Spruch:
1) Dem Wiederaufnahmeantrag wird stattgegeben.
Der Beschluss vom 30. August 2001, womit der außerordentliche Revisionsrekurs der Ausgleichsschuldnerin zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.
2) Der außerordentliche Revisionsrekurs der Ausgleichsschuldnerin wird gemäß § 76 AO Abs 1 iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Zu Punkt 1:
Mit Beschluss vom 30. 8. 2001 hat der Oberste Gerichtshof den außerordentlichen Revisionsrekurs der Ausgleichsschuldnerin als verspätet zurückgewiesen. Er ging dabei davon aus, dass der angefochtene Beschluss dem Vertreter der Ausgleichsschuldnerin am 22. 5. 2001 zugestellt, der Revisionsrekurs aber erst am 6. 6. 2001 bei Gericht überreicht wurde.
Die Ausgleichsschuldnerin macht nun in ihrem Wiederaufnahmeantrag geltend, dass der Revisionsrekurs nicht am 6. 6. 2001 bei Gericht überreicht, sondern am 5. 6. 2001 zur Post gegeben wurde. Sie begehrt unter analoger Anwendung der Bestimmungen des Wiederaufnahmeverfahrens erkennbar die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses.
Der Wiederaufnahmeantrag ist berechtigt.
Aufgrund der vorgelegten eidesstättigen Erklärung der Kanzleibediensteten, die Erklärung der Postangestellten, des Aufgabescheins und der Portolisten geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass der außerordentliche Revisionsrekurs entgegen dem gerichtlichen Kanzleivermerk nicht am 6. 6. 2001 bei Gericht überreicht, sondern am 5. 6. 2001 zur Post gegeben wurde.
Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:
Der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist allgemein in Streitverfahren sinngemäß auf den Fall eines durch die frühere Aktenlage gedeckten, aber sachlich unrichtigen Beschlusses auf Zurückweisung eines Rechtsmittels anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine Wiederaufnahmeklage, sondern um einen Wiederaufnahmeantrag, über den in analoger Anwendung der Bestimmungen des § 419 ZPO - also ohne förmliches Beweisverfahren - zu entscheiden ist. Stellt sich der ergangene Zurückweisungsbeschluss im Bescheinigungsverfahren als unrichtig heraus, ist er in Stattgebung des Wiederaufnahmebegehrens aufzuheben (vgl RIS-Justiz RS0044423, OGH 29. 4. 1997, 1 Ob 151/97f mwN = SZ 60/192 = JBl 1989, 402 = GesRZ 1988, 226).
Dies ist in dem eingeschränkten Umfange auch für das Konkurs- und das Ausgleichsverfahren zu übernehmen (vgl § 171 KO, § 76 AO). Wenngleich der erkennende Senat zuletzt in der Entscheidung vom 22. 2. 2001 zu 8
Ob 268/00w (unter Hinweis auf 8 Ob 37/95 = ZIK 1996, 215 und 8 Ob
328/99i = ZIK 2000, 210) festgehalten hat, dass ein einer Nichtigkeitsklage entsprechender "Nichtigkeitsantrag" mit dem Ziel, formell rechtskräftige Entscheidungen rückwirkend zu beseitigen, wegen der Vielzahl von Verfahrensbeteiligten und der Auswirkung auf zahlreiche materiellrechtliche Beziehungen auch bei Vorliegen des in § 529 Abs 1 Z 2 ZPO genannten Nichtigkeitsgrundes abzulehnen ist, gilt dies doch nicht für den Wiederaufnahmeantrag im obigen Sinne. Bezieht sich dieser doch nur auf das Rechtsmittel der Schuldnerin, das hier nur mit Wirkung ex nunc die Bestellung des Sachwalters beseitigen sollte.
Wegen der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten kommt die Anhörung eines Gegners wie im Streitverfahren (vgl dazu OGH 29. 4. 1997, 1 Ob 151/97f) nicht in Betracht.
Zu Punkt 2 des Beschlusses:
Mit Beschluss vom 7. 6. 1999 (ON 60) wurde der Ausgleich, mit dem sich die Ausgleichsschuldnerin der Überwachung durch den Sachwalter unterwarf, bestätigt und mit Beschluss vom 17. 7. 1999 (ON 68) der Ausgleich aufgehoben und die Überwachung durch den Sachwalter festgelegt.
Ab 17. 11. 1999 hat die Ausgleichsschuldnerin Anträge auf Enthebung des Sachwalters gestellt und darin auch verschiedene Mängel in seiner Tätigkeit als Ausgleichsverwalter und Sachwalter geltend gemacht. Das Vorliegen solcher Mängel wurde vom Erstgericht mit seinem Beschluss vom 26. 2. 2001 (ON 111) verneint und die Anträge auf Enthebung des Sachwalters abgewiesen.
Das Rekursgericht hat die Zurückweisung des gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurses mit dem angefochtenen Beschluss damit begründet, dass Entscheidungen über Beschwerden gemäß § 34 Abs 3 AO nicht anfechtbar seien und Enthebungsanträge vom Ausgleichsschuldner gemäß §§ 60 iVm 35 Abs 2 AO nur binnen 14 Tagen nach der Bestellung des Sachwalters gestellt werden könnten.
Die Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs gegen diesen Beschluss zeigen nun keine erhebliche Rechtsfrage auf. Verweist doch § 60 Abs 1 AO für die Überwachung des Sachwalters auf § 34 AO. Ebenso klar ordnet § 60 Abs 2 AO die Möglichkeit der Enthebung aus wichtigem Grund an und verweist auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs 2 und 3 AO. Das Rekursgericht ist daher zutreffend hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit von der Rechtsmittelbeschränkung des § 34 Abs 3 AO ausgegangen. Für den Enthebungsantrag ergibt sich die Fristbestimmung für den Ausgleichsschuldner aus § 35 Abs 2 AO zweiter Satz. Da der Ausgleichsschuldner nach Ablauf der darin vorgesehenen Frist von 14 Tagen zur Stellung eines Enthebungsantrages nicht mehr legitimiert ist, hat das Rekursgericht zutreffend auch seine Rechtsmittellegitimation verneint. Soweit die Ausgleichsschuldnerin versucht, die Antragslegitimation aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. 4. 1991, 8 Ob 26/90 (= RdW 1991, 360) abzuleiten, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich darin ein derartiger Rechtssatz nicht findet. Vielmehr wurde in dieser ein Konkursverfahren betreffenden Entscheidung sogar ausdrücklich Folgendes festgehalten:
"... Nach der nunmehrigen Anordnung des § 35 Abs 2 AO kann ein Enthebungsantrag jederzeit von jedem Mitglied des Gläubigerbeirates, insbesondere aber auch von jedem Gläubiger und vom Schuldner innerhalb von 14 Tagen nach der Bestellung des Ausgleichsverwalters gestellt werden ....".
Das Argument der Revisionsrekurswerberin, dass Nichtigkeiten von Amts wegen aufzugreifen sind, kann ihr die fehlende Rekurslegitimation nicht verschaffen, weil aus der Verpflichtung des Gerichts zu amtswegigem Handeln kein verfahrensrechtlicher Anspruch der Partei auf ein Tätigwerden des Gerichts abgeleitet werden kann (vgl zuletzt etwa OGH 25. 6. 2001, 8 Ob 159/01t mwN = RIS-Justiz RS0058452). Insgesamt vermag es der Revisionsrekurs jedenfalls nicht, eine Rechtsfrage im Sinne des § 526 Abs 1 ZPO iVm § 76 Abs 1 AO aufzuzeigen.
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