OGH 4Ob293/01v

OGH4Ob293/01v29.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner R*****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei O*****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Gottfried Korn und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 18.894,94 EUR) und 2.180,19 EUR sA, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. September 2001, GZ 4 R 176/01h-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8. Juni 2001, GZ 38 Cg 60/99f-32, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Keinem der Rechtsmittel wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Übersetzer und hat unter anderem die von T. C. Boyle verfassten Werke "Riven Rock" und "América" ins Deutsche übertragen. Die Beklagte hat am 14. 3. 1999 im Hörfunk-Programm Ö1 von 18.15 Uhr bis 19.00 Uhr ein Literaturfeature über den Schriftsteller T.C. Boyle gesendet. Im Rahmen dieser Sendung wurden Zitate aus den beiden genannten Werken des Schriftstellers verlesen, und zwar die Seiten 11 bis 12 und 388 bis 389 aus dem Buch "América" sowie die Seiten 73 bis 75, 98 bis 99, 225 bis 226 und 563 bis 564 aus dem Buch "Riven Rock". Bezogen auf die Gesamtdauer der Sendung machten diese Zitate etwa ¼ der gesamten Sendezeit aus. Der Kläger wurde in der Sendung nicht als Übersetzer der genannten Werke genannt. Er hat die geltend gemachten Ansprüche nicht vertraglich an Dritte abgetreten. In Österreich bestehen Gewohnheiten und Gebräuche iS einer Verkehrssitte, wonach bei einem Literaturfeature die Nennung des Übersetzers von Zitaten nicht erfolgt.

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten

a) zur Unterlassung, Werke des Klägers, und zwar die vom Kläger aus dem Englischen ins Deutsche übersetzten Romane von T. Coraghessan Boyle "Riven Rock" und "América" (beide im Hanser Verlag 1996 bzw 1998 erschienen) oder Teile davon durch Rundfunk zu senden, wenn nicht gleichzeitig eine entsprechende Urheberbezeichnung gemäß §20 UrhG erfolgt; in eventu,

die nachstehenden Werke des Klägers, und zwar die vom Kläger aus dem Englischen übersetzten Romane, T.C. Boyle "Riven Rock" (deutsche Ausgabe Seiten 73 bis 75, 98/99, 225/226 und 563/564) und "América" (deutsche Ausgabe Seiten 11/12, 388/389) durch Rundfunk zu senden, wenn nicht gleichzeitig eine entsprechende Urheberbezeichnung gemäß §20 UrhG erfolgt;

b) zur Zahlung von 30.000 S sA.

