OGH 1Ob253/01i

OGH1Ob253/01i27.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K*****, vertreten durch Dr. Klaus Gürtler, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wider die beklagte Partei Gemeinde P*****, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1,9 Mio S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Juni 2001, GZ 4 R 135/01m-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20. Februar 2001, GZ 14 Cg 123/00h-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 18. 4. 1996 erwarben der Kläger (zu drei Vierteln) und eine den Familiennamen des Klägers im Firmenwortlaut führende Immobiliengesellschaft mbH (zu einem Viertel) eine im Gebiet der beklagten Gemeinde gelegene Liegenschaft, auf der sich ein Hotelgebäude befindet, für welches eine Betriebsanlagengenehmigung aus dem Jahre 1986 bestand. Auf Grund eines Kaufvertrags vom 16. 4. 1998 wurde der Kläger Alleineigentümer dieser Liegenschaft.

Der Voreigentümer der Liegenschaft (samt Hotelgebäude) legte am 25. 4. 1996 die ihm im Jahre 1986 erteilte Konzession für das Gastgewerbe am Hotelstandort zurück und teilte der zuständigen Bezirkshauptmannschaft mit, dass der Betrieb am 30. 4. 1996 geschlossen werde.

Bereits 1995 hatte der Bürgermeister der beklagten Partei im Gemeinderat beantragt, für alle im Gebiet der beklagten Partei liegenden Hotelbetriebe eine Sonderflächenwidmung zu beschließen, um einen eventuellen Wohnbau auf diesen Arealen zu verhindern. Der Gemeinderat lehnte diesen Antrag ab. Der Kläger bekundete Anfang 1996 - er war damals auch Geschäftsführer der schon genannten Immobiliengesellschaft mbH - sein Interesse an der Hotelliegenschaft; er nahm Einsicht in den Flächenwidmungsplan, und es wurde ihm bestätigt, dass das spätere Kaufobjekt als Mischgebiet ausgewiesen sei. Er führte Privatgespräche mit dem Bürgermeister der beklagten Partei, dem er die Absicht kundtat, das Hotelobjekt zu kaufen und dort Wohnungen zu errichten. Für den Fall einer Umwidmung der gesamten Nutzfläche in Wohnbaugebiet bot er dem Bürgermeister die Zahlung von 1 Mio S an, um die Infrastruktur der beklagten Partei verbessern zu können. Der Kläger nahm nach dem Gespräch mit dem Bürgermeister der beklagten Partei, der nichts von deren ablehnenden Haltung gegen ein Wohnbauprojekt erwähnte, an, es bestehe seitens der beklagten Partei kein Einwand gegen ein solches Projekt.

Am 25. 4. 1996 wurde im Gemeinderat der Antrag auf Umwidmung der Hotelliegenschaft in "Sonderfläche Hotelbetrieb und zugehörige Nebenanlagen" gestellt und in der Folge der Entwurf aufgelegt. Von der (beabsichtigten) Änderung des Flächenwidmungsplans erfuhr der Kläger durch den Anschlag an der Gemeindetafel. Am 13. 6. 1996 beschloss der Gemeinderat der beklagten Partei die Änderung des Flächenwidmungsplans entsprechend dem Antrag vom 25. 4. 1996. Dieser Änderung von der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 27. 9. 1996 die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt. Der Kläger und die zuvor genannte Immobiliengesellschaft mbH bekämpften die Flächenwidmungsänderung beim Verfassungsgerichtshof. Mit dessen Entscheidung vom 28. 2. 1998 wurde die Umwidmung als gesetzwidrig aufgehoben. In der Begründung dieses Erkenntnisses wurde ausgeführt, dem aufgelegten Entwurf des Flächenwidmungsplans sei kein Erläuterungsbericht angeschlossen gewesen, die raumordnungsfachliche Beurteilung der Maßnahme sei erst im Nachhinein auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde erfolgt; es sei nicht erkennbar, dass sich die beklagte Partei ausreichende Entscheidungsgrundlagen beschafft und eine Interessenabwägung vorgenommen habe; das Fehlen erkennbarer Ziele bereits im Planauflageverfahren, die fehlende Änderungsvoraussetzung, die unzulänglichen Entscheidungsgrundlagen sowie der Mangel einer Interessenabwägung hätten die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung zur Folge.

