OGH 1Ob254/01m

OGH1Ob254/01m22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Maria Theresia G*****, geboren am *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Mag. Franz S*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. April 2001, GZ 44 R 598/00w-165, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Am 30. 7. 1996 beantragte die Minderjährige, ihrem Vater einen Unterhaltsbeitrag von 6.300 S monatlich ab dem 1. 10. 1995 aufzuerlegen (ON 13).

Mit Beschluss vom 1. 6. 1999, mit dem das Erstgericht über einen Teil des Unterhaltsbegehrens absprach, wurden der Minderjährigen rechtskräftig 2.700 S vom 1. 1. 1997 bis zum 31. 12. 1997, 4.000 S vom 1. 1. 1998 bis zum 31. 12. 1998 und 4.200 S ab dem 1. 1. 1999 jeweils monatlich an Unterhalt zuerkannt (ON 98).

Mit Beschluss vom 17. 10. 2000 über den noch unerledigten Teil des Begehrens bestimmte das Erstgericht den monatlichen Unterhaltsanspruch der Minderjährigen unter Einbeziehung der bereits rechtskräftig auferlegten Teilleistungen folgendermaßen:

6.000 S vom 1. 10. 1995 bis zum 31. 12. 1995,

6.300 S vom 1. 1. 1996 bis zum 31. 12. 1996,

5.200 S vom 1. 1. 1997 bis zum 1. 2. 1997,

4.900 S vom 1. 2. 1997 bis zum 31. 12. 1997,

4.200 S vom 1. 1. 1998 bis zum 31. 12. 1998 und

4.800 S vom 1. 10. 1999 bis zum 29. 2. 2000.

Das Mehrbegehren wurde ebenso abgewiesen wie der Antrag des Vaters, den Unterhaltsbetrag ab dem 1. 3. 2000 auf 2.400 S monatlich herabzusetzen (ON 156).

Der Vater erhob Rekurs. Er wendete sich darin gegen die der Minderjährigen zuerkannten Unterhaltsmehrbeträge in Ergänzung der bereits mit Beschluss vom 1. 6. 1999 ausgesprochenen Leistungspflicht.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der "Revisionsrekurs" nicht zulässig sei.

Der Vater brachte dagegen einen "außerordentlichen Revisionsrekurs" ein, dessentwegen das Erstgericht am 8. 8. 2001 erstmals die Ladung des Vaters zum Erörterungsthema: "Ihr außerordent Rev.rek." verfügte (ON 175). Die Zustellung der Ladung misslang, weil der Vater nach einer Mitteilung auf dem Postfehlbericht bis zum 31. 8. (2001) ortsabwesend gewesen sein soll (ON 176). Daraufhin verfügte das Erstgericht neuerlich dessen Ladung "zum Amtstag" zwecks "Verbesserung" des "außerordentlichen Revisionsrekurses" (ON 177). Der beim Erstgericht schließlich eingelangte, die postamtliche Hinterlegung des Zustellstücks beurkundende Rückschein entbehrt einer Angabe über den Beginn der Abholfrist, wurde doch das vorerst offenkundig eingetragene Datum in der Folge durchgestrichen. Danach verfügte das Erstgericht am 26. 9. 2001 die Vorlage des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof mit dem Beisatz: "Der KV (Anm: Kindesvater) hat der Ladung zwecks Verbesserung seines außerordentlichen Revisionsrekurses nicht Folge geleistet" (ON 178). Am 1. 10. 2001 wurde dem Erstgericht sodann das hinterlegte Zustellstück mit der begleitenden Information retourniert, dass die "am 10. 9. 2001 erfolgte Hinterlegung ... als gegenstandslos zu betrachten" sei, weil sich die vom Vater an das Postamt gefaxte Ortsabwesenheitserklärung wegen eines unleserlichen Datums der Kenntnisnahme entziehe (ON 180).

Der erkennende Senat hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 14 Abs 3 AußStrG idF WGN 1997 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs - wie hier - für nicht zulässig erklärte. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig gehalten wird (1 Ob 267/00x uva).

2. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Eines Bewertungsausspruchs durch das Gericht zweiter Instanz bedarf es daher bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt nicht (1 Ob 267/00x; 1 Ob 229/99d; 1 Ob 133/99m; 6 Ob 236/98v). Bereits fällig gewordene Ansprüche sind diesem dreifachen Jahresbetrag nicht hinzuzurechnen (1 Ob 267/00x; 1 Ob 133/99m mwN).

Gegenstand des Rekursverfahrens waren die mit Beschluss vom 17. 10. 2000 zuerkannten weiteren Unterhaltsbeträge in Ergänzung der bereits mit Beschluss vom 1. 6. 1999 festgelegten Leistungspflicht. Dieser Differenzunterhalt ergibt - gleichviel an welchen Monatsbetrag bei der Berechnung angeknüpft wird - einen insgesamt unter 260.000 S liegenden zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstand.

3. Im Anlassfall brachte der Rechtsmittelwerber den "außerordentlichen Revisionsrekurs" rechtzeitig beim Erstgericht ein (siehe den ON 166 angehefteten Rückschein). Dem Rechtsmittel mangelt es allerdings an einem Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG). Ob es Gründe dafür erkennen lässt, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sein sollte, kann dahingestellt bleiben, war doch das Rechtsmittel nach der voranstehend erläuterten Rechtslage - wegen des tieferstehend noch zu erörternden Grundes - jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Im Streitwertbereich des § 14a AußStrG sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG).

Das Erstgericht hielt den "außerordentlichen Revisionsrekurs" zutreffend für verbesserungsfähig. Erst wenn der Vater dessen Verbesserung im Sinne des § 14a AußStrG verweigern sollte, wäre der "außerordentliche Revisionsrekurs" gemäß § 14 Abs 3 AußStrG als jedenfalls unzulässig anzusehen (1 Ob 267/00x uva). Nach dem eingangs referierten Verfahrensgang kann in Ermangelung einer rechtswirksamen Zustellung der Ladung des Vaters zu einem Verbesserungstermin nicht unterstellt werden, er wolle eine Entscheidung über ein nach der Verfahrensordnung nicht mehr mögliches außerordentliches Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof erwirken. Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch nicht zu beurteilen, ob der Vater die sich stets wiederholenden Mitteilungen an das Postamt über seine (angeblich) befristete Abwesenheit von der Zustelladresse als prozessuale Taktik einsetzt, um die Bewirkung rechtswirksamer Zustellungen trotz einer in Wahrheit möglicherweise ohnehin gegebenen Ortsanwesenheit zu vermeiden.

Die Voraussetzungen für eine Vorlage des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof liegen somit - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - (noch) nicht vor.

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Stichworte