Bei Ausstrahlung der Radiosendung habe die Beklagte das Namensrecht des Klägers nach § 20 UrhG und § 57 Abs 4 UrhG verletzt, weil nicht angeführt worden sei, dass die durch die Sendung genutzten Übersetzungen des Klägers, die ein Werk iSd § 1 UrhG seien, von diesem stammten. Der Kläger habe daher Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz gem § 87 UrhG, den er pauschal in Höhe von 30.000 S begehre, zumal es sich um einen gravierenden Verstoß gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht handle.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt die Aktivlegitimation des Klägers und wendete ein, dass das Unterlassungsbegehren, das sich stets am konkreten Verstoß zu orientieren habe, zu weit gefasst sei. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein sogenanntes "kleines Zitat" gemäß § 46 Z 1 UrhG. Gemäß § 57 Abs 4 UrhG könne in diesem Fall nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eine Quellenangabe unterbleiben. Bei Literaturfeatures würde von allen Rundfunkanstalten im gesamten deutschen Sprachraum bei bloß auszugsweiser Zitierung niemals der Übersetzer genannt. Ein Schadenersatzanspruch bestehe nicht. Die bloße Verletzung des Rechts auf Herstellerbezeichnung gewähre weder einen Anspruch auf angemessenes Entgelt, noch auf Zahlung des doppelten Betrags gemäß § 87 Abs 3 UrhG. Darüber hinaus mangle es an Verschulden, weil die Vorgangsweise der Beklagten den Gepflogenheiten aller deutschsprachigen Rundfunkanstalten entspreche. Das Erstgericht wies das Eventualbegehren zu a) sowie das Zahlungsbegehren ab; über das Hauptbegehren zu a) sprach es nicht ab. Es beurteilte die hier betroffenen Übersetzungen des Klägers als Werk iSd § 1 UrhG. Nach § 46 Z 1 UrhG sei die Anführung einzelner Stellen eines veröffentlichten Sprachwerkes zulässig. Die Frage, ob eine Quellenangabe unterbleiben könne, sei nach § 57 Abs 4 UrhG nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen zu beurteilen. Im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt sei die in Österreich geltende Gewohnheit, bei Literaturfeatures den Übersetzer von Zitaten nicht zu nennen, auch deshalb als redlich zu erachten, weil zu viele Quellenangaben bei der Kunstform des Feature nicht dem typischen Geschmack der Hörer entspräche. Da die Beklagte im Rahmen der in Österreich geltenden Verkehrssitte gehandelt habe, bestehe der Anspruch des Klägers nicht zu Recht; die Nennung der Urheberbezeichnung sei im konkreten Fall nicht notwendig gewesen. Das Berufungsgericht wies das Hauptbegehren zu a) ab und gab dem Eventualbegehren zu a) statt; im Übrigen hob es das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision sowie der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Redlichkeit der Nichtnennung von Übersetzern im Fall des § 46 Z 1 UrhG im Rundfunk fehle. Entscheidend sei, ob die - unbekämpft festgestellte - Verkehrssitte, wonach bei Literaturfeatures der Übersetzer von Zitaten nicht genannt werde, den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen entspreche, also als redlich zu beurteilen sei. Die Aufgabe der Quellenangabe liege zum einen in ihrer Kontrollfunktion, zum anderen aber in der werbenden Wirkung für das benützte Werk als Gegenleistung für die freie Werknutzung. Die Nennung des Namens des Übersetzers von zwei Werken eines Autors, aus denen nicht weniger als neun Seiten vorgelesen worden seien, wäre für den Übersetzer dieser Werke von erheblicher Werbewirksamkeit gewesen. Auch wäre es mit keinem Nachteil für die Beklagte verbunden gewesen, wenn sie - etwa im Nachspann der strittigen Sendung - auf den Kläger als Übersetzer der verlesenen Buchauszüge hingewiesen hätte; diese nur wenige Sekunden dauernde Namensnennung des Klägers hätte in einer 45 Minuten langen Sendung keinen nennenswerten Aufwand bedeutet. Die Namensnennung des Übersetzers im Vorspann oder Nachspann einer Sendung wäre auch von keinem Hörer als störend empfunden, sondern wohl eher mit Interesse registriert worden. Dass der Beklagten solche Grundsätze nicht fremd seien, ergebe sich aus der von ihr nicht bestrittenen internen Mitteilung vom 14. 6. 1989 (Beilage ./F), in der es unter anderem heiße, in literarischen Sendungen, in denen Arbeiten von Übersetzern verwendet würden, seien "diese Übersetzer ebenso abzusagen wie etwa Autoren oder Sprecher". Die Gewohnheit der Beklagten, in Literatursendungen, in denen aus Übersetzungen in einem Ausmaß wie in der strittigen Rundfunksendung zitiert werde, den Übersetzer nicht zu nennen, sei daher als unredlich zu qualifizieren und ein Indiz für die weitverbreitete Missachtung der Übersetzer, die ohnehin als "Paria" im Literaturbetrieb angesehen würden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision und der Rekurs der Beklagten sind zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Urheberbezeichnung bei Rundfunksendungen im Fall des § 46 Z 1 UrhG nicht besteht; die Rechtsmittel sind nicht berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass die Entscheidung von den Feststellungen, die das Berufungsgericht auf Grund der Beilage ./F getroffen hat, nicht abhängt; auf die von der Beklagten in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens muss daher nicht eingegangen werden.

