OGH 4Ob251/01t

OGH4Ob251/01t13.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in Wien, gegen (erst)beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer, Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Rechnungslegung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 5. September 2001, GZ 2 R 146/01f-36, womit der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. Mai 2001, GZ 2 Cg 186/00a-30, aufgehoben und dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin vertreibt in Österreich das Trinkwasserrohrsystem KELIT HIT unter dem Slogan "Das blaue Rohr". Sie verwendet dafür einen blauen Sonderfarbton. Die (Erst)Beklagte vertreibt das von der italienischen Firma T***** hergestellte Sanitärrohrsystem Cobratherm in Österreich, dessen Trinkwasserrohre und Sanitärformstücke jenen der Klägerin sowohl in Abmessung und Dimension als auch im Farbton 1 : 1 gleichen.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Trinkwasserrohrsysteme und Sanitärformstücke unter der angeführten Bezeichnung zu vertreiben oder zu bewerben, sofern diese in dem von der Klägerin verwendeten blauen Sonderfarbton oder einem diesem verwechslungsfähig ähnlichen anderen blauen Sonderfarbton gehalten sind.

Die Beklagte beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen. Nach Schriftsatzwechsel wies das Erstgericht einen Schriftsatz der Klägerin vom 29. 9. 2000 (ON 7) zurück, worauf die Klägerin am 9. 5. 2001 einen weiteren Sicherungsantrag einbrachte, zu dessen Inhalt sie unter anderem auch ihr davor zurückgewiesenes Vorbringen samt Bescheinigungsanbot machte.

Das Erstgericht wies den zweiten Sicherungsantrag wegen Streitanhängigkeit a limine zurück. Eine Zustellung des zweiten Sicherungsantrages an die Beklagte war unterblieben.

Das Rekursgericht hob den Zurückweisungsbeschluss auf und trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über den zweiten Sicherungsantrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf (ON 36). Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Grund für die Abweisung des ersten Sicherungsantrags sei dessen Unschlüssigkeit gewesen; er stehe demnach dem zweiten - schlüssig begründeten - Sicherungsantrag nicht entgegen.

Mit Entscheidung vom selben Tag wies das Rekursgericht den ersten Sicherungsantrag (nach Erledigung der ihm vom Obersten Gerichtshof aufgetragenen Beweisrüge) ab (ON 35).

Beide Entscheidungen des Rekursgerichts wurden (auch) der Beklagten zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss ON 36 erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist jedenfalls unzulässig.

Das Erstgericht hat den Sicherungsantrag vom 9. 5. 2001 ohne vorherige Zustellung an die Beklagte und ohne deren Anhörung zurückgewiesen; es hat somit über den zweiten Sicherungsantrag entschieden, ohne dass die Beklagte an diesem Verfahren beteiligt worden wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung steht der Beklagten ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht vor Streitanhängigkeit zurückgewiesene Klage aufträgt, nicht zu (Judikat 61 = SZ 27/290; EvBl 1997/7). Diese Grundsätze wendet der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung nicht nur auf die a limine-Zurückweisung der Klage wegen Unzuständigkeit, sondern auch auf jene wegen anderer Prozesshindernisse wie des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit, der Unzulässigkeit des Rechtsweges, der Streitanhängigkeit, sowie der Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses (somit auf alle Fälle an, in denen das Erstgericht die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen vor dem Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen hat und das Rekursgericht dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufträgt = EvBl 1997/7; 3 Ob 69/92; RIS-Justiz RS0039200). Dieser Grundsatz gilt gemäß § 78 und § 402 EO, aber auch für Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen (4 Ob 43/88).

Da die Beklagte im Zeitpunkt der Fassung des Beschlusses erster Instanz am Verfahren über den Sicherungsantrag vom 9. 5. 2001 nicht beteiligt war, steht ihr auch kein Rekursrecht gegen den Beschluss des Rekursgerichtes zu. Die Zustellung der Beschlüsse des Erst- und des Rekursgerichtes vermögen daran nichts zu ändern, weil hiedurch die prozessuale Stellung der Beklagten, die in diesem Verfahrensstadium noch keine Parteistellung besitzt, nicht geändert wurde (EvBl 1997/7 mwN).

Der Revisionsrekurs der Beklagten wird demnach als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.

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