Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Berufung und ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei einem Eishockeyclub seit 1. 8. 1996 als Eishockeyspieler beschäftigt. Über das Vermögen des Vereins wurde mit Beschluss vom 29. 9. 1997 der Konkurs eröffnet.
Nach dem Inhalt des abgeschlossenen Spielervertrages war für die Saison 1998/99, die vom August 1998 bis März 1999 dauern sollte, ein Fixum von S 240.000,-- netto (8 x S 30.000,-- netto monatlich) sowie eine Punkteprämie von S 1.000,-- und eine Prämie von S 30.000,-- für das Erreichen des Halbfinales vereinbart. Am 28. 12. 1997 wurde das Dienstverhältnis des Klägers vom Masseverwalter unter Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist von 6 Wochen zum 7. 2. 1998 gekündigt. Ab diesem Tag absolvierte der Kläger für die Gemeinschuldnerin kein Spiel mehr. Er erzielte in der Saison 1998/99 aus anderweitigen Tätigkeiten Gesamteinkünfte von S 147.000,-- netto.
Der Kläger begehrt nach Klagseinschränkung S 132.580 netto sA Insolvenz-Ausfallgeld. Dieser Betrag setze sich aus rückständigen Gehalt und Prämie in Höhe von S 39.580 netto sA und S 147.000 netto sA Schadenersatz zusammen. Dieser Betrag stehe ihm zu, weil der Masseverwalter das befristete Arbeitsverhältnis vorzeitig gelöst habe (§ 25 Abs 2 KO). § 3 Abs 3 IESG in der geltenden Fassung sei nicht anwendbar, weil diese Bestimmung erst nach Konkurseröffnung in Kraft getreten sei. Den in der Spielzeit anderweitig ins Verdienen gebrachten Betrag von S 147.000,-- habe er sich anrechnen lassen, sodass ihm noch S 93.000,-- netto sA gebührten.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und wandte ein, ein Schadenersatzanspruch bestehe nicht, weil der Masseverwalter auch bei befristeten Verträgen an längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen nicht gebunden sei.
Das Erstgericht sprach dem Kläger unbekämpft S 39.580,-- netto sA Insolvenz-Ausfallgeld zu und wies das Mehrbegehren von S 93.000,-- netto sA Insolvenz-Ausfallgeld ab.
Infolge Berufung des Klägers änderte das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass es dem Kläger auch noch weitere S 93.000,-- netto sA Insolvenz-Ausfallgeld zusprach. Hiebei handelt es sich um den (der Höhe nach unstrittigen) Schadenersatzanspruch des Klägers für die Saison 1998/1999, der gesichert sei. Hiezu führte es rechtlich aus:
Auf den vorliegenden Fall sei unstrittig das IESG, und zwar dessen § 3 Abs 3 in der vor der IESG-Nov 1997 geltenden Fassung anzuwenden, weil über den Dienstgeber des Klägers ganz knapp vor Inkrafttreten der IESG-Novelle 1997 mit 1. 10. 1997 das Konkursverfahren am 29. 9. 1999 eröffnet worden sei.
Zweck des § 25 KO, der in allen seinen verschiedenen Fassungen die vorzeitige Auflösung (auch) befristeter Arbeitsverhältnisse ermöglichte, sei den Masseverwalter von der Einhaltung auf Parteienvereinbarung fußender Bindung an längerfristige Arbeitsverhältnisse zu befreien. Das "außerordentliche" Kündigungsrecht des § 25 Abs 1 KO solle die Beendigung von Arbeitsverhältnissen erleichtern, indem es den Masseverwalter in die Lage versetze, Arbeitsverhältnisse im Interesse der Konkursmasse ohne Bindung an vertragliche Abmachungen über die Dauer des Arbeitsverhältnisses und über Kündigungsfristen oder -termine aufzulösen. Daran habe sich auch durch das IRÄG 1994 nichts geändert. Die vom Erstgericht zur Begründung des abweislichen Standpunktes angeführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes stammten aus einer Zeit, in der § 25 KO keine gesetzliche Grundlage für einen Schadenersatzanspruch bei Kündigung durch den Masseverwalter geboten habe; sie beträfen daher die Rechtslage vor 1994, die jedoch auf dem vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden sei.
Der wiedereingeführte Schadenersatzanspruch des § 25 Abs 2 KO idF IRÄG 1994 habe als Grundlage des Ersatzes nicht rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Ersatzpflichtigen, sondern dessen von der Rechtsordnung gestatteten Eingriff in fremde Rechte für eigene Zwecke. Er umfasse nur den tatsächlich erlittenen Schaden, also den durch die vorzeitige Kündigung verursachten entgangenen Verdienst abzüglich des während des fraglichen Zeitraums durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft erzielten Einkommens.
