Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagende Partei binnen 14 Tagen die mit S 5.500,80 (darin enthalten S 916,80 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Zur Vorgeschichte kann auf die mehrmals veröffentlichte Entscheidung 5 Ob 288/99k verwiesen werden. Demnach blieb zu klären, wie hoch die von der beklagten Partei in der Errichtungsphase der verfahrensgegenständlichen Reihenhausanlage einbehaltenen Skonti sind und ob der von den Käufern des Hauses Nr. 4 verlangte Gesamtpreis den am Kostendeckungsprinzip orientierten Preisbildungsvorschriften des WGG 1979 widerspricht, ob ihnen also "insgesamt mehr verrechnet wurde, als die Entgelts- und Preisbestimmungen des genannten Gesetzes zulassen". Als mögliche Rechtfertigung für den Einbehalt der Skonti durch die beklagte Partei stand dabei insbesondere im Raum, sie seien ein Äquivalent für die wegen "vorzeitiger" Zahlung entstandenen Kosten einer Zwischenfinanzierung oder für die der beklagten Partei durch den Einsatz von Eigenmitteln entgangenen Zinsen.
Die Höhe der auf die Käufer des Reihenhauses Nr. 4 entfallenden Skonti stehen mittlerweile mit S 60.000,-- außer Streit.
Dass ihr durch die vorzeitige Zahlung Zwischenfinanzierungskosten entstanden oder Zinsen für den Einsatz von Eigenmitteln entgangen wären, hat die beklagte Partei im weiteren Verfahren nicht geltend gemacht. Sie brachte lediglich vor, der von den Käufern des Reihenhauses Nr. 4 verlangte Gesamtkaufpreis habe den Preisbildungsvorschriften des WGG 1979 entsprochen (das Kostendeckungsprinzip insgesamt nicht verletzt), weil sie für die Sonderausstattung des betreffenden Hauses (als Musterhaus) S 253.186,09 aufgewendet, dafür aber nur S 120.000,-- verlangt und erhalten habe, was die einbehaltenen Skonti mehr als ausgleiche.
Die Klägerin wendete dagegen ein, bei den von der beklagten Partei aufgewendeten und den Käufern pauschal in Rechnung gestellten "Zusatzkosten" für die Errichtung (Ausstattung) eines Musterhauses habe es sich nicht um Bau- oder sonstige Errichtungskosten iSd WGG gehandelt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 65.000,-- sA statt, wobei es zur Frage des im Gesamtpreis enthaltenen Entgelts für die Sonderausstattung des verfahrensgegenständlichen Hauses feststellte:
Zur Ausstattung des Reihenhauses Nr. 4 als Musterhaus gab die beklagte Partei Malerarbeiten, Beschlagarbeiten, Beleuchtungsarbeiten, Fliesenlegerarbeiten, Parkettbodenverlegearbeiten und Tischlerarbeiten in Auftrag und bezahlte hiefür an die Professionisten insgesamt S 210.988,41 netto bzw 253.186,-- brutto.
Nach einer Korrespondenz zwischen der beklagten Partei und den Käufern des Hauses einigten sich diese auf einen Betrag von S 120.000,--; mit diesem Betrag wurden die Kosten der Sonderausstattung im Rahmen einer vergleichsweisen Zusatzvereinbarung pauschaliert.
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Kosten für den Umbau des Hauses Nr. 4 als "Musterhaus" hätten bei der in §§ 13, 14 WGG geregelten Berechnungsmethode außer Betracht zu bleiben. Derartige Umbaukosten seien nicht unter das WGG zu subsumieren. Die zwischen der Beklagten und den Käufern getroffene Preisvereinbarung zur Abgeltung der Umbauarbeiten mit einem Betrag von S 120.000,-- unterliege daher insgesamt nicht dem Kostendeckungsprinzip. Ausschließlich der im Kaufanwartschaftsvertrag vom 30. 11. 1995 vereinbarte Kaufpreis könne in Anwendung des § 15 WGG auf seine Angemessenheit überprüft werden, nicht jedoch der von den Käufern bezahlte Abschlagpreis für die Umbauarbeiten zur Ausstattung des Reihenhauses Nr. 4 als Musterhaus.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil so ab, dass es dem Klagebegehren nur im Umfang von S 60.000,-- sA stattgab. Es führte aus:
Das Erstgericht habe offenbar übersehen, dass die Parteien den auf das verfahrensgegenständliche Haus entfallenden Skontobetrag an reinem Kapital mit S 60.000,-- außer Streit gestellt haben, was die Abweisung von S 5.000,-- sA bedinge; im Übrigen sei jedoch die Berufung nicht berechtigt.