Die Beklagte bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, die festgestellte Verkehrssitte sei unredlich; weil das Namensnennungsrecht nicht nur abdingbar sei, sondern in der Praxis auch sehr häufig abbedungen werde, was ganz allgemein dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht widerspreche, sei es nicht sittenwidrig, bei Zitaten im Rahmen von Literaturfeatures den Namen des Übersetzers nicht zu nennen. Auch könne eine der Normalsituation in Deutschland entsprechende Verkehrssitte in Österreich nicht unredlich sein. Dazu ist zu erwägen:

Gem § 5 Abs 1 UrhG werden Übersetzungen und andere Bearbeitungen, soweit sie eine eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters sind, unbeschadet des am bearbeiteten Werk bestehenden Urheberrechts, wie Originalwerke geschützt. Im Regelfall ist jede von einem Menschen erstellte Übersetzung eine Bearbeitung, weil die Übertragung in eine andere Sprache aufgrund der idiomatischen Verschiedenheiten - von ganz außergewöhnlichen Fällen abgesehen - eine individuelle Leistung des Übersetzers erfordert, es sei denn, dass es sich um einfachste Texte handelt (Nordemann/Vinck in Fromm/Nordemann, dUrhG9 § 3 Rz 5; in diesem Sinne auch Noll, Handbuch zum Übersetzungsrecht und Übersetzer-Urheberrecht 68, der nur routinemäßigen Wort-für-Wort-Übersetzungen als bloß mechanische Formänderung ausnahmsweise den Werkcharakter abspricht). Vereinfacht wird man mit Dittrich (Zum Urheberrechtsschutz von Übersetzungen, UFITA 100, 139ff, 163; diesem folgend Ciresa, UrhG § 5 Rz 25) sagen können, dass als Normalfall die Übersetzung eines geschützten Textes (Werkes oder Werkteils) selbst geschützt ist (idS auch SZ 69/283 = MR 1997, 93 [Walter] = ÖBl 1997, 256 - Head-Kaufvertrag; dies noch offenlassend ÖBl 1978, 54 - Evviva Amico). Zutreffend haben deshalb hier die Vorinstanzen und die Parteien nicht in Zweifel gezogen, dass den vom Kläger geschaffenen deutschen Übersetzungen der von T. C. Boyle verfassten Roman-Werke "Riven Rock" und "América" im Ganzen und in wesentlichen Teilen Urheberrechtsschutz zukommt.

Gem § 20 Abs 1 UrhG bestimmt allein der Urheber, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist. Diese Begünstigung des Urhebers durch das Gesetz rechtfertigt sich nicht nur aus der persönlichkeitsrechtlichen Struktur des Nennungsrechts, sondern auch aus der Tatsache, dass Ruf und Ansehen des Urhebers von der Verbindung seines Namens mit einem bestimmten Werk oft entscheidend abhängen (Hertin in Fromm/Nordemann aaO § 13 Rz 9). Das Recht auf Namensnennung ist verzichtbar. Wenn auch in bestimmten Bereichen (zB bei angestellten Werbegrafikern) ein Verzicht auf die Namensnennung als Urheber anzunehmen ist, kann dies nicht dazu führen, dass eingerissene Unsitten der Verschweigung des Urhebernamens zur branchenüblichen und damit als stillschweigend vereinbart geltenden Verkehrssitte wird (Dillenz, UrhG 72).

Für bestimmte Fälle der freien Werknutzung, darunter auch jenen der Rundfunksendung von einzelnen Stellen eines veröffentlichten Sprachwerks (§ 46 Z 1 UrhG), ordnet die Sondervorschrift des § 57 Abs 4 UrhG an, dass die Zulässigkeit der Unterlassung einer Quellenangabe (wie die Nennung des Urhebers) nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen zu beurteilen ist. Nach den Materialien (EB 1936, abgedruckt bei Ciresa aaO § 57 Rz 6) wird die Pflicht zur Quellenangabe bei ohne Einwilligung des Urhebers zulässigen Rundfunksendungen regelmäßig zu bejahen sein. Für die Verpflichtung zur Quellenangabe in anderen Fällen stellt der Gesetzgeber auf das schutzbedürftige Interesse des Urhebers daran ab, dass durch die Quellenangabe der Titel des benutzten Werks bekanntgegeben und auf dessen Schöpfer aufmerksam gemacht wird, und wägt demgegenüber ab, ob die Anführung der Quelle auf nennenswerte Schwierigkeiten stößt (EB 1936 aaO Rz 7).