Da durch die 1996 erfolgte Änderung der Widmung die Verwirklichung eines Wohnbauprojekts vorerst nicht möglich war, beabsichtigte der Kläger die vorübergehende Nutzung der Hotelliegenschaft durch Beherbergung von Gästen. Über sein Ansuchen vom 2. 9. 1996 erteilte ihm die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 6. 9. 1996 die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Gastgewerbes, beschränkt auf die hauseigenen Gäste in der Betriebsart Gästehaus am Hotelstandort, befristet bis 31. 12. 1997. Ab Oktober 1996 wurden Beherberungsverträge mit Gästen geschlossen und diese im Hotel aufgenommen.

Am 20. 12. 1996 ließ der Bürgermeister der beklagten Partei eine baubehördliche Überprüfung des Hotels durch die Tiroler Landesstelle für Brandverhütung und durch einen Bausachverständigen durchführen. Anlässlich dieser Überprüfung wurden verschiedene Abweichungen von der 1975 erteilten Baubewilligung festgestellt.

Am 14. 4. 1997 erließ der Bürgermeister der beklagten Partei als Baubehörde erster Instanz einen Bescheid folgenden Inhalts:

"Der Bürgermeister der Gemeinde ... als Baubehörde hat am 20. 12.

1996 eine örtliche Überprüfung des Gebäudes Hotel ... durch die

Tiroler Landesstelle für Brandverhütung und durch den

Bausachverständigen ... durchführen lassen und dabei wurden bauliche

und feuerpolizeiliche Mängel festgestellt. Weiters wurde festgestellt, dass das Gebäude zu anderen Zwecken und nicht als Hotelbetrieb genutzt wird.

Spruch:

Der Bürgermeister der Gemeinde ... versagt gemäß § 43 Abs 3 der

Tiroler Bauordnung die weitere Benützung des Hotels ... Die

aufschiebende Wirkung wird gemäß § 64 Abs 2 AVG wegen Gefahr in Vollzug (gemeint wohl: im Verzug) aberkannt. Die widmungswidrige Benützung ist bis zum 18. 4. 1997, 24.00 Uhr, einzustellen."

In der Begründung dieses Bescheids wurde unter anderem ausgeführt, auf dem Dachboden seien brennbare Gegenstände gelagert, brandhemmende Türen und Fluchtwegbeleuchtungen fehlten; außerdem wurden baupolizeiliche Mängel aufgelistet.

Dieser Bescheid wurde dem Kläger und der Immobiliengesellschaft mbH am 16. 4. 1997 zugestellt.

Am 28. 4. 1997 überprüften der Bürgermeister, der Feuerwehrkommandant und ein Gemeinderat das Hotelgebäude dahin, ob dessen nach Ansicht der beklagten Partei widmungswidrige Benützung eingestellt worden sei.

Am 29. 4. 1997 erhob der Kläger Berufung gegen den Bescheid vom 14. 4. 1997.

Am 9. 6. 1997 erließ die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt:

"Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde ... vom 14. 4. 1997

wurde gemäß § 43 Abs 3 Tiroler Bauordnung die weitere Benützung des

Hotels ... untersagt. Begründet wurde dies mit akuter Brandgefahr. Es

ergeht nunmehr die Aufforderung gemäß § 7

Verwaltungsvollstreckungsgesetz an alle Bewohner dieses Objekts,

sowie an den Eigentümer ..., das betreffende Objekt Hotel ... bis 11.

6. 1997, 10.00 Uhr, zu räumen. Gegen diese einstweilige Verfügung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Am 11. 6. 1997 erfolgte die Räumung des Hotels.

Der Kläger und die Immobiliengesellschaft mbH erhoben gegen die einstweilige Verfügung am 23. 6. 1997 Berufung. Dieser Berufung wurde teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm der Kläger verpflichtet wurde, das Objekt bis 11. 6. 1997, 10.00 Uhr, zu räumen, behoben; dessen Berufung im Übrigen sowie die Berufung der Immobiliengesellschaft mbH insgesamt wurden indes als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, gegenüber dem Kläger sei bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung ein Titelbescheid - nämlich jener vom 14. 4. 1997 - als Grundlage für nachfolgende Vollstreckungsmaßnahmen vorgelegen, sodass die einstweilige Verfügung gegenüber dem Kläger ersatzlos zu beheben sei. Soweit diese Verfügung eine Räumungsverpflichtung der sonstigen Bewohner des Hotels statuiere, sei der Berufung nicht Folge zu geben, weil dem Kläger in diesem Umfang keine Parteistellung zukomme. Die einstweilige Verfügung habe der Immobiliengesellschaft mbH keine Verpflichtungen auferlegt, sodass dieser die Rechtsmittellegitimation fehle.