Das Vorbringen der Klägerin, die Käufer des Hauses Nr. 4 hätten die streitgegenständliche Forderung an die Klägerin abgetreten, sei von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht substantiiert bestritten worden. Die bloße pauschale Bestreitung der "Aktivlegitimation der klagenden Partei" im Einspruch gegen den Zahlungsbefehl enthalte kein Tatsachenvorbringen, das der von der Klägerin behaupteten Abtretung der Rückforderungsansprüche der Käufer an sie entgegensteht. Es sei daher an der aktiven Klagslegitimation der Klägerin nicht zu zweifeln, wenngleich sie die als Beweismittel angebotenen Abtretungserklärungen nicht vorgelegt habe. Von der aktiven Klagslegitimation der Klägerin sei im Übrigen implizit auch schon der Oberste Gerichtshof im ersten Rechtsgang ausgegangen.
Was das zur Rechtfertigung des Skonti-Einbehalts vorgetragene Argument der Beklagten betreffe, sei ihm schon das Erstgericht mit zutreffender Begründung nicht gefolgt (§ 500a ZPO).
Nach § 15 Abs 1 WGG 1979 (WGG) sei der Preis für die Übertragung des Eigentums (Miteigentums) an Wohnhäusern angemessen, wenn er unter Bedachtnahme auf § 12 WGG gebildet wird. Nach dem sohin auch für den Kauf von Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern geltenden Kostendeckungsprinzip hätten Erwerber von Eigentum keinen höheren Preis zu zahlen als die gesamten Herstellungskosten (§ 13 Abs 2 WGG) und einen höchstens 2 %igen Zuschlag als "Rücklage" (= Eigenkapitalbildung der gemeinnützigen Bauvereinigung).
Unter die Herstellungskosten (§ 13 Abs 2 WGG) fielen nur die "aufgewendeten Baukosten" (Z 1), die Grund- und Aufschließungskosten (Z 2) sowie die sonstigen Kosten (Z 3), also die Bauverwaltungs- und Finanzierungskosten.
Zu den unter § 13 Abs 2 Z 2 und Z 3 WGG genannten Grundkosten (vgl § 2 ERVO 1994), Aufschließungskosten (§ 3 ERVO 1994) und Bauverwaltungs- und sonstigen Kosten (§ 4 ERVO 1994) zählten die Kosten der baulichen Sonderausstattung des Musterhauses, auf die sich die Beklagte beruft, jedenfalls nicht. Die Beklagte wende ja nicht einen Pauschalbetrag für die Bauverwaltung wegen der über die normale, auf Verlangen der Hausverkäufer vorgenommenen Ausstattung ein (vgl § 4 Abs 4 ERVO 1994).
Die Kosten der Sonderausstattung für das Musterhaus Nr. 4 seien aber auch keine Herstellungskosten, die für die widmungsgemäße Benützung der Baulichkeit aufgewendet wurden (§ 13 Abs 2 Z 1 WGG). Es handle sich dabei vielmehr um Zusatzkosten, die "normalerweise von den Käufern als Eigenleistung zu erbringen" wären, wovon die Beklagte in ihren Schreiben vom 3. Oktober 1995, 10. Oktober 1995 (in dem zwischen Baukosten-Eigenmitteln und "Ausstattung" unterschieden wurde), 23. November 1995 (in dem zwischen den "Gesamtkosten für das Reihenhaus Nr. 4" und den "Kosten der Sonderausstattung" unterschieden wurde) ausging.