In der Bundesrepublik Deutschland bestimmt § 63 Abs 2 dUrhG, dass bei der zulässigen öffentlichen Wiedergabe eines Werkes (worunter auch Sendungen im Hörfunk fallen) die Quelle dann deutlich anzugeben ist, wenn und soweit die Verkehrssitte es erfordert. Lässt sich daher eine allgemeine Übung im aufgezeigten Sinn nicht mit Sicherheit feststellen, so besteht keine Verpflichtung zur Quellenangabe; die Beweislast für das Bestehen einer Verkehrssitte in diesem Sinn trägt demnach hier der Urheber, was in der Lehre als unbefriedigend und angesichts des sonstigen Bemühens des Gesetzgebers, die Rechtsstellung des Urhebers zu verbessern, als unverständlich beurteilt wird (Vinck in Fromm/Nordemann aaO § 63 Rz 2). Ist es - wie sich aus dem im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten ergibt - in Deutschland nicht üblich, in Literatursendungen die Namen von Übersetzern zu nennen, so müssten demnach Übersetzer mit dem Begehren auf Namensnennung mangels Bestehens einer entsprechenden Verkehrssitte scheitern.

Nach österreichischem Recht hingegen bedarf die Unterlassung einer Quellenangabe der Rechtfertigung durch die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§ 57 Abs 4 UrhG). Der Begriff der "im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche" (§ 57 Abs 4 UrhG) entspricht jenem der "Übung des redlichen Verkehrs" (der Verkehrssitte; § 914 ABGB). Redlich ist eine Verkehrssitte, wenn sie den Grundsätzen von Treu und Glauben ("bona fides") entspricht. Sie darf nicht zwingendem Gesetz, der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten widerstreiten (Gschnitzer in Klang IV/1, 407). Als unredlich und missbräuchlich (und deshalb unbeachtlich: JBl 1970, 201 ua) sind Verkehrssitten anzusehen, die eine Seite unbillig benachteiligen, könnten sie auch im Wege der Vereinbarung noch zum Vertragsinhalt gemacht werden (Rummel in Rummel, ABGB² § 914 Rz 16). Bei Beurteilung, was der redlichen Übung entspricht, kommt es entscheidend auf den Geschäftszweck an (MietSlg 24.091).

Bei Auslegung des § 57 Abs 4 UrhG ist demnach (ebenso wie in der Frage, ob auf das Namensnennungsrecht des Urhebers infolge Branchenübung stillschweigend verzichtet wurde: BGH in GRUR 1995, 671 - Namensnennungsrecht des Architekten) eine Abwägung der Interessen des Urhebers mit jenen des zur freien Werknutzung Berechtigten nach dem Verständnis loyaler, den Belangen des Urhebers mit Verständnis gegenübertretenden, billig und gerecht denkenden Benutzern (Vinck aaO § 63 Rz 2) geboten und danach zu beurteilen, ob dem freien Werknutzer neben der Nennung des Autors/Verlags auch die Nennung des Namens des Übersetzers von in einer Rundfunksendung verlesenen Roman-Zitaten zumutbar ist.

Die Pflicht zur Quellenangabe bei Werknutzung durch Dritte - zumal bei gesetzlich gestatteten, vom Rechtsinhaber mithin im Ergebnis hinzunehmenden Verwertungen - steht im Zusammenhang mit § 20 UrhG, der dem Werkschöpfer die (urheberpersönlichkeitsrechtliche) Befugnis sichert, als Urheber anerkannt zu werden. Diese Anerkennung gebührt ihm aufgrund seiner Leistung; im übrigen dient sie der Redlichkeit im Bereich des geistigen Schaffens, wird doch tagtäglich vielfach durch Übernahme fremden Geistesguts ohne Angabe dessen, dem die Ehre der Urheberschaft in Wahrheit gebührt, gegen diese Redlichkeit verstoßen (Vinck aaO § 63 Rz 1). Nach Peter (UrhG § 57 FN 14) hat eine Quellenangabe im Rahmen des § 57 UrhG grundsätzlich die Aufgabe, eine Überprüfung zu ermöglichen (Kontrollfunktion) und durch ihre werbende Wirkung für das benutze Werk eine Gegenleistung für die freie Werknutzung zu erbringen (Werbefunktion). Ob der Urheber - wie hier nach seinen Behauptungen der Kläger - in der Branche schon bekannt ist oder nicht, spielt in diesem Zusammenhang (entgegen der Auffassung der Beklagten) keine Rolle, bedarf doch auch ein bereits geschaffener Ruf zu seiner Aufrechterhaltung der steten Verfestigung. Diesen begründeten Interessen des Urhebers, namentlich genannt zu werden, kann - im Einzelfall - etwa dann nicht Rechnung getragen werden, wenn eine Urheberbezeichnung im Rahmen der Nutzungsbefugnis eines Dritten möglicherweise störend wirkt (Gass in Möhring/Nicolini, dUrhG² § 63 Rz 25) oder wenn sie technisch nicht möglich oder sozial inadäquat wäre (Hertin aaO Rz 9, der schutzfähige akustische Pausenzeichen, Werbeslogans oder bestimmte Fälle der Multimedia-Nutzung als Beispiele anführt; ähnlich Dietz in Schricker, dUrhG² § 63 Rz 12, wonach in den von ihm angeführten Beispielsfällen öffentlicher Wiedergabe eine Verkehrssitte, die ein Gebot zur Quellenangabe zum Inhalt hat, schon aus technischen Gründen kaum je entstehen könne).

Die Beklagte gesteht selbst zu, dass die vom Kläger gewünschte Nennung als Übersetzer von verlesenen Romanzitaten anlässlich einer Rundfunksendung eine "an sich leicht wahrzunehmende Möglichkeit" ist, und kann selbst kein einziges Argument dafür anführen, weshalb ihr eine Namensnennung unzumutbar wäre. Ihr Hinweis auf die "Flüchtigkeit des gesprochenen Worts" und die Möglichkeit von Namensverwechslungen überzeugt nicht: Einerseits können interessierte Zuhörer gerade dem Abspann einer Radiosendung erhöhte Aufmerksamkeit widmen, wenn sie an einzelnen Details des vorgetragenen Inhalts (wie etwa dem Namen des Autors oder an jenem des Übersetzers eines Zitats) interessiert sind, andererseits besteht bei der Beklagten die - regelmäßig von ihr selbst beworbene - Möglichkeit, im Rahmen ihres Hörer-Service den Text von Radiosendungen als schriftliche Unterlage anzufordern. Das Berufungsgericht verweist auch zutreffend auf den für eine Namensnennung erforderlichen geringen Zeitbedarf von nur wenigen Sekunden, der angesichts der Gesamtsendedauer regelmäßig nicht als störend ins Gewicht fallen wird.

Bestehen demnach keine gewichtigen und berücksichtigungswürdigen Interessen der Beklagten, bei in Übersetzung verlesenen Romanzitaten in Literatursendungen nicht auch den Namen des Übersetzers im Rahmen der Rundfunksendung zu nennen, gibt es keinen Grund, das Recht des Übersetzers, als Urheber der Übersetzung genannt zu werden, im Rahmen der freien Werknutzung zu übergehen. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist demnach berechtigt. Das Unterlassungsbegehren ist auch weder zu weit gefasst noch undeutlich, weil klar erkennbar ist, welche Teile (Seiten) der vom Kläger hergestellten deutschen Übersetzung der genannten Roman-Werke vom Unterlassungsgebot umfasst sind. Soweit das Berufungsgericht zum Schadenersatzanspruch eine Verfahrensergänzung für erforderlich hält, bringt die Beklagte dagegen nichts vor.

Beiden Rechtsmitteln kann kein Erfolg beschieden sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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