OGH 10ObS307/01x

OGH10ObS307/01x25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerda D*****, Sonderkindergärtnerin, ***** vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Mai 2001, GZ 8 Rs 146/