OGH 14Os135/01

OGH14Os135/016.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Leopold Josef F***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 28. Juni 2001, GZ 63a Vr 2.193/00-108, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Leopold Josef F***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt und teils durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben Nachgenannte zur Duldung des Beischlafes bzw diesem gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, und zwar

I. in der Zeit von Dezember 1998 bis März 1999 Sylwia M***** zur Duldung des Beischlafes in fünf Fällen, indem er sie bei vier Gelegenheiten auf das Bett stieß, an den Händen festhielt, sich auf sie legte und ihre Füße gewaltsam auseinanderpresste, und einmal, indem er sie auf die Couch zerrte, sie gegen diese drückte, ihre Hände über dem Kopf festhielt und sich auf sie legte;

II. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Juni 1999 Gianina Luminata C***** zur Duldung des Beischlafes, indem er sie gewaltsam auf das Bett drückte, ihre Handgelenke packte und verdrehte und mit ihrem rechten Handgelenk mehrmals gegen die Bettkante schlug, wodurch sie dort eine Prellung erlitt;

III. in der Zeit von 23. November bis 28. November 2000 Magdalena S*****, indem er sie auf das Bett drängte, ihre Schultern und ihren Brustkorb auf das Bett presste, ihre Handgelenke über dem Kopf festhielt und ihre Beine auseinanderpresste, sie weiters mit dem Umbringen bedrohte und sie beim Oralverkehr am Nacken hielt und den Kopf nach unten drückte, in ca 20 Fällen zur Duldung des Beischlafes und in ca fünf Fällen zur Duldung von Oral- und Analverkehr.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider haben die Tatrichter den Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines zum Beweis dafür, dass die von Magdalena S***** angeführten Schreie anlässlich der Vergewaltigungen auch in den Appartements gehört hätten werden müssen, von den in der Hauptverhandlung vernommenen Appartement-Besitzern aber keine Schreie wahrgenommen wurden (S 274 f/II), mit Recht abgewiesen. Abgesehen davon, dass das Tatopfer bei seinen bezüglichen Angaben vor der Gendarmerie ("wenn ich vor Schmerzen schrie und weinte ..."; S 27/I) und Untersuchungsrichter (bezogen auf einen Oralverkehr: "Er hat gesehen, dass ich weine und dass ich geschrieen habe"; S 126/I sowie "Ich habe geweint, ich habe auch geschrieen, aber das war in der Nacht, in der Nacht ist niemand dort"; S 138/I) weder die Intensität (Dauer und Lautstärke) noch die Anzahl derjenigen Vorfälle aus den insgesamt 25 Übergriffen angab, wird von keinem der Appartement-Besitzer eine lückenlose Anwesenheit am Tatort im Tatzeitraum behauptet und entspricht es allgemeiner Erfahrung, dass etwa im Schlaf oder bei entsprechender Geräuschkulisse (Fernseh- oder Radioapparate; Unterhaltung mit anderen Personen) Schreie nicht bekannter, also nicht notwendig besonderer Lautstärke, zumal in anderen Etagen nicht gehört werden müssen, wie es der Antrag behauptet.

Der Mängelrüge (Z 5) ist entgegenzuhalten, dass sich das Erstgericht im Rahmen seiner ausführlichen Beweiswürdigung sehr wohl auch mit der Aussage des Zeugen Johann W***** befasste, indem es darlegte, dass dieser keine unmittelbaren Wahrnehmungen über die Art der sexuellen Beziehungen des Angeklagten zu den Opfern berichten habe können (US 12) und als Schwager des Angeklagten dadurch unglaubwürdig versucht habe, diesen zu entlasten, indem er sexuelle Freizügigkeiten der Frauen schilderte (US 17 f).

Mit Recht weisen die Tatrichter überdies darauf hin, dass auch im Falle des Zutreffens jener Aussagen des Zeugen keine relevanten Schlüsse auf die - kritisch und eingehend erörterte - Glaubwürdigkeit der Tatopfer zu ziehen sind.

Eine Erörterung des Umstands, dass Magdalena S***** bei der kontradiktorischen Vernehmung angegeben hatte, vom Angeklagten nicht geschlagen worden zu sein, konnte unterbleiben, wird dem Beschwerdeführer doch eine solche Handlungsweise gar nicht vorgeworfen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Da das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kennt, war auf den vom Angeklagten verfassten Schriftsatz vom 24. Oktober 2001 keine Rücksicht zu nehmen (Mayerhofer StPO4 § 285 E 36).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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