OGH 15Os167/01

OGH15Os167/0113.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pripfl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander D***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Maurizio M***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. April 2001, GZ 9a Vr 1544/00-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Maurizio M***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alexander D***** und Maurizio M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (A), Alexander D***** darüberhinaus der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (B I) und des Betruges nach § 146 StGB (B II) schuldig erkannt. Danach haben (soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung)

zu A) Alexander D***** und Maurizio M***** am 22. August 1999 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Daniela D***** vorsätzlich mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes sowie zu einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem Alexander D***** die Genannte von hinten erfasste, festhielt und ihr den Mund zuhielt, während Maurizio M***** deren Unterkörper entblößte, sein Glied in ihre Scheide und danach in ihren After einführte, wobei Alexander D***** dem Maurizio M***** zurief "budere sie endlich". Während Alexander D***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft Maurizio M***** den ihn treffenden Schuldspruch mit einer auf Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an, die Staatsanwaltschaft richtet ihr Rechtsmittel gegen die Strafaussprüche bei beiden Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers durch die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung des Zeugen Sancac N***** und Durchführung eines Ortsaugenscheines nicht verletzt. Diese Beweisanträge wurden nämlich vom Verteidiger des Erstangeklagten gestellt, Maurizio M***** oder sein Verteidiger haben sich diesen nicht angeschlossen (S 435 bis 437 I). Es fehlt daher diesbezüglich bereits an der Beschwerdelegitimation (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 35). Für eine Vernehmung des Zeugen N***** von Amts wegen (Z 5a) bestand kein Anlass, weil er nur über das Verhalten des Opfers nach der Tat aussagen könnte und dies fallbezogen keine entscheidungswesentliche Tatsache ist.

Der vom Nichtigkeitswerber gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen Klaus Z***** wurde vom Erstgericht abgewiesen, ohne dass hiedurch Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet worden sind. Der Zeuge sollte nämlich über ein Gespräch aussagen, in welchem zwischen dem Angeklagten M***** und der Zeugin D***** von einem freiwilligen Geschlechtsverkehr die Rede war. Da dieses nach dem Akteninhalt zumindest einige Zeit vor der Tat geführt wurde, betrifft das Beweisthema keinen für die Schuldfrage relevanten Umstand.

In der Tatsachenrüge (Z 5a) leitet der Beschwerdeführer aus einzelnen Teilen der Aussage der Zeugin D***** sowie aus isoliert betrachteten Umständen des Falles ab, dass die vom Erstgericht aus dem Beweisverfahren gezogenen Schlüsse "bedenklich", "äußerst unwahrscheinlich" und "mehr als fragwürdig" seien.

Dieser formelle Nichtigkeitsgrund, der in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichkommt, liegt nur dann vor, wenn schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung vorliegen oder sich aus den Akten Umstände ergeben, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer aaO § 281 Z 5a E 1 und 2). Solche vermag der Nichtigkeitswerber jedoch nicht aufzuzeigen, er versucht lediglich aus den vorhandenen Tatsachengrundlagen andere Schlüsse zu ziehen, als es die Tatrichter getan haben. Dieses Vorbringen ist aber nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO darzutun (Mayerhofer aaO E 17).

Der Nichtigkeitsgrund nach Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wird in der Beschwerdeschrift zwar einleitend genannt, es finden sich hiezu jedoch in weiterer Folge keine Ausführungen. Die bloß ziffernmäßige Anführung eines Nichtigkeitsgrundes entspricht jedoch nicht dem gesetzlichen Erfordernis seiner deutlichen und bestimmten Bezeichnung (Mayerhofer aaO § 285a E 43).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO). Bleibt anzumerken, dass das Schöffengericht beim Strafausspruch gemäß §§ 31, 40 StGB auf eine Verurteilung des Maurizio M***** durch das Landesgericht Korneuburg ausschließlich wegen Finanzvergehen Bedacht genommen hat. Dies widerspricht § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 3 und 4 FinStrG (Dorazil/Harbich FinStrG § 21 E 4 und 11, § 22 Anm 6). Der daraus resultierende Erschwerungsgrund des "Zusammentreffens von mehreren Delikten im Sinne des § 28 StGB" wurde zu Unrecht herangezogen (Mayerhofer aaO § 281 Z 11 E 11a = Dorazil/Harbich aaO § 22 E 9a sowie dort auch 9b). Da zufolge der Bedachtnahme der bisher ordentliche Lebenswandel als mildernd gewertet wurde, gereichen die aufgezeigten Mängel dem Angeklagten insgesamt nicht zum Nachteil, sodass für eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO kein Anlass besteht. Darüber hinaus sind die Strafzumessungsgründe im Rahmen des Berufungsverfahrens korrigierbar (vgl Foregger/Fabrizy StPO8 § 290 Rz 7; EvBl 1998/163; ÖJZ-LSK 2001/98; 15 Os 25/00).

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