Mit Schreiben vom 15. 7. 1997 forderte der Klagevertreter die beklagte Partei zur Anerkennung des Ersatzanspruchs des Klägers gemäß § 8 AHG auf.

Mit Bescheid vom 23. 7. 1998 stellte der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol auf Grund einer Beschwerde des Klägers und der Immobiliengesellschaft mbH fest, dass die zwangsweise Räumung der Bewohner des Hotels - diese war von der Bezirksverwaltungsbehörde als Vollstreckungsbehörde unter Beiziehung eines Einsatzkommandos der Gendarmerie durchgeführt worden - rechtswidrig gewesen sei.

Am 11. 11. 1997 stellten der Kläger und die Immobiliengesellschaft mbH einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG, weil der Gemeindevorstand sechs Monate lang über ihre Berufungen gegen den Bescheid vom 14. 4. 1997 nicht entschieden hatte. Am 24. 12. 1998 erhoben sie Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, weil auch über den Devolutionsantrag nicht binnen sechs Monaten entschieden worden war. Der Verwaltungsgerichtshof behob schließlich mit Erkenntnis vom 27. 4. 2000 den Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 14. 4. 1997 ersatzlos. Er führte aus, es ergebe sich aus den Unterlagen des Bauverfahrens, dass es sich beim Hotelobjekt um einen Beherbergungsbetrieb handle. Aus den Meldenachweisen in der Zeit vom 1. 11. 1996 bis 11. 6. 1997 gehe nicht hervor, dass das Objekt zu anderen Zwecken als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benutzt worden sei; die festgestellten feuerpolizeilichen und baulichen Mängel hätten allenfalls ein Vorgehen der Baubehörde erster Instanz nach anderen Regelungen der Bauordnung bzw anderen landesgesetzlichen Regelungen gerechtfertigt, könnten aber nicht Anlass für eine Untersagung der weiteren Benützung gemäß § 37 Abs 4 Tiroler Bauordnung 1998 sein.

Der Kläger begehrte mit der am 18 8. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung von 1,9 Mio S sA. Die Liegenschaft sei von ihm und der Immobiliengesellschaft mbH in der Absicht erworben worden, das bestehende Hotelgebäude zu Wohnungseigentumseinheiten umzubauen, diese weiterzuveräußern und eine Bebauung der übrigen Fläche zu Wohnzwecken vorzunehmen. Zum Kaufzeitpunkt sei die Liegenschaft als Fremdenverkehrsgebiet bzw Tourismusgebiet ausgewiesen gewesen. Unmittelbar danach sei die Umwidmung im bereits wiedergegebenen Sinn vom Gemeinderat der beklagten Partei beschlossen, diese Umwidmung aber in der Folge vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehoben worden. Da wegen dieser Widmungsänderung die beabsichtigte Verwertung der Liegenschaft vorerst nicht möglich und eine Fortführung des unwirtschaftlichen Hotelbetriebs nicht zumutbar gewesen sei, sei der Betrieb als Gästehaus geführt worden. Der Bürgermeister der beklagten Partei habe auf jede nur erdenkliche Art versucht, die Nutzung des Hotels zu verhindern. Schuldhaft rechtswidrig habe er am 14. 4. 1997 den bereits wiedergegebenen Bescheid erlassen und auf Grund dieses Bescheids die Bezirksverwaltungsbehörde um Vollstreckungshilfe ersucht. Diese habe nach Räumungsaufforderung die - letztlich als rechtswidrig erachtete - Räumung vorgenommen. Durch die unvertretbare Vorgangsweise der beklagten Partei und die zwangsweise Räumung seien dem Kläger und der damaligen Miteigentümerin vom 1. 5. 1997 bis 30. 6. 2000 Mieten von monatlich S 50.000 entgangen. Die vormalige Miteigentümerin habe die auf sie entfallende Forderung an den Kläger zediert. Die Klagsforderung sei wegen der im § 6 Abs 1 AHG normierten Ablaufhemmung nicht verjährt.

