OGH 15Os102/01

OGH15Os102/0125.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Oktober 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Februar 2001, GZ 3b Vr 1423/00-51, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, und des Verteidigers Dr. Rifaat, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft, nicht aber jener des Angeklagten, wird teilweise Folge gegeben und es wird die über Peter H***** verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 Jahre erhöht, wobei gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Teil der Strafe von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung und gewerbsmäßig im Urteil namentlich angeführte Geschädigte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich sein Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde bzw. die Vorgabe, auflaufende Rechnungen würden von der S***** AG oder der V***** AG beglichen, zu Handlungen, welche die Genannten am Vermögen um einen 500.000,-- S übersteigenden Betrag schädigten oder schädigen sollten, nämlich zur Anfertigung und Übergabe von Kleidungsstücken und anderen Waren (I./A./l./, 3./, 4./), zur Ausfolgung von zwei Ringen (I./A./2./) sowie zur Erbringung von Dienstleistungen (I./A./5./ bis 8./, B./) veranlasst oder zu veranlassen getrachtet (II./l./, 3./), sowie - und nur insoweit für das Rechtsmittelverfahren von Relevanz - zu erreichen versucht, dass

(II./2./) im August 1999 in Wien Berechtigte der S***** trotz fehlender Deckung seines Kontos einen Betrag von 2,198.325,-- S auf das Konto des Romee d' H***** zum Ankauf von Aktien überweisen;

(II./4./) am 20. Oktober und 15. November 2000 in Wien Berechtigte der P***** GmbH ihm die Liegenschaft in 1180 Wien, P***** überlassen und eine Aufsandungserklärung abgeben, wodurch die P***** GmbH um den Wert der Liegenschaft in Höhe von S 45 Millionen geschädigt werden sollte;

(II./5./) am 20. Oktober 2000 in Wien Berechtigte der Botschaft der Republik K***** ihm die Liegenschaft in 1180 Wien, F***** überlassen, wodurch die Republik K***** um den Wert der Liegenschaft in Höhe von S 24 Millionen geschädigt werden sollte.

Die Schuldsprüche zu II./2./, II./4./ und II./5./ bekämpft der Beschwerdeführer mit der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese schlägt jedoch fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge behauptet zu II./2./ das Fehlen von "Rechtsausführungen" zur objektiven und subjektiven Tatseite, weil dem Urteil nicht zu entnehmen sei, weshalb die bloße Zahlungsanweisung an ein Bankinstitut, das bereits mit Mahnklage und Exekutionsschritten gegen den Angeklagten vorgegangen war, eine Täuschung darstelle sowie worin diese bestehen solle. Damit vernachlässigt die Beschwerde zum einen, dass selbst das Fehlen einer - hier aber ohnedies vorliegenden (US 19) - ausdrücklichen rechtlichen Urteilsbegründung allein keinen Nichtigkeitsgrund darstellen würde (Mayerhofer StPO4 § 270 E 146 f). Zum anderen übersieht sie, dass die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zum qualifizierten Betrugsvorsatz (US 3, 7 f) und zur in Ausführung des Tatentschlusses (US 10) versuchten Täuschung (durch Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde [US 3, 7], der trotz fehlender Deckung die Bank zur Überweisung von 2,198.326,-- S anwies, was nur unterblieb, weil im Zuge der Bearbeitung des Überweisungsauftrages der auf dem Konto unberichtigt aushaftende Saldo bemerkt wurde [US 10]), von den Tatrichtern getroffen wurden. Durch das Negieren dieser den Betrugsversuch konkretisierenden Urteilskonstatierungen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zu II./2./ nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Verfehlt sind die zu II./4./ im Hinblick auf die von der Verkäuferin geforderten, vom Beschwerdeführer jedoch nicht erbringbaren Eigenmittel- oder Finanzierungsnachweise angestellten Erwägungen zur mangelnden Ausführungsnähe. Den Urteilsfeststellungen zufolge hat der Angeklagte in Verwirklichung seines vorgefassten Betrugsvorsatzes ein von ihm unterfertigtes verbindliches Anbot an die Verkäuferin weitergeleitet und einen Anwalt mit der Abwicklung des Grundstückkaufes betraut, der in seinem Auftrag einen Kaufvertragsentwurf samt Aufsandungserklärung an den Makler übersendet hat (US 15 ff). Dieses Verhalten ist bereits als Täuschungshandlung und somit als (Beginn der) Tatausführung zu werten, weil es der Umschreibung der Tathandlung durch das Tatbild des § 146 StGB entspricht (Fabrizy WK2 § 12 Rz 18). Da mit dem Beginn der Tatausführung das strafbare Versuchsstadium jedenfalls erreicht ist, stellt sich die Frage der Ausführungsnähe nicht (Hager/Massauer WK2 § 15 Rz 26). Dass der zeitliche Abstand zur Deliktsvollendung und zum Erfolgseintritt uU noch relativ groß war und der Beschwerdeführer auch noch weitere Ausführungshandlungen setzen hätte müssen, um die Deliktsvollendung zu bewirken, spielt dabei keine Rolle (SSt 48/98). Mit der Behauptung, das Tatopfer wäre in Anbetracht der geforderten Finanzierungsnachweise "nicht täuschungsfähig" gewesen, vermag die Beschwerde keinen für eine (damit begehrte) Beurteilung als bloß straflose Vorbereitungshandlung entscheidenden Umstand aufzuzeigen.

