OGH 1Nd501/02

OGH1Nd501/0216.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 769.829,07 sA über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Handelsgericht Wien folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag auf Delegierung der Rechtssache an das Handelsgericht Wien wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 1. 8. 2001 brachte die klagende Partei beim Handelsgericht Wien eine Klage auf Zahlung von "Werklohn/Honorar" im Gesamtbetrag von S 769.829,07 ein. Über ihren Antrag wurde der vom angerufenen Gericht gefasste Zurückweisungsbeschluss aufgehoben und die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt überwiesen. In der Tagsatzung vom 13. 9. 2001 trug dieses Gericht der beklagten Partei die schriftliche Beantwortung der Klage bis zum 27. 9. 2001 auf. Nach mehrfachen Vertagungen fand am 12. 12. 2001 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung statt, in der die klagende Partei die Delegierung der Rechtssache an das Handelsgericht Wien beantragte. Begründet wurde dies damit, dass drei Zeugen und der Geschäftsführer der klagenden Partei ihren Wohnsitz im Sprengel des Handelsgerichts Wien hätten. Die beklagte Partei sprach sich unter Hinweis auf den Umstand, dass ein Zeuge in der Steiermark wohnhaft sei, gegen die Delegierung aus. Schließlich beantragte die klagende Partei die Vernehmung aller Zeugen vor dem erkennenden Gericht, wogegen sich die beklagte Partei nicht gegen deren Vernehmung im Rechtshilfeweg aussprach.

Das Landesgericht Klagenfurt äußerte sich dahin, dass es die Delegierung grundsätzlich als zweckmäßig erachte; zwei Zeugen und der Geschäftsführer der klagenden Partei seien in Wien wohnhaft, beide Parteienvertreter hätten ihren Kanzleisitz in Wien; für zwei andere Zeugen sei die Anreise nach Wien etwa gleich beschwerlich wie die Zufahrt nach Klagenfurt; lediglich der Geschäftsführer der beklagten Partei sei in Klagenfurt wohnhaft; festzuhalten sei auch, dass die beklagte Partei sich ausdrücklich gegen die Einvernahme der Zeugen im Rechtshilfeweg ausgesprochen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Eine Delegierung soll nur ein Ausnahmsfall sein und keinesfalls darf durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten beider Parteien lösen lässt und eine Partei der Delegierung widersprochen hat, ist die Delegierung abzulehnen (Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 31 JN mwN). Zweckmäßigkeitsgründe sind etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (Mayr aaO mwN). Der Kanzleisitz der Parteienvertreter ist für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung bedeutungslos (6 Nd 1/00 uva). Bei Widerspruch gegen die Delegierung hat es im Zweifel bei der gesetzlich begründeten Zuständigkeit zu bleiben (3 Nd 510/95 uva). Im vorliegenden Fall spricht der Wohnsitz zweier Zeugen und des Geschäftsführers der klagenden Partei für eine Delegierung an das Handelsgericht Wien. Dem steht entgegen, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei in Klagenfurt wohnhaft ist und zwei weitere Zeugen zu vernehmen sind, für die die Anreise nach Wien zumindest gleich beschwerlich und kostenintensiv wie die Zureise nach Klagenfurt ist. In Abwägung dieser Tatsachen verbliebe als Argument für die Delegierung lediglich der Umstand, dass zwei Zeugen eine weitere Anreise in Kauf nehmen müssten und deren Zureisekosten das Verfahren verteuerten. Dies kann für sich allein eine Änderung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht rechtfertigen, insbesondere wenn man bedenkt, dass die klagende Partei - im Gegensatz zu den Ausführungen des Landesgerichts Klagenfurt - die Vernehmung der auswärtigen Zeugen im Rechtshilfeweg ablehnt und damit eine Verteuerung des Rechtsstreits bewusst in Kauf nimmt, wogegen die beklagte Partei mit einer Vernehmung der Zeugen im Rechtshilfeweg einverstanden ist (siehe S 3 des Protokolls vom 12. 12. 2001).

Es hat daher bei der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung zu verbleiben.

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