherte zuletzt ausgeübt habe. Dieser Beruf bestimme das Verweisungsfeld, d.h. die Summe aller Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen seien, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangten. Da die Klägerin unter Berücksichtigung des medizinischen Leistungskalküls bis zum Ende des Jahres 1998 auf zu ihrer bisherigen Tätigkeit vergleichbare Angestelltentätigkeiten verweisbar gewesen sei, sei bis zu diesem Zeitpunkt nach den österreichischen Rechtsvorschriften keine Berufsunfähigkeit vorgelegen. Der Einwand der Klägerin, sie habe für den Zeitraum bis 31. 12. 1998 eine Erwerbsunfähigkeitspension bezogen, sei nicht stichhältig. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist zutreffend, sodass es genügt, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Klägerin steht nach wie vor auf dem Standpunkt, es sei nicht zulässig, eine "Pensionsbezieherin" eines Staates auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eines anderen Staates zu verweisen, dies insbesondere deswegen, weil es für Pensionsbezieher keinen geeigneten allgemeinen Arbeitsmarkt mehr gebe.

Damit lässt die Klägerin aber außer Betracht, dass in der Pensionsversicherung nach den hier anzuwendenden österreichischen Rechtsvorschriften die Verweisbarkeit insofern abstrakt zu beurteilen ist, als es nicht darauf ankommt, ob es einem Versicherten tatsächlich gelingt, in einem in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen Verweisungsberuf einen konkreten Arbeitsplatz zu erlangen.

Da die im Bereich der sozialen Sicherheit auf Wanderarbeitnehmer anzuwendenden Verordnungen, insbesondere die Verordnung (EWG) des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Nr 1408/71), bloß eine Koordinierung, nicht aber eine Harmonisierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit bezwecken, hat die Beurteilung, ob die Leistungsvoraussetzungen für einen Pensionsanspruch erfüllt sind, für jeden Staat, in dem eine Leistung in Anspruch genommen wird, gesondert und unabhängig voneinander zu erfolgen. In diesem Sinn ist es geboten, bei Inanspruchnahme einer Leistung aus der österreichischen Pensionsversicherung die Verweisbarkeit unabhängig vom Wohnsitz des Versicherten nach den Verhältnissen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zu beurteilen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Stichworte