Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Qualifikation des unter A/I bezeichneten Suchtgiftverbrechens nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG sowie im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG (Punkt A/III) und demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung und der den Angeklagten Johannes K***** betreffenden Verlängerung der Probezeit aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Johannes K***** und Johanna A***** der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (A/I) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB (B) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG (A/II) und nach § 28 Abs 1 SMG (A/III) schuldig erkannt.
Darnach haben sie
A) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in Klagenfurt und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider
I. von 1999 bis Ende November 2000 Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Verkehr gesetzt, und zwar
1. "mindestens 660 Gramm Kokain durch wiederholte regelmäßige Verkäufe unter anderem an Markus M*****, Hermann W*****, Michael S*****, Albin P***** sowie zahlreiche nicht ausgemittelte Personen, wobei sie das Kokain zuvor anlässlich zahlreicher regelmäßiger, nahezu wöchentlicher deals unter anderem von Werner D***** und Erich K***** sowie weiteren nicht näher bekannten Personen erworben haben";
2. etwa 100 Gramm Cannabisharz durch zwei Verkäufe an den gesondert verfolgten Markus M*****;
II. von 1999 bis Ende November 2000 Suchtgift, nämlich insgesamt rund 330 Gramm Kokain und Ecstasy in Tablettenform, anlässlich des nahezu täglichen gemeinsamen Konsums "außer den Fällen des § 28 SMG" erworben und besessen;
III. am 1. Dezember 2000 Suchtgift in einer großen Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, nämlich "den überwiegenden Teil der bei ihnen sichergestellten 28,4 Gramm Kokain";
B) am 14. Juli 2001 und am 8. August 2001 in Klagenfurt die Polizeibeamten BI Artur L*****, BI Horst K*****, BI Georg P***** und GI Klaus M***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass sie als Angeklagte in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Klagenfurt behaupteten, die genannten Beamten hätten sie anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme als Verdächtige vor der Polizei unter Druck gesetzt, wahrheitswidrige, tatsächlich "nicht getätigte fiktive Angaben" in den Vernehmungsprotokollen festgehalten, trotz mehrmaliger Urgenz keine Aus- bzw Verbesserung der Protokolle vorgenommen bzw vornehmen lassen und sie unter Androhung der Haft zur Unterfertigung der Vernehmungsprotokolle gedrängt, mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB falsch verdächtigt, wobei sie wussten, dass die Verdächtigungen falsch waren.
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen von den Angeklagten aus den Gründen der Z 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Der Beschwerde (Z 5a) zuwider ergeben sich für den Obersten Gerichtshof im Hinblick auf die detailreichen und übereinstimmenden Geständnisse der beiden Angeklagten vor der Polizei S 51 ff und 99 f/I, die durch die dortigen Angaben des Zeugen M***** (S 95 f/I) sowie eine Zahlungsüberweisung an einen der Kokainlieferanten (D*****) gestützt werden, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zum Tatgeschehen.
Soweit sich die Tatsachenrüge und die - prozessordnungswidrig vom Urteilssachverhalt abweichende - Subsumtionsrüge (Z 10) gegen die Verneinung der Suchtmittelgewöhnung richten, genügt der Hinweis darauf, dass sie keinen entscheidenden Umstand betreffen, weil das Schöffengericht davon ausging, dass die Angeklagten mit den durch die Taten erzielten Einnahmen "ihren aufwendigen Lebensstil (Audi A6 Avant, Nachtleben ...)" finanzierten (US 21), sodass ihnen die Privilegierung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG schon aus diesem Grund nicht zukam.
Allerdings haften dem Urteil - wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zur Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgründe an:
Die Absicht, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von jeweils sukzessive zu erreichenden (vgl Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28-31 Rz 107) großen Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hat das Schöffengericht - ungeachtet des diese Qualifikation indizierenden regelmäßigen Verkaufes einer an die "Übermenge" [§ 28 Abs 4 Z 3 SMG - US 23] heranreichenden Gesamtsuchtgiftmenge über einen längeren Zeitraum - nicht festgestellt. Die Unterstellung der unter A/I bezeichneten strafbaren Handlungen auch unter § 28 Abs 3 erster Fall SMG ist daher mit der von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet.
Gleiches gilt für den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG (A/III). Denn die Konstatierung, wonach die Angeklagten 17 +/- 0,9 Gramm reines Kokain mit dem Vorsatz besaßen, dass "der überwiegende Teil" in der Folge in Verkehr gesetzt werde, lässt offen, ob sich der Vorsatz der Täter auf eine tatbestandsessentielle große Menge (§ 28 Abs 6 SMG) bezog.
Die Nichtigkeitsbeschwerden konnten daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden (§ 285d Abs 1 StPO). Im Übrigen war spruchgemäß zu verfahren.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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