Dieser Schadenersatzanspruch sei unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungstermine aufgrund der Bestimmung des § 3 Abs 3 IESG in der noch vor der IESG-Nov 1997 geltenden Fassung gesichert. Dem Kläger gebühre im Falle der Kündigung durch den Masseverwalter Insolvenz-Ausfallgeld für gesicherte Ansprüche (worunter gemäß § 1 Abs 2 Z 2 IESG auch Schadenersatzansprüche fielen) bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, längstens jedoch bis zum Ablauf der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die Kündigungstermine und die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen. Damit seien nach dieser Bestimmung zur Zeit der Rechtslage des IRÄG 1994 nicht nur die Kündigungsfristen, sondern auch die Kündigungstermine zu berücksichtigen. Der Dienstvertrag des Klägers umfasse die gesamte Spielsaison 1998/1999 und sollte von August 1998 bis März 1999 dauern; Vereinbarungen über eine Kündigungsmöglichkeit seien nicht enthalten. Daraus ergebe sich, dass ein "Kündigungstermin" nicht zur Verfügung stehe, somit der Vertrag erst mit Ablauf der Spielsaison 1998/1999 geendet hätte. Damit stehe dem Kläger bis zum Ablauf der vom Masseverwalter bei Kündigung nach § 25 Abs 1 KO einzuhaltenden Kündigungsfrist Kündigungsentschädigung und für den folgenden Zeitraum bis zum Vertragsende der (gesicherte) Schadenersatzanspruch nach § 25 Abs 2 (§ 1 Abs 2 Z 2 IESG) zu. Auf diesen habe sich der Kläger das ersparte oder anderweitig verdiente von Anfang an voll anrechnen zu lassen. Diesem Grundsatz habe der Kläger bei Ermittlung der Höhe seines Begehrens ohnedies bereits Rechnung getragen, sodass ihm der noch begehrte Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes für die Zeit bis zum vertragsmäßigen Ende des Arbeitsverhältnisses zustehe.
Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob Insolvenz-Ausfallgeld (- nach der bis zum Inkrafttreten der IESG-Nov 1997 geltenden Fassung -) bei befristeten Arbeitsverträgen ohne einzelvertragliche Kündigungsfrist und Lösung durch den Masseverwalter nach § 25 Abs 1 KO bis zum (fiktiven) Vertragsende zustehe, nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung iSd Wiederherstellung des Ersturteils.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und berechtigt.
Die beklagte Partei bestreitet in ihrer Revision nicht, dass ein befristeter Arbeitsvertrag vorliegt, der automatisch erst mit Ende der Spielsaison 1998/99 enden sollte, und dass der Kläger Anspruch auf Schadenersatz nach § 25 Abs 2 KO in dem vom Berufungsgericht angegebenen Umfang (SSV-NF 10/90 und 91 ua) habe. Sie meint aber, dass Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld auf die im § 3 Abs 3 IESG (in der hier noch anzuwendenden Fassung 1994, die auf die IESG-Nov 1986, BGBl 395 zurückgeht) genannte Zeitspanne beschränkt seien und einem Arbeitnehmer keine höhere Entgeltsicherung nur deshalb gebühre, weil er vertraglich längere Kündigungsfristen und spätere Kündigungstermine vereinbart habe. Könne die Vereinbarung einer längeren Kündigungsfrist oder eines von der gesetzlichen Lage abweichenden Kündigungstermines keinen weiteren Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld begründen, dann müsse dies umso mehr auch für ein befristetes Arbeitsverhältnis gelten. Deshalb habe der Oberste Gerichtshof in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 8 ObS 374/97a Insolvenz-Ausfallgeld bloß unter Zugrundelegung der gesetzlichen Kündigungsfrist und des gesetzlichen Kündigungstermines und unter Vernachlässigung der Befristung zugesprochen.
Die von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidungen sind für den vorliegenden Fall nicht unmittelbar aussagekräftig: Die Entscheidung 8 ObS 374/97a (= ZIK 1998, 179 = SSV-NF 12/38), in der über die Kündigungsentschädigung bei einem befristeten Dienstverhältnis zu entscheiden war, betraf nämlich einen Fall aus der Zeit vor der (Wieder-)Einführung des Schadenersatzanspruches nach § 25 Abs 2 KO durch das IRÄG 1994; die Entscheidung 8 ObS 294/97m (= ZIK 1998, 134 = SSV-NF 12/1) hingegen betraf zwar einen Fall nach Wiedereinführung des Schadenersatzanspruches nach § 25 Abs 2 KO, jedoch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer längeren Kündigungsfrist.
Dennoch ist den von der Revisionswerberin aus diesen Entscheidungen abgeleiteten Gedanken zu folgen: Zweck der Begrenzung der Sicherung nach § 3 Abs 3 IESG war von allen Anfang an eine von den Einzelvereinbarungen unabhängige Dauer der Sicherung. Die Auslegung des Berufungsgerichtes, dass die Begrenzung nur im Falle eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit, nicht aber - mangels Kündigungsterminen und -fristen - auf befristete Arbeitsverhältnisse anzuwenden sei, widerspricht nicht nur dem Zweck der gesetzlichen Regelung, sondern wäre auch gleichheitswidrig. Nur daraus, dass mit der IESG-Nov 1997 ausdrücklich auch befristete Arbeitsverhältnisse einbezogen wurden, ohne dass die Erläuterungen irgendetwas darüber aussagen, warum dies geschehen sei, ist nicht zu folgern, dass die Begrenzung nicht auch schon vorher für solche Arbeitsverhältnisse galt.
Es war daher der Revision der beklagten Partei im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 ASGG iVm § 140, 50 ZPO.
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