OGH 13Os180/01

OGH13Os180/0130.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lehr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Attila E***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Martina B***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. August 2001, GZ 4 b SVr 3613/01-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Martina B***** wurde, weil § 28 Abs 2 SMG in Hinsicht auf Ein- und Ausfuhr [zweiter und dritter Fall] einerseits sowie In-Verkehr-Setzen [vierter Fall] andererseits ein kumulatives Mischdelikt darstellt, der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (teils als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB; I/A/2/a und b) und nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (I/A/2/c) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat sie den bestehenden Vorschriften zuwider I. in Wien und anderen Orten (jeweils) mit Beziehung auf ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmachte,

A/2. in Hinsicht auf Heroin eines mit "Straßenqualität" (statt iS des § 28 Abs 6 SMG zur Darstellung eines - allein maßgeblichen - Verhältnisses zur Grenzmenge in [Mindest-]Prozentpunkten) bezeichneten "durchschnittlichen Wirkstoffgehaltes"

a) zwischen Herbst oder Winter 1998 bis April 2000 insgesamt rund

1.350 Gramm, großteils gemeinsam mit dem zugleich verurteilten Attila E*****, aus der Slowakei nach Österreich eingeführt;

b) in den Monaten März und April 2000 den abgesondert verfolgten Stefan P***** durch etwa zehnmalige Aufforderung dazu veranlasst, insgesamt rund 50 Gramm aus der Slowakei nach Österreich einzuführen;

c) in Wien zwischen Beginn des Jahres 1999 bis Jahresanfang 2000 "eine nicht mehr feststellbare Menge Heroin" (lt US 7 "der Großteil" des mit E***** geschmuggelten, "im Kilobereich" liegenden Suchtgiftes; s § 260 Abs 1 Z 1 StPO) gemeinsam mit E***** und in den Monaten März und April 2000 weitere 45 Gramm allein an - teils namentlich bekannte - Abnehmer in Verkehr gesetzt;

B/2. von 16. Oktober 1999 bis 18. Juli 2000 "Suchtgift" (lt US 6:

Heroin; s erneut § 260 Abs 1 Z 1 StPO) zum Eigenkonsum erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

In tatsächlicher Hinsicht ging das Schöffengericht - gerade noch deutlich genug zu erkennen (vgl insbesondere den nicht ausdrücklich auf E***** eingeschränkten Einschub im ersten Satz der US 8) und aus Z 5 erster Fall unangefochten - davon aus, dass (auch) der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) B*****s in Betreff der (einerseits aus- und eingeführten, andererseits mit E***** in Verkehr gesetzten) Gesamtmengen von vornherein auf die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt gerichtet war, wie es für die rechtliche Annahme einer so gebildeten tatbestandlichen Handlungseinheit verlangt wird (SSt 50/38 = EvBl 1980/20; zuletzt statt aller: EvBl 2000/136). Die nominell aus "Z 9 lit a iVm Z 5" des § 281 Abs 1 StPO gegen den Schuldspruch wegen Inverkehrsetzens von ca 1 Kilogramm Heroin als Mittäterin des E***** (I/A/2/c) ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Vorwurf von Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) entbehrt der deutlich und bestimmt vorgetragenen Behauptung unrichtiger Wiedergabe eines bei den Akten erliegenden Vernehmungs- oder Sitzungsprotokolls in den Entscheidungsgründen (US 8 f hinsichtlich der Feststellung der in Verkehr gesetzten Gesamtmenge, US 10 hinsichtlich der von B***** allein durchgeführten Übergaben; vgl im Übrigen die Seiten 99, 405 in Bd I sowie 17, 139, 141, 145, 147, 167, 169, 177 in Bd II). Dass auch das Erreichen von Grenz- (§ 28 Abs 6 SMG) oder Übermenge (§ 28 Abs 4 Z 3 SMG) nicht oder nur offenbar unzureichend begründet worden sei, behauptet die Mängelrüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall) mit ihrer Kritik an der Feststellung, die in Verkehr gesetzte Gesamtmenge (I/A/c) sei bei 45 Gramm zuzüglich einer jedenfalls "im Kilobereich" liegenden geschmuggelten Menge ("mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt") anzusiedeln (US 7 vorletzter Absatz; vgl auch die - aus Z 5 erster Fall nicht gerügte - Feststellung in US 7 zweiter Absatz), nicht und spricht solcherart keine entscheidende Tatsache an.

Der der Sache nach aus Z 10 erhobene Vorwurf, als "verkaufen", "zu den Abnehmern fahren", "anwesend sein" und "Geld übernehmen" bezeichnete Handlungen stellten weder unmittelbares In-Verkehr-Setzen noch psychische Unterstützung des E***** dar, übergeht den Umstand, dass die Tatrichter mit "verkaufen" nicht bloß einen Rechtstitel angesprochen, vielmehr iS der allgemeinen Bedeutung des Wortes auf der Tatsachenebene zum Ausdruck gebracht haben, dass die Beiden solcherart - bei der Weitergabe des Suchtgiftes gewollt arbeitsteilig zusammenwirkend (vgl Fabrizy in WK2 § 12 Rz 26) - den Abnehmern das Heroin "gegen Zahlung einer bestimmten Summe als Eigentum überließen" (vgl § 1053 ABGB). So übergab B*****, "wenn E***** keine Zeit hatte, zu den Abnehmern zu fahren", das Heroin allein. Demnach bloß zur Illustration des gemeinsamen Wollens weisen die Entscheidungsgründe auf die gemeinsamen Fahrten, die Anwesenheit B*****s, "wenn das Heroin und das Geld (teilweise sogar in ihrer Wohnung) aufgeteilt wurden" und die Übernahme geschuldeter Geldbeträge für E***** hin (US 7), ohne damit zum Ausdruck zu bringen, dass sich ihre Mitwirkung in diesen Handlungen erschöpfte, diese also nicht dazu dienten, das (bereits gelungene) In-Verkehr-Setzen, sei es durch unmittelbare Übergabe von Teilmengen, sei es durch Unterstützung des E*****, zu fördern.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

Stichworte