Ebenfalls nicht im Recht ist der zu II./5./ erhobene Einwand, der Versuch des Erwerbes der Liegenschaft F***** sei absolut untauglich gewesen. Gemäß § 15 Abs 3 StGB liegt ein absolut untauglicher Versuch nur dann vor, wenn die einem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles, denkunmöglich ist, sohin unter keinen Umständen erwartet werden kann (Hager/Massauer WK2 § 15 Rz 70). Dem war aber - ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen, wonach die Liegenschaft zum Verkauf angeboten und vom Beschwerdeführer zweimal besichtigt worden war, worauf dieser am 20. Oktober 2000 ein verbindliches, an die Verkäuferin weitergeleitetes Anbot über 24 Millionen S abgab - im konkreten Fall nicht so. Dass die Republik K***** dann ihr Verkaufsanbot letztlich wieder zurückzog und das Angebot des Beschwerdeführers am 28. November 2000 ablehnte, ändert nichts an der Tatsache, dass das Verkaufsobjekt im Zeitpunkt der Betätigung des deliktischen Vorsatzes vorhanden war. Der Vergleich mit dem als absolut untauglich bewerteten Versuch der Wegnahme eines zum Diebstahl ausersehenen, jedoch überhaupt nicht vorhandenen Objektes ist demgemäß unzutreffend. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wobei es einen Teil von 21 Monaten gemäß § 43a Abs 3 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend den langen Deliktszeitraum, die Tatwiederholung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit und die Tatbegehung trotz Wissens um das anhängige Verfahren, den ordentlichen Lebenswandel, das reumütige Geständnis, die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das Alter unter 21 Jahren, die massive psychische Beeinträchtigung und die teilweise verlockende Gelegenheit hingegen als mildernd.

Dagegen richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Wien. Erstere beantragt eine maßvolle Herabsetzung der Strafe, während die Anklagebehörde eine Erhöhung der Sanktion unter Ausschaltung des Ausspruchs über deren teilweise bedingte Nachsicht begehrt.

Nur Letzterer kommt teilweise Berechtigung zu. Zutreffend zeigt der öffentliche Ankläger auf, dass zum einen die die Wertgrenze von 500.000,-- S um ein Vielfaches übersteigende (beabsichtigte) Schadenshöhe (von über 70 Millionen S) zusätzlich zu den vom Erstgericht angenommenen Gründen zum Nachteil des Angeklagten wirkt, zum anderen dem von den Tatrichtern als mildernd berücksichtigten "reumütigen" Geständnis schon in Hinblick darauf, dass sich der Angeklagte im Vorverfahren gar nicht und auch noch in der Hauptverhandlung vom 31. Jänner 2001 nur in sehr eingeschränktem Umfang geständig zeigte (S 371 ff/I; siehe auch seine widerlegten Angaben, dass teilweise Schadensgutmachung erfolgt sei: S 373/I iVm Beilage ./A zu ON 50), sein Handeln aber dabei als "jugendlichen Leichtsinn" verstand (S 395/I), nur wenig Gewicht zukommen kann. Unter Rücksichtnahme auf diese Umstände erachtet der Obersten Gerichtshof eine maßvolle Anhebung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe für sachgerecht, wobei - soweit der Berufung der Staatsanwaltschaft zuwider - aufgrund der von den Tatrichtern zutrefffend aufgezeigten für den Angeklagten sprechenden Umstände davon ausgegangen werden kann, dass bei (bloßem, aber auch notwendigem) Vollzug eines Drittels dieser Sanktion die in § 43a Abs 4 StGB geforderte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens gegeben ist, die eine bedingte Nachsicht des Strafrests rechtfertigt.

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