Spruch:
Der Hausdurchsuchungsbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Juli 2000, GZ 22 d Vr 5.938/00-2, verletzt insoweit, als er keine substantiierte Begründung enthält, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 139 Abs 1, 140 Abs 1 bis Abs 3 StPO.
Text
Gründe:
Im oben bezeichneten Verfahren beantragte die Staatsanwaltschaft Wien am 20. Juli 2000 beim Landesgericht für Strafsachen Wien vorerst mündlich unter Bezugnahme auf eine telefonische Mitteilung des Bezirkspolizeikommissariates Hietzing, deren - laut S 105 aus S 27 bis 103 hervorgehender - Inhalt nur bruchstückhaft - unter Auslassung von zusätzlichen Verdachtsmomenten (S 103) - im Amtsvermerk des Journalstaatsanwaltes S 1 festgehalten ist, die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehls gemäß §§ 139 ff StPO für die Räumlichkeiten des Johannes B***** in *****, wegen Verdachtes des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB zwecks Sicherstellung von "Beweismaterial wie Computer und Schreibmaterial" (S 105).
Noch am selben Tag erließ der Journalrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zunächst fernmündlich (S 105) den Hausdurchsuchungsbefehl, dessen Ausfertigung (ON 2) dem Bezirkspolizeikommissariat Wien-Hietzing bereits am Morgen des 21. Juli 2000 zukam (S 105a bzw 119a ff). Darin wies er dieses Kommissariat an, in den bezeichneten Räumlichkeiten des Johannes B***** .. eine Hausdurchsuchung zum Zwecke der Auffindung und Beschlagnahme von Gegenständen, deren Besitz oder Besichtigung für das gegenständliche Strafverfahren von Bedeutung sein könnte, vorzunehmen". Diese Gegenstände wurden dabei pauschal als "Beweismittel" bezeichnet. Überdies erging der Auftrag, von einer vorausgehenden Vernehmung des Beteiligten gemäß § 140 Abs 2 StPO abzusehen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Johannes B***** verdächtig sei, in Wien DI Gyula J***** mittels eines Drohbriefes zur Bezahlung eines Betrages von S 100.000,-- zu nötigen versucht zu haben; im Übrigen berief sich das Gericht auf die Bestimmungen der §§ 139 ff StPO.
Bei den erst am 23. Juli 2000 in Anwesenheit des Johannes B***** durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden in einer seiner Wohnungen ein Laserdrucker und zwei Festplatten sichergestellt (S 109 ff). Am 12. August 2000 erhielt er diese Depositen zurück (S 185); am 9. April 2001 wurde das Verfahren eingestellt (S 3 f verso).
Rechtliche Beurteilung
Der Hausdurchsuchungsbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Wien steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Abgesehen von der sich allgemein auch auf Beschlüsse erstreckenden Pflicht des Gerichtes zur ausreichenden Begründung (grundlegend Harbich RZ 1977, 142 ff; s auch Foregger/Fabrizy StPO8 § 270 Rz 16; SSt 34/47; EvBl 1964/98, 1987/98) ergeben sich aus §§ 139 f StPO spezielle Begründungserfordernisse für den richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl. Danach sind die wesentlichen Umstände darzutun, die der Erlassung der Zwangsmaßnahme zugrundeliegen, im vorliegenden Anwendungsfall insbesondere auch der die Voraussetzung für sie bildende gegründete Verdacht dahin, dass sich in der von der Durchsuchung betroffenen Wohnung Gegenstände befinden, deren Besitz oder Besichtigung für die Untersuchung von Bedeutung sein kann (§ 139 Abs 1 StPO).
Allein aus dem im Tenor der angefochtenen Verfügung allgemein angegebenen Zweck der Hausdurchsuchung, nämlich Auffindung und Beschlagnahme von Beweismitteln, deren Besitz oder Besichtigung für das Strafverfahren von Bedeutung sein könnte, im Zusammenhalt mit dem allgemeinen Hinweis auf "Beweismittel" und dem unter der Überschrift "Begründung" äußerst knapp umschriebenen Tatverdacht ist nicht einmal mit hinreichender Deutlichkeit zu ersehen, wonach gesucht werden soll. Damit wurde der gesetzlichen Begründungspflicht nicht ausreichend Rechnung getragen.
Vielmehr hätte eine mängelfreie Begründung unter anderem erfordert, dass - wie der Generalprokurator zutreffend bemängelt - sich aus ihr erkennbar ergibt, welche Gegenstände man in der zu durchsuchenden Wohnung zu finden erhoffte, von denen erwartet werden konnte, dass sie für die Aufklärung der Strafsache von Bedeutung sind. Dabei wären auch diese beiden letztgenannten Erwartungen an die Durchsuchung bzw an die zu findenden Gegenstände - soweit sie sich nicht ohnehin schon aus der Sachlage ergeben hätten - in der Begründung darzulegen gewesen. Nur mit einer dahin ausreichenden Begründung wäre die notwendige Überprüfbarkeit des Hausdurchsuchungsbefehles gewährleistet und der durch die Durchsuchung eingeschränkte Rechtsunterworfene auch in den Stand versetzt worden, die Zwangsmaßnahme von vornherein durch die gesetzlich vorgesehene freiwillige Mitwirkung (§§ 140 Abs 1 und 143 Abs 2 StPO) entbehrlich zu machen.
Im Übrigen ist eine Durchsuchung in der Regel nur nach vorangegangener Vernehmung dessen zulässig, bei oder an dem sie vorgenommen werden soll, und erlaubt das Gesetz nur bei übelberüchtigten Personen, sowie dann, wenn Gefahr im Verzug ist oder wenn die Durchsuchung von dem Publikum offenstehenden Räumlichkeiten vorgenommen wird, von dieser Vernehmung abzusehen (§ 140 Abs 1 und Abs 2 StPO). Auch dafür fehlt - wie der Generalprokurator abermals zutreffend kritisiert - der angefochtenen Verfügung jeder begründende Hinweis.
Durch den Mangel des bekämpften Hausdurchsuchungsbefehles an einer substantiierten Begründung im angeführten Sinne ist daher das Gesetz in der Bestimmungen der §§ 139 Abs 1, 140 Abs 1 bis Abs 3 StPO verletzt.
Die Gesetzesverletzung war festzustellen; zu einer Maßnahme nach § 292 letzter Satz StPO sah sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht veranlasst.
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