Die beklagte Partei wendete ein, die Umwidmung sei in Ausübung der Raumplanung erfolgt, um einer unerwünschten Entwicklung im Bereich der Tourismusbetriebe gegenzusteuern. Davon habe auch der Kläger Kenntnis gehabt. Der Verfassungsgerichtshof habe die Umwidmung lediglich aus formalen Gründen behoben. Die Wirksamkeit des Flächenwidmungsplans sei auf einen hoheitlichen Akt des Landes Tirol zurückzuführen, weshalb die beklagte Partei nicht passiv legitimiert sei. Das Hotel sei nicht zur Aufnahme von Touristen als Gäste, sondern zu Dauervermietungen verwendet worden. Dem Bescheid vom 14. 4. 1997 sei eine vertretbare Rechtsansicht der Baubehörde erster Instanz zu Grunde gelegen. Die einstweilige Verfügung der Bezirksverwaltungsbehörde vom 9. 6. 1997 sei als deren hoheitliches Handeln dem Land Tirol als Rechtsträger zuzurechnen. Der Untersagungsbescheid der Baubehörde erster Instanz habe sich nur an den Kläger gerichtet, nicht aber an die anderen Benützer des Gebäudes; diesen gegenüber habe er daher keine Rechtswirkungen entfaltet. Insoweit die Bezirksverwaltungsbehörde allenfalls fehlerhaft das gesamte Gebäude geräumt habe, sei dies der beklagten Partei nicht anzulasten. Ein allenfalls bestehender Amtshaftungsanspruch sei jedenfalls verjährt, denn der Schaden sei für den Kläger bereits mit Erlassung des Untersagungsbescheids erkennbar gewesen. Er habe bereits in einem Schreiben vom 15. 7. 1997 auf die eintretenden Schäden und die daraus resultierenden amtshaftungsrechtlichen Folgen hingewiesen. Darüber hinaus habe der Kläger nie über eine Gastgewerbeberechtigung für das Hotelobjekt verfügt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Dem Kläger sei das schuldhaft rechtswidrige Verhalten der beklagten Partei schon am 15. 7. 1997 bewusst gewesen, er habe auch den Schaden in Form des Mietzinsentgangs gekannt. Demnach habe die Verjährungsfrist am 15. 7. 1997 zu laufen begonnen, die erst am 18. 8. 2000 beim Erstgericht eingelangte Klage sei wegen Verjährung abzuweisen.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei. § 6 Abs 1 AHG normiere eine Ablaufhemmung, die unabhängig davon eintrete, ob ein Schaden durch einen Rechtsbehelf im Sinne des § 2 Abs 2 AHG noch abgewendet werden konnte. Der Anspruchsberechtigte habe ab Rechtskraft der die Amtshaftungsansprüche auslösenden Entscheidung noch jedenfalls ein Jahr Zeit, um seine Ansprüche geltend zu machen. Vom Geschädigten werde nicht verlangt, dass er vor Beendigung des Verwaltungsverfahrens - nur, um den Verjährungseintritt hintanzuhalten, - eine Amtshaftungsklage einbringen müsste. Vielmehr könne er das Verwaltungsverfahren zu Ende führen und dann ohne Rücksicht auf die Dauer dieses Verfahrens immer noch innerhalb eines vollen Jahres Amtshaftungsklage erheben. In Bezug auf den Bescheid vom 14. 4. 1997 habe die Verjährungsfrist daher nicht vor Ablauf eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. 4. 2000 geendet, weshalb die am 18. 8. 2000 beim Erstgericht eingelangte Amtshaftungsklage unabhängig von einer allenfalls durch das Aufforderungsschreiben gemäß § 8 AHG ausgelösten Hemmung der Verjährung jedenfalls noch rechtzeitig eingebracht worden sei. Der Bescheid vom 14. 4. 1997 habe nur die an den Kläger gerichtete Verpflichtung enthalten, die Benützung des Hotelobjekts zu unterlassen, nicht aber, dieses zu räumen. Die Untersagungsverpflichtung hätte an die Bestandnehmer des Objekts gerichtet werden müssen. Eine auf den Bescheid gestützte Räumung des Objekts wäre rechtswidrig gewesen. Dies habe die Bezirksverwaltungsbehörde offenbar erkannt und eine als einstweilige Verfügung bezeichnete Aufforderung an alle Bewohner des Objekts - und auch an den Kläger - erlassen, dieses bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu räumen. Diese einstweilige Verfügung habe nicht der Herstellung des bescheidmäßigen Zustands (entsprechend dem Bescheid vom 14. 4. 1997) dienen können. Sei aber dieser Bescheid bei objektiver Betrachtungsweise nicht geeignet gewesen, eine taugliche Rechtsgrundlage für eine gesetzwidrige Vollstreckung durch die Bezirksverwaltungsbehörde zu bilden, so sei dieser Bescheid für den Eintritt des vom Kläger behaupteten Schadens nicht adäquat kausal. Die Vollstreckung baupolizeilicher Bescheide falle nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden, sondern in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden. Die Räumung durch deren Organe sei daher - soweit sie der Durchsetzung des Bescheids vom 14. 4. 1997 dienen sollte - nicht funktionell für die beklagte Partei erfolgt, sondern auf Grund der "einstweiligen Verfügung" der Bezirksverwaltungsbehörde. Diese Vorgangsweise sei der beklagten Partei nicht zuzurechnen. Da der Bescheid vom 14. 4. 1997 für den behaupteten Schaden des Klägers nicht adäquat kausal gewesen sei, gelte dies auch für die Säumnis des Gemeindevorstands und des Gemeinderats der beklagten Partei, die über die Berufung des Klägers gegen diesen Bescheid nicht erkannt hätten. Der Kläger wäre ungeachtet der durchgeführten Vollstreckung nicht gehalten gewesen, die Bestandverträge aufzulösen und die Bestandnehmer zu einer Räumung des Objekts zu veranlassen, um einen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen.