Über diese - nicht den Preisbildungsvorschriften des WGG unterliegenden - Kosten hätten aber die Käufer des Hauses Nr. 4 und die Beklagte - wie außer Streit gestellt worden sei - einen streitbereinigenden Vergleich geschlossen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil - soweit überblickbar - der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, ob Aufwendungen einer gemeinnützigen Bauvereinigung zur Ausstattung eines Musterhauses unter die Baukosten im Sinne der §§ 13 Abs 2 Z 1 WGG, 1 ERVO 1994 fallen.
Mit ihrer Revision strebt die beklagte Partei primär die Abänderung des Berufungsurteils in eine gänzliche Abweisung des Klagebegehrens an; hilfsweise soll die zweitinstanzliche Kostenentscheidung so abgeändert werden, dass der Klägerin gemäß § 43 Abs 1 ZPO lediglich 84,6 % der aufgewendeten Verfahrenskosten zu ersetzen sind; schließlich enthält das Rechtsmittel noch einen Aufhebungsantrag.
Die klagende Partei hat dazu eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Bestätigung des Berufungsurteils beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Als Nebenargument ihrer Rechtsmittelausführungen greift die beklagte Partei nochmals die Frage der Aktivlegitimation der klagenden Partei auf. Sie meint, ihr diesbezügliches Vorbringen - die Bestreitung der Sachlegitimation der klagenden Partei im Einspruch gegen den Zahlungsbefehl - habe ausgereicht, um der klagenden Partei den Nachweis der behaupteten Forderungsabtretung abzuverlangen, sodass nicht von einer schlüssigen Außerstreitstellung der Aktivlegitimation ausgegangen werden könne. Unter Berücksichtigung der besonderen Fallkonstellation ist jedoch darin kein Beurteilungsfehler zu erblicken. Ob tatsächliche Behauptungen einer Partei mangels eines ausdrücklichen Geständnisses des Gegners als zugestanden anzusehen sind, hat nämlich das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens zu beurteilen. Das konzentrierte sich darauf, die viel diskutierte Streitfrage zu klären, ob bzw unter welchen Voraussetzungen eine gemeinnützige Bauvereinigung Baukosten-Skonti einbehalten darf. Von Anfang an war klar, dass es sich - wie dies auch in der Entscheidung 5 Ob 288/99k zum Ausdruck gebracht wurde - beim gegenständlichen Verfahren um einen "Musterprozess" handelt. In der genannten Entscheidung wurde sogar, um die eigentliche Streitfrage zu beantworten, explizit unterstellt, dass der Klägerin allfällige Forderungen der Käufer des Hauses Nr. 4 gegen die beklagte Partei wegen zu Unrecht einbehaltener Skonti abgetreten wurden. Dennoch hat es die beklagte Partei immer - auch m zweiten Rechtsgang - unterlassen, ihren bei Prozessbeginn erhobenen Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der klagenden Partei näher auszuführen oder darauf hinzuwirken, dass der von der klagenden Partei angebotene urkundliche Beweis für die Forderungsabtretung aufgenommen wird. Unter diesen Umständen billigt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung an die Klägerin in Wahrheit gar kein Streitpunkt war.
Die (selbständige) Anfechtung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts scheitert an § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
Was die eigentliche Streitfrage des Verfahrens betrifft, argumentiert die beklagte Partei vor allem damit, dass es sich bei den für die Sonderausstattung des Musterhauses Nr. 4 aufgewendeten Kosten entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen sehr wohl um Baukosten iSd § 1 ERVO 1994 iVm § 13 Abs 2 Z 1 WGG gehandelt habe, weil darunter alle der Errichtung der Baulichkeit zurechenbaren Aufwendungen zu subsumieren seien. Da der den Käufern des Musterhauses gewährte Preisnachlass für die Sonderausstattung die einbehaltenen Skonti bei weitem übersteige, liege nach den rechtlichen Vorgaben der Entscheidung 5 Ob 288/99k "insgesamt" keine Verletzung der Preisbildungsvorschriften des WGG 1979 vor; der Gesamtpreis entspreche dem Kostendeckungsprinzip.
Diese Argumentation ist nicht zielführend.
Richtig ist, dass von einer Verletzung des Kostendeckungsprinzips idR nur dann gesprochen werden kann, wenn dem Vertragspartner der gemeinnützigen Bauvereinigung insgesamt mehr verrechnet wurde, als die Entgelts- und Preisbestimmungen des WGG 1979 zulassen, weil andernfalls jeder Kalkulations- oder Verrechnungsfehler zu Lasten der GBV ginge (5 Ob 288/99k). Im Rahmen einer Gesamtpreisvereinbarung kann daher ein der GVV zu ihren Lasten unterlaufender Kalkulationsfehler durch eine das Kostendeckungsprinzip insgesamt nicht verletzende Einbehaltung von Baukosten-Skonti ausgeglichen werden. Anderseits ist jedoch eine Vereinbarung bindend, in der die GBV das Entgelt oder - wie hier - den Preis für ein Wohnungseigentumsobjekt von vorn herein niedriger ansetzt, als sie nach den Preisbildungsvorschriften des WGG 1979 verlangen dürfte. Rechtsunwirksam ist nämlich eine mit einer GBV abgeschlossene Entgelts- oder Preisvereinbarung gemäß § 21 Abs 1 Z 1 WGG 1979 nur dann, wenn sie zum Nachteil ihres Partners von den Bestimmungen der §§ 13 bis 15, 15b bis 20 und 22 WGG 1979 abweicht (MietSlg 38/41; MietSlg 39/42; MietSlg 42/22; MietSlg 44/25; WoBl 1993, 111/76 [Markl]; MietSlg 47/13 ua). Das hat auch zu gelten, wenn über einen bestimmten Teil der Baukosten eine den Vertragspartner der GBV begünstigten Vereinbarung getroffen wird.
Im gegenständlichen Fall ist eine solche Vereinbarung zustandegekommen, weil sich die beklagte Partei und die Käufer des Musterhauses darauf verglichen haben, die Aufwendungen für die Sonderausstattung dieses Hauses, die sich angeblich auf S 253.186,-- belaufen haben, pauschal lediglich mit S 120.000,-- abzugelten. Diese Vereinbarung schließt es aus, den Differenzbetrag mit den zu Unrecht einbehaltenen Baukosten-Skonti zu verrechnen, und zwar unabhängig davon, ob die Kosten der Sonderausstattung des Musterhauses zu den Baukosten iSd § 13 Abs 2 Z 1 WGG zählen oder - wie die klagende Partei meint - Kosten eigener Art sind, weil sie ja ansonsten auf alle Käufer von Reihenhäusern und nicht nur auf die Käufer des (von den Besuchen vieler Kaufinteressen abgenützten) Musterhauses überwälzt werden müssten.
In diesem Zusammenhang hat die beklagte Partei zwar auch die Annahme des Berufungsgerichtes bekämpft, sie habe über die Kosten der Sonderausstattung des Musterhauses mit den Käufern einen "streitbereinigenden" Vergleich geschlossen, was sich ihrer Meinung nach mit den tatsächlich getroffenen Feststellungen nicht vereinbaren lasse und deshalb den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bzw der Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils begründe, doch ist diesem Argument schon deshalb der Boden entzogen, weil die rechtliche Beurteilung des erkennenden Senats, die zur Bestätigung des Berufungsurteils führt, ohnehin von den erstrichterlichen Feststellungen ausgeht. Demnach wurde, selbst wenn man nicht die streitbereinigende Wirkung eines echten Vergleichs unterstellt, eine bindende Sondervereinbarung über die Zusatzkosten der Ausstattung des Musterhauses getroffen, die keine Verrechnung mit den einbehaltenen Baukosten-Skonti erlaubt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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