OGH 7Ob206/01x

OGH7Ob206/01x26.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg T*****, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Magdalena T*****, vertreten durch Dr. Hanspeter Egger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt (Streitinteresse S 50.400,--) infolge "außerordentlicher Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2001, GZ 43 R 222/01t-164, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27. Februar 2001, GZ 9 C 30/96y-157, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Streitteile waren bis Juli 1990 verheiratet. Die Ehe wurde aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden. Mit rechtskräftigem Urteil vom 31. 5. 1993 wurde er zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltes in Höhe von S 2.400, rückwirkend ab 1. 7. 1990, an die Beklagte verurteilt.

Mit der am 14. 2. 1996 eingebrachten Klage stellte er das Begehren, dass im Verhältnis zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger mit Wirksamkeit seit 1. 12. 1995 erloschen sei. Im weiteren Verfahren wurde dieses Begehren dahin modifiziert, dass im Verhältnis zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass der Beklagten gegen den Kläger nur mehr im Zeitraum 1. 12. 1995 bis 16. 6. 1996 kein Unterhaltsanspruch zustehe und sich dieser ab 17. 6. 1996 nur mehr auf monatlich S 1.000 belaufe.

Das Erstgericht sprach mit Urteil aus, dass im Verhältnis zwischen den Streitteilen festgestellt wird, dass der Beklagten gegen den Kläger im Zeitraum 1. 12. 1995 bis 16. 6. 1996 kein Unterhaltsanspruch zusteht (in diesem Umfange blieb das Ersturteil unbekämpft und erwuchs somit in Rechtskraft); das darüber hinausgehende und bereits wiedergegebene Herabsetzungsmehrbegehren (auf monatlich S 1.000 ab 17. 6. 1996) wurde hingegen abgewiesen. Die vom Kläger gegen diesen abweislichen Teil des Ersturteils erhobene Berufung blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sprach darüber hinaus aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil erhob die klagende Partei "außerordentliche Revision" an den Obersten Gerichtshof mit dem Begehren, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des gesamten Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Das Erstgericht legte die "außerordentliche Revision" unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle (WGN) 1997 BGBl I 1997/140 geltenden Rechtslage. Der Entscheidungsgegenstand, also der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht zu entscheiden hatte, übersteigt nämlich den maßgeblichen Betrag von S 260.000 nicht. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder (wie hier) eine Herabsetzung eines Unterhaltsbetrages begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (7 Ob 230/00z mwN). Gegenstand des Berufungsverfahrens war damit bloß der Herabsetzungsantrag von S 2.400 (laut rechtskräftigem Titelurteil) auf S 1.000 (so das modifizierte Klagebegehren); nach der zitierten gesetzlichen Berechnungsregel des § 58 Abs 1 JN ergibt die Multiplikation der dreifachen Jahresleistung bei weitem nicht den genannten Revisionsschwellenwert.

In einem solchen Fall steht es einer Partei vielmehr nach § 508 ZPO bloß zu, einen Antrag an das Berufungsgericht zu stellen, seinen Ausspruch (über die Unzulässigkeit der Revision) dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Mit dem selben Schriftsatz ist die ordentliche Revision auch auszuführen. Gemäß § 508 Abs 2 ZPO ist dieser Antrag, verbunden mit der ordentlichen Revision, beim Prozessgericht einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Berufungsgericht zu behandeln, an welches die Akten nach § 507b Abs 2 ZPO sofort vorzulegen sind. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als "außerordentliches" bezeichnet wird (7 Ob 58/01g). Der Oberste Gerichtshof darf hierüber erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision doch zulässig ist.

Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei das Rechtsmittel beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde. Im Hinblick auf diese Rechtslage wäre der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, da ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO nach dem Vorgesagten (§ 507b Abs 2 ZPO) dem Berufungsgericht vorzulegen ist. Sollte das Erstgericht der Meinung sein, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel bereits enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese ausdrücklich an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, so wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben, weil es dem Rechtsmittelschriftsatz an einem Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO mangelt. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes sodann verweigern, wäre die Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501; 7 Ob 76/00b; 7 Ob 58/01g).

Stichworte