Allerdings habe die beklagte Partei die Bezirksverwaltungsbehörde um Vollstreckung ersucht; zwar lägen insoweit keine Feststellungen des Erstgerichts vor, sie ergäben sich aber aus dem Akt der Bezirksverwaltungsbehörde. Das Ersuchen vom 22. 4. 1997 sei nicht als Bescheid zu werten und sei demnach auch keine Schadensursache. Dieses Ersuchen könnte aber im Sinne des § 43 Abs 3 letzter Satz Tiroler Bauordnung 1989 dahin gewertet werden, dass auf Grund von Gefahr im Verzug die bauliche Anlage durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne vorausgegangenes Verfahren geräumt werden sollte. In diesem Fall hätte die Verjährungsfrist mit Ablauf des Tages zu laufen begonnen, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden sei bzw ab dem er auf Grund der ihm bekannten Umstände zumutbarer Weise und ohne nennenswerte Mühe auf das Verschulden irgendeines Organs des Rechtsträgers hätte schließen können. Soweit sich der Ersatzanspruch auf dieses Ersuchen der beklagten Partei vom 22. 4. 1997 stützte, sei der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Räumung des Objekts am 11. 6. 1997 anzunehmen. Am 15. 7. 1997 habe der Kläger die beklagte Partei aber zur Anerkennung der Ersatzansprüche gemäß § 8 AHG aufgefordert und sei dadurch eine dreimonatige Hemmung der Verjährung gemäß § 6 Abs 1 letzter Satz AHG eingetreten. Daher erweise sich das Begehren der am 18. 8. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage, soweit sie den Ersatzanspruch aus dem Ersuchen der beklagten Partei vom 22. 4. 1997 ableite, als nicht verjährt.

Zweifellos sei das Ersuchen der beklagten Partei vom 22. 4. 1997 dahin zu verstehen, dass "wegen Gefahr im Verzug" die weitere Benützung des Objekts sofort verhindert werden solle, habe die Bezirksverwaltungsbehörde doch keine Befugnis zur Prüfung der Begründetheit dieses Ersuchens gehabt, und sei daher die auf Grund dieses Ersuchens durchgeführte Räumung unmittelbar der beklagten Partei als Baubehörde zuzurechnen. Die Räumung wäre demnach in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt und damit im Rahmen einer faktischen Amtshandlung erfolgt, deren Beurteilung auf ihre Rechtswidrigkeit vom Gericht selbst vorzunehmen sei. Das im Ergebnis auf Räumung des Objekts gerichtete Ersuchen der beklagten Partei an die Bezirksverwaltungsbehörde sei durch die damalige Sach- und Rechtslage nicht gedeckt und in Anbetracht der Umstände auch nicht vertretbar gewesen. Grundsätzlich könne daher daraus eine Haftung der beklagten Partei für die dem Kläger entstandenen Schäden resultieren. Die aufgezeigten Umstände seien in erster Instanz aber nicht ausreichend erörtert worden, weshalb das Verfahren insofern ergänzungsbedürftig sei. Ob der vom Kläger geltend gemachte Schaden ersatzpflichtig sei, hänge aber auch davon ab, ob er selbst oder, soweit er Ansprüche der Immobiliengesellschaft mbH geltend machte, diese über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügten oder ob eine solche hätte erteilt werden können. Für das Gastgewerbe bedürfe es nämlich einer Gewerbeberechtigung, deren Vorliegen der Kläger auch behauptet habe, doch habe das Erstgericht lediglich eine Feststellung über die Nachsicht des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises getroffen, nicht aber über das Bestehen einer Gewerbeberechtigung. Sollte diese vorgelegen sein oder hätte sie erteilt werden können, dann seien auch zur Höhe des Schadens Beweise aufzunehmen.

