Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen wird.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 41.947,20 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 6.991,20 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Löschung der österreichischen Marken AM 7658/99 "Löwen-Zähne", AM 7659/99 "Kronen vom Löwen", AM 7660/99 "Ihre Dritten vom Löwen" und AM 7661/99 "Löwen-Kronen" einzuwilligen. Ihr mittlerweile verstorbener und seit Jahrzehnten als "Löwe" bekannter Geschäftsführer habe im Herbst 1999 angekündigt, dass die Klägerin auch im Bereich der Zahntechnik und Zahnmedizin tätig werden wolle. Die Beklagte habe am 26. 11. 1999 die im Begehren genannten Marken angemeldet, um die Werbung für die von der Klägerin angekündigten zahnmedizinischen Leistungen zu erschweren und zu behindern. Eine Verwendung der Marken durch die Beklagte verstieße gegen § 9 UWG, weil dadurch der Eindruck von in Wahrheit nicht bestehenden Beziehungen zwischen den Streitteilen erweckt würde. Die Beklagte habe die Marken demnach angemeldet, ohne sie verwenden zu können; auch dies zeige, dass die Beklagte allein die Absicht verfolgt habe, die Klägerin zu behindern. Mit dem Löschungsanspruch mache die Klägerin einen wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch geltend.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren zurück-, in eventu abzuweisen. Der Rechtsweg sei unzulässig, weil die Klägerin in Wahrheit einen Anspruch auf Löschung registrierter Marken geltend mache. Zur Entscheidung darüber sei ausschließlich die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts berufen. Das Klagebegehren sei auch in der Sache nicht begründet. Der Beklagten sei im Zeitpunkt der Markenanmeldung die Absicht der Klägerin, im Handwerk der Zahntechniker tätig zu werden, nicht bekannt gewesen. Erst nachträglich habe sie vom Plan des verstorbenen Geschäftsführers der Klägerin erfahren, eine Zahnklinik zu errichten. Eine Zahnklinik erbringe ausschließlich zahnärztliche Leistungen; zwischen einem Zahnarzt und einem Zahntechniker bestehe kein Wettbewerbsverhältnis.
Das Erstgericht wies die Klage mit Beschluss vom 19. März 2001 (ON 4) zurück; mit Beschluss vom 4. April 2001 (ON 6) ergänzte es den Zurückweisungsbeschluss um die Kostenentscheidung. Bis zur MarkenrechtsNov 1999 seien Verletzungen des Markenrechts nur nach dem UWG zu verfolgen gewesen. Seit der Novelle biete auch das Markenschutzgesetz durch § 34 MSchG Schutz vor Verletzungen des Markenrechts. Nunmehr sei damit ausschließlich die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts für die Löschung einer Marke nach § 34 MSchG zuständig.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die vom Markenschutzgesetz gewährten Ansprüche seien entweder einem Gericht oder der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts als Verwaltungsbehörde zur Vollziehung zugewiesen. Der Gesetzgeber habe alle Löschungsansprüche in der Nichtigkeitsabteilung konzentrieren wollen. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch falle unter den neuen Tatbestand des § 34 MSchG; zur Entscheidung darüber sei die Nichtigkeitsabteilung berufen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt maßgebend. Ist der geltend gemachte Anspruch privatrechtlicher Natur, so haben darüber die Gerichte zu entscheiden; andernfalls fällt er in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden (ua 8 Ob 692, 693/89 = SZ 63/96; Mayr in Rechberger, ZPO**2 vor § 1 JN Rz 6; Ballon in Fasching**2 I § 1 JN Rz 72, jeweils mwN).
Ob der Rechtsweg zulässig ist, hängt demnach davon ab, welchen Anspruch die Klägerin geltend macht und worauf sie ihren Anspruch stützt. Das Begehren der Klägerin ist - wie sie zu Recht hervorhebt - nicht auf die Löschung der angegriffenen Marken durch das Gericht, sondern auf die Einwilligung der Beklagten in die - von der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vorzunehmende - Markenlöschung gerichtet. Die Klägerin stützt ihren Anspruch darauf, dass die Beklagte die Marken in Behinderungsabsicht angemeldet und damit im Sinne des § 1 UWG wettbewerbswidrig gehandelt habe.
Wettbewerbswidriges Handeln verpflichtet zur Unterlassung (§ 14 UWG) und auch zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands (§ 15 UWG). Der Beseitigungsanspruch wird nicht dadurch gehindert, dass nicht gleichzeitig ein Unterlassungsanspruch erhoben wird (4 Ob 176/01p). Mit dem Begehren, in die Löschung einer Marke einzuwilligen, wird ein Beseitigungsanspruch erhoben.
Die Klägerin macht demnach einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend. Über wettbewerbsrechtliche Ansprüche ist - wie auch von der Beklagten und den Vorinstanzen nicht in Frage gestellt - von den Gerichten zu entscheiden.
Das angerufene Gericht hat damit in der Sachentscheidung darüber abzusprechen, ob der von der Klägerin erhobene wettbewerbsrechtliche Anspruch besteht oder ob - wie die Vorinstanzen annehmen - der sittenwidrige Markenrechtserwerb durch § 34 MSchG idF der MarkenrechtsNov 1999, BGBl I 1999/111, abschließend geregelt ist. Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs spielt diese Frage keine Rolle (Mayr in Rechberger aaO).
Bemerkt sei nur, dass die Erläuternden Bemerkungen die Auffassung der Vorinstanzen nicht stützen. Die vom Rekursgericht wiedergegebenen Ausführungen, wonach die Zitierung des § 66 "aus Gründen der Vollständigkeit" in die Aufzählung des § 37 MSchG eingefügt wurde (1643 BlgNR 20. GP 32), sind nicht dahin zu verstehen, dass andernfalls die Gerichte für die Löschung von Verbandsmarken aus den in § 66 MSchG angeführten Gründen zuständig wären. Die Erläuternden Bemerkungen stellen damit nur klar, dass in § 37 MSchG alle Löschungstatbestände des Markenschutzgesetzes aufgezählt werden sollen. Mit der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Gerichten und der Nichtigkeitsabteilung befassen sich die Erläuternden Bemerkungen weder an dieser Stelle noch bei der Erläuterung des neuen Löschungstatbestands eines bösgläubigen Markenrechtserwerbs (§ 34 MSchG; 1643 BlgNR 20. GP 31).
Zu der vom Erstgericht zitierten Anmerkung von Schanda zur Entscheidung 4 Ob 310/98m (= ecolex 1999/314 - Pinkplus), wonach es fraglich sei, ob angesichts des durch § 34 MSchG eingeführten Löschungstatbestands "auch zukünftig eine Löschung durch das Gericht angeordnet werden kann", ist zu bemerken, dass die Löschung einer Marke immer nur von der Nichtigkeitsabteilung angeordnet werden konnte. In die Entscheidungsbefugnis des Gerichts konnte und kann nur die Entscheidung über den wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Einwilligung des Markeninhabers in die Löschung seiner Marke fallen.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1, § 41 ZPO, wobei für den zweiten Rekurs (ON 8) keine Kosten zuzuerkennen waren, weil dieser überflüssig war.
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