OGH 14Os132/01

OGH14Os132/0129.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2002 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen DI Dr. Peter P***** ua wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josef W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 13. Juni 2001, GZ 60c Vr 1.493/00-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Josef W***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) Josef W***** des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 2 StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er dazu beigetragen, dass die Verantwortlichen der in der ARGE S 7 vertretenen Baugesellschaften, Franz G*****, DI Dr. Peter P***** und Johann W*****, im März 1997 in Wien vergabeberechtigte Organe der Ö***** durch die Vorspiegelung, den für die Vergabe von Bauarbeiten bei der Errichtung der Schnellbahnstrecke S 7 von den Bietern gelegten Anboten läge eine redliche Kalkulation durch jeden Anbotsleger selbst zu Grunde und das von der ARGE S 7 gelegte Anbot sei das im freien Wettbewerb günstigst erzielbare, obwohl in Wahrheit Mitarbeiter der in der ARGE S 7 vertretenen Unternehmen auch die Angebote von Mitbietern miterstellt und so abgefasst hatten bzw diese zumindest so abgesprochen waren, dass die ARGE S 7 trotz des um drei Millionen Schilling überhöhten Preises Billigstbieter war (Bieterabsprache) zur Auftragserteilung an die ARGE S 7 zu verleiten trachteten, indem er in St. Pölten als Prokurist der Firma T***** sich gegen eine Abstandszahlung von 500.000 S bereit erklärte, namens der genannten Firma ein höheres Anbot als die ARGE S 7 zu legen, wobei sein Vorsatz auf die Herbeiführung eines 25.000 S, nicht aber 500.000 S übersteigenden Schadens gerichtet war (US 17).

Zu Unrecht rügt die Beschwerde (Z 3) die Verlesung der "Ing. H***** Liste" als Umgehung des - in der Hauptverhandlung in Anspruch genommenen - Entschlagungsrechtes (§ 152 Abs 3 StPO) des Zeugen Ing. H*****. In diesem Schriftstück hatte der Genannte das Ergebnis der Besprechung zwischen den Angeklagten DI Dr. P*****, W***** und G***** vom 25. Mai 1997 über deren Absprache zur Begehung des Submissionsbetrugs aufgezeichnet. Solcherart handelt es sich nicht um ein "gerichtliches oder sonstiges amtliches Protokoll" im Sinne des § 252 Abs 1 StPO, sondern um "ein Schriftstück anderer Art, das für die Sache von Bedeutung ist", dessen Verlesung § 252 Abs 2 StPO ausdrücklich vorschreibt.

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung von Beweisanträgen (S 6 f/IV) wurden keine Verteidigungsrechte (Z 4) verletzt.

Der Antrag auf Beischaffung des Verfassungsgerichtshofserkenntnisses G 110, 111/99 zum Beweis dafür, dass die von der Ö***** durchgeführte Form der Ausschreibung rechtswidrig und verfassungswidrig war und "zwingend eine öffentliche Ausschreibung mit Vergabe nach dem Bestbieterprinzip durchzuführen" gewesen wäre, hätte eines Vorbringens dahin bedurft, welche Auswirkungen ein allfälliger Verstoß der Ö***** gegen Vergabevorschriften auf die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers haben sollte. Im Übrigen betrifft das Beweisthema eine reine Rechtsfrage, über die kein Beweis aufzunehmen ist.

Der Antrag auf Einholung eines Bausachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass das von der ARGE S 7 gelegte Anbot das "Bestbieteranbot" war, betraf kein für die Entscheidung der Sache bedeutsames Beweisthema, weil den Angeklagten versuchter Betrug durch Abgabe überhöhter Anbote auf Grund Bieterabsprachen vorgeworfen wurde und der Umstand, dass das Anbot der ARGE S 7 das relativ beste war, nicht in Frage steht.

Ein Bausachverständigengutachten hatte der Beschwerdeführer auch zum Beweis dafür beantragt, dass die Auftragsvergabe an die ARGE S 7 nicht zu einem den zulässigen hypothetischen Wettbewerbspreis übersteigenden Betrag erfolgte, zumal "unterpreisige" Anbote zwingend ausgeschieden hätten werden müssen. Um dem Beweisantrag näher zu treten, hätte es zunächst eines Vorbringens dahin bedurft, nach welchen Kriterien ein Anbot als "unterpreisig" zu beurteilen und aus welchen Gründen ein solches Anbot auszuscheiden gewesen wäre. Weiters hätte der Beschwerdeführer vorbringen müssen, aus welchen Gründen ein Preis unter dem Vergabepreis von 51,7 Millionen Schilling "unterpreisig" gewesen wäre, zumal nach den bereits vorliegenden Ergebnissen des Beweisverfahrens seitens der ARGE-Mitglieder Kostenschätzungen über 41,8 Millionen bzw 48 Millionen Schilling vorlagen (US 13 f).

Weil ein Beitrag zum Submissionsbetrug auch durch Abgabe eines redlich kalkulierten Anbotes geleistet werden kann, betrifft das dazu begehrte Gutachten eines Bausachverständigen keine entscheidende Tatsache.

Mit der Mängelrüge (Z 5) vermag der Beschwerdefüher keine formellen Feststellungsmängel hinsichtlich entscheidender Tatsachen aufzuzeigen.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Urteilsausführung richtet, dass die Angeklagten DI Dr. P*****, G***** und W***** wussten, dass sie nahezu Vollschutz hatten (US 15), bezieht sie sich nicht auf den Ausspruch über eine für den Schuldspruch des Beschwerdeführers entscheidende Tatsache, sondern um ein Argument der Beweiswürdigung für das Handeln anderer Angeklagten, welches das Erstgericht (schlüssig) daraus ableitete, dass zumindest die größeren Firmen kontaktiert bzw "gekauft" worden waren (US 18).

Gleichfalls keine für den Beschwerdeführer entscheidende Tatsache ist der auf einen Schaden von über drei Millionen Schilling gerichtete Vorsatz der drei vorgenannten Mitangeklagten (US 15). Abgesehen davon ist diese Feststellung wohl begründet (US 21 ff). Bezüglich des Angeklagten W***** hat das Erstgericht ohnedies bloß den auf Herbeiführung eines 25.000 Schilling jedenfalls übersteigenden Schadens gerichteten Vorsatz konstatiert (US 17).

Eine Feststellung, dass andere Anbieter in Kenntnis des Anbots des sogenannten Bestbieters überhöhte Angebote oder gar kein Angebot abgaben, hat das Erstgericht in dieser Form gar nicht getroffen. Die gerügte Feststellung betraf ausdrücklich nur den Vorsatz der Angeklagten DI Dr. P*****, G***** und W***** (US 15). Die eine Kenntnis der anderen Mitbieter von der Höhe des Angebotes der ARGE S 7 abstreitende Rüge geht daher ins Leere.

Der Beschwerde zuwider ist dem Erstgericht bei der Feststellung des Schädigungsvorsatzes des Josef W***** (US 17) keine Unvollständigkeit unterlaufen. Vielmehr ist das Erstgericht detailliert auf die Verantwortung des Angeklagten W***** eingegangen (US 16 f, 26 f). Dabei setzte es sich auch mit dem Umstand auseinander, dass er selbst die Angebotssumme zwar mit 68 bis 70 Millionen Schilling grob geschätzt hatte, ihm auf Grund des Gespräches mit dem Angeklagten W***** (insbesondere der Zusage einer Abstandszahlung von 500.000 Schilling) aber klar war, durch Abgabe eines Angebotes über 66 Millionen Schilling die ARGE S 7 bei der Erlangung des Auftrages zu einem überhöhten Preis zu unterstützen. Soweit der Beschwerdeführer gegen die Argumentation des Erstgerichtes ankämpft, erschöpft sich sein Vorbringen in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Nach Prüfung des Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5a) ergeben sich für den Obersten Gerichtshof aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) negiert den festgestellten Tatbeitrag, der in der mit Schädigungsvorsatz erfolgten Zusage der Legung eines bei 66 Millionen Schilling liegenden Anbotes bestand und den Haupttätern die Überhöhung ihres Anbotes ermöglichte und verfehlt solcherart den notwendigen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit die prozessordnungsgemäße Darstellung des materiellen Nichtigkeitsgrundes.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), mit der - unter Bezugnahme auf die Argumentation zur Rechtsrüge - die rechtliche Beurteilung der Tat als Vergehen der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung angestrebt wird.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) richtet sich gegen die Nichtanwendung des § 37 StGB. Eine offenbar unrichtige Beurteilung einer für die Strafbemessung entscheidenden Tatsache bzw einen unvertretbaren Verstoß gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung vermag der Beschwerdeführer mit seinem einen "Irrtum" des Erstgerichtes in den Raum stellenden Vorbringen nicht aufzuzeigen.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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