Der Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit Erkenntnis vom 27. 4. 2000 hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 14. 4. 1997, mit dem dem Kläger die weitere Benützung des Hotels "versagt" und ihm die Einstellung der "widmungswidrigen Benützung" aufgetragen worden war, ersatzlos behoben. Damit steht bindend fest, dass der Bescheid vom 14. 4. 1997 rechtswidrig erlassen wurde (SZ 68/191; Schragel AHG2 Rz 270 mwN). Dies wird von der beklagten Partei auch nicht in Zweifel gezogen.

Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts war dieser Bescheid für den Eintritt des vom Kläger behaupteten Schadens (Entgang von Mietzins) adäquat kausal. Eine Schadensursache ist nämlich nur dann inadäquat, wenn sie nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung wurde. Die Haftung ist lediglich dann zu verneinen, wenn als weitere Ursache des Schadens ein freies menschliches Handeln hinzukam, mit dem der Schädiger nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen brauchte (JBl 2001, 656; SZ 68/191). Erscheint die Ursache eines Schadens ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung des eingetretenen Erfolgs nicht als völlig ungeeignet und war die Verhaltensweise unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Handlung dem Verantwortlichen oder einem durchschnittlichen Menschen bekannten oder erkennbaren Umstände geeignet, eine Schadensfolge von der Art des eingetretenen Schadens in nicht ganz unerheblichem Grad zu begünstigen, dann wurde der Schaden adäquat herbeigeführt (SZ 68/191 mwN).

Nun war der Kläger als Adressat des Bescheids vom 14. 4. 1997 bis zu dessen Beseitigung dazu verhalten, die Benutzung der Hotelanlage auf die bisher vorgenommene Art aufzugeben und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einzustellen. Die fehlende Möglichkeit der Fortsetzung wirtschaftlicher Betätigung kann in diesem Fall weder als völlig unwahrscheinliche noch als atypische Ursache der ins Treffen geführten Schadensfolgen angesehen werden (vlg SZ 68/191). Auf Grund des an ihn gerichteten Bescheids wäre der Kläger - selbst ohne den späteren Vollzug durch die Bezirksverwaltungsbehörde - dazu verhalten gewesen, auf die Mieter einzuwirken, die Mietobjekte zu verlassen, weil jedenfalls der Kläger dem Bescheid, mit dem ihm die weitere Benützung untersagt worden war, Folge zu leisten hatte. Auf welche Weise und auf welcher Grundlage letztlich die Bezirksverwaltungsbehörde dem - nicht näher festgestellten - Ersuchen der beklagten Partei um Vollstreckung des Bescheids vom 14. 4. 1997 entsprochen hat, ist irrelevant, weil für die wie immer gewählte Vorgangsweise der Bezirksverwaltungsbehörde jedenfalls der rechtswidrige Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 14. 4. 1997 als Grundlage diente und dieser Bescheid - wie oben dargestellt - objektiv geeignet war, den vom Kläger behaupteten Schaden herbeizuführen, zumindest aber den Schadenseintritt in erheblichem Maß zu begünstigen. Die beklagte Partei musste angesichts des von ihr erlassenen Bescheids, um dessen Vollstreckung sie die Bezirksverwaltungsbehörde ersuchte, damit rechnen, dass es durch ihre Vorgangsweise zu einer Einstellung der bisherigen Nutzung der Hotelanlage durch den Kläger kommen werde; schon gar nicht kann die Vorgangsweise der ersuchten Vollstreckungsbehörde nicht als Handeln angesehen werden, mit dem die beklagte Partei nach der Lebenserfahrung nicht hätte rechnen müssen.

