OGH 11Os118/01

OGH11Os118/0114.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pripfl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Saban I***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Schlepperei nach §§ 104 Abs 1, 105 Abs 2 FrG aF und § 15 StGB und andere strafbare Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Saban I***** und Nazmi N***** sowie über die Berufung des Angeklagten Celal D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 8. Mai 2001, GZ 35 Vr 1631/01-269, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche des Angeklagten Saban I***** und weiterer Angeklagter sowie rechtskräftige Teilfreisprüche enthält, wurden Saban I***** und Nacim N*****, soweit für das Nichtigkeitsverfahren relevant, (auch) des (als Beitragstäter begangenen: US 21), im Stadium des Versuches (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) SMG (N*****: Punkt A des Urteilssatzes) und des teils vollendeten, teils versuchten Vergehens der gerichtlich strafbaren Schlepperei nach §§ 104 Abs 1, 105 Abs 2 FrG aF und § 15 StGB (I*****: Punkt B I 1-4 und III) schuldig erkannt.

Darnach haben

(zu A) Nazim N***** (als Beitragstäter) gemeinsam mit Celal D*****, Shkembin B***** und Shpetim B***** in der Nacht zum 4. Oktober 2000 in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge, nämlich ca 85 Gramm qualitativ hochwertiges Kokain (reine Kokainbase 45 Gramm) durch Verkauf an einen als Scheinkäufer auftretenden verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres in Verkehr zu setzen versucht und

(zu B) Saban I***** zusammen mit Celal D***** gewerbsmäßig durch die entgeltliche Überlassung gefälschter niederländischer Reisepässe die rechtswidrige Einreise türkischer Staatsangehöriger und zwar des Muharrem I***** (I 3) und des Necip S***** (I 4) gefördert und jene des Hüseyn K***** (I 1) und des Mesut C***** (I 2) sowie im Zusammenwirken mit anderen Personen durch die Übergabe eines weiteren gefälschten Reisepasses die des Muharrem I***** (III) zu fördern versucht.

(Nur) diese Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten I***** und N***** mit Nichtigkeitsbeschwerden, welche ersterer auf die Gründe der Z 5 und 5a, letzterer auf jene der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützt; den Strafausspruch fechten beide Angeklagten sowie der Angeklagte D***** mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu. In seiner Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) unternimmt Nazmi N***** den im kollegialgerichtlichen Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen, ohne formelle Mängel oder aktenkundige Umstände aufzuzeigen, aus welchen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Urteilsannahmen ergeben könnten. Denn dass sich aus den vom Schöffengericht herangezogenen Überlegungen die für die Bejahung des Tatvorsatzes angenommene Kenntnis des Beschwerdeführers von der Mitführung des verfahrensaktuellen Kokain durch den Mitangeklagten B***** nicht mit letzter Sicherheit erschließen lasse, ist abgesehen davon, dass für die vorsätzliche Begehungsweise das Ernstlich-für möglich-Halten dieses Umstandes ausreicht, nicht erforderlich. Die vom Schöffensenat unter Einbeziehung aller für und wider den Angeklagten sprechenden Argumente gewonnene Überzeugung ist als Akt freier Beweiswürdigung auch dann unanfechtbar, wenn aus den Verfahrensergebnissen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse hätten gezogen werden können. Davon aber, dass das Erstgericht die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite unbegründet gelassen oder nur auf eine Scheinbegründung gestützt habe, kann angesichts der ausführlichen Erörterung der Beweisergebnisse (US 23f), der auch die vom Beschwerdeführer behauptete Aktenwidrigkeit schon vom Wortsinn her nicht anhaftet (vgl US 23 unten: "vorgefahren" und die Beschwerdeausführungen, in denen von "vorbeifahren" gesprochen wird), keine Rede sein.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG durch die Übergabe des verfahrensverfangenen Suchtgiftes an die verdeckten Ermittler bereits vollendet war und nicht bloß versucht wurde (vgl EvBl 2000/111, 15 Os 11699, 13 Os/ 60/00), eine Korrektur der insoweit verfehlten Rechtsansicht des Schöffensenates jedoch zu unterbleiben hatte, weil sie sich nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Beschwerdeeinwendungen des Angeklagten Saban I***** zur Mängelrüge (Z 5) wiederum betreffen keine für den Ausspruch über die Schuld oder die Unterstellung unter das Gesetz entscheidende Tatsachen.

So musste sich das Schöffengericht im Hinblick auf die übrigen Beweisergebnisse, insbesondere aber das Geständnis des Beschwerdeführers weder mit der Aussage der Zeugin Pakice C***** auseinandersetzen, welche angab, nicht zu wissen, ob Saban I***** etwas mit den (für ihren Sohn Mesut C***** bestimmten: s Faktum B I 2) Pass etwas zu tun hatte, noch mit dem Umstand, dass diese Zeugin den Angeklagten anlässlich einer Gegenüberstellung nicht erkannte, obgleich sie mit ihm einmal zusammengetroffen sein will, wobei eine solche Begegnung allerdings vom Erstgericht ausdrücklich nicht festgestellt worden ist (US 38).

Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, das Schöffengericht hätte die Aussage des Mehmet C***** beachten müssen, welcher - insoweit nicht entscheidungsrelevant - deponierte, keinen der Angeklagten zuvor gesehen und den Namen Saban (nur) einmal gehört zu haben, zumal nicht aufgezeigt wurde, inwieweit diese Bekundungen Einfluss auf die Beweiswürdigung hätten haben können.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder wurde nicht gesetzesgemäß ausgeführt, weil sie sich nicht, wie dies erforderlich wäre, am Urteilssachverhalt orientiert. Die vermisste Feststellung zur Kenntnis des Beschwerdeführers über die Verwendung der gefälschten Reisepässe ergibt sich zwingend aus dem Zusammenhalt und dem Geständnis des Angeklagten. Soweit ein Schleppereivorsatz überhaupt bestritten wird, werden die dazu getroffenen Feststellungen schlicht negiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten waren somit teils als nicht prozessordnungsmäßig ausgeführt (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 1 StPO), teils als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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