Da der vom Kläger behauptete Schaden als durch den Bescheid des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 14. 4. 1997 adäquat herbeigeführt anzusehen ist, stellt sich die Frage, ob die Ansprüche des Klägers bereits verjährt sind:

Gemäß § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach dessen § 1 in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Der Oberste Gerichtshof hat - wie das Gericht zweiter Instanz richtig erkannte - bereits mehrfach deutlich ausgesprochen, dass die Ergreifung von Rechtsmitteln und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof als außerordentliches Rechtsmittel bewirken, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft bzw Unabänderlichkeit der schadensverursachenden Entscheidung oder Verfügung endet. Diese Ablaufhemmung tritt unabhängig davon ein, ob ein Schaden durch einen derartigen Rechtsbehelf noch abgewendet werden konnte (1 Ob 199/00x; JBl 2000, 307; 1 Ob 1006, 1007/96; SZ 61/173; Schragel aaO Rz 226). Da die hier maßgebliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, mit der der Bescheid vom 14. 4. 1997 aufgehoben wurde, erst vom 27. 4. 2000 datiert, ist keine Verjährung der vom Kläger mit der beim Erstgericht am 18. 8. 2000 eingelangten Klage geltend gemachten Ersatzansprüche eingetreten.

Nach diesen Ausführungen erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob das Vollstreckungsersuchen der beklagten Partei an die Bezirksverwaltungsbehörde Amtshaftungsansprüche gegen die beklagte Partei begründen könnte und ob der in den Spruch eines Bescheids aufgenommene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen diesen Bescheid als Akt unmittelbaren Zwanges zu werten wäre.

Ausgehend von (unterschiedlichen) unrichtigen Rechtsansichten haben

sich die Vorinstanzen mit der Frage, ob die beklagte Partei dem

Kläger mit dem Bescheid vom 14. 4. 1997 schuldhaft den von ihm

behaupteten Schaden zugefügt habe, nicht auseinandergesetzt;

lediglich das Vollstreckungsersuchen der beklagten Partei an die

Bezirksverwaltungsbehörde wurde für unvertretbar erachtet (siehe S 25

des Berufungsurteils). Die Rechtsfrage, ob die Erlassung des

Bescheids vom 14. 4. 1997 vertretbar war, kann aber bereits vom

erkennenden Senat beantwortet werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat

bereits im Erkenntnis vom 27. 4. 2000 dargelegt, aus den Unterlagen

des Bauverfahrens ergebe sich, dass es sich beim Hotelobjekt um einen

Beherbergungsbetrieb gehandelt habe und dass das Objekt auch zu dem

aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Zweck benutzt worden

sei; die festgestellten feuerpolizeilichen und baulichen Mängel

könnten nicht Anlass für eine Untersagung der weiteren Benützung

sein. Soweit der Bürgermeister der beklagten Partei tatsachenwidrig

feststellte, das Gebäude sei "zu anderen Zwecken" genutzt worden und

daher die Einstellung der widmungswidrigen Benützung mit Bescheid

auferlegte, kann darin nur ein schuldhaftes Vorgehen erblickt werden,

denn im Tatsachenbereich bedurfte es von vornherein keiner Einholung

von Rechtsauskünften, die nach Ansicht der beklagten Partei (siehe

insbesondere S 8 der Klagebeantwortung, den vorbereitenden

Schriftsatz vom 22. 9. 2000 = ON 5 und S 9 der Berufungsbeantwortung)

die Bescheiderlassung als vertretbar erscheinen ließen. Dass die

festgestellten feuerpolizeilichen und baulichen Mängel die

Untersagung der weiteren Benützung nicht rechtfertigten, musste dem

Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz ebenfalls - ohne

Einholung von Rechtsauskünften - bewusst sein; dies ist auch schon

dadurch indiziert, dass die Überprüfung des Hotels bereits am 20. 12.

1996 stattfand, dem Bürgermeister aber bis zum 14. 4. 1997 - also

nahezu 4 Monate lang - das Einschreiten wegen der festgestellten

Mängel offensichtlich nicht erforderlich erschien. Die Erlassung des rechtswidrigen Bescheids vom 14. 4. 1997 beruhte demnach auf einem massiven Sorgfaltsverstoß und ist demnach schuldhaft erfolgt.

Das Gericht erster Instanz wird also das Verfahren im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts (nur) zur Frage des Vorliegens einer Gewerbeberechtigung und gegebenenfalls zur Schadenshöhe (S 26 f des Urteils der zweiten Instanz) zu ergänzen haben.

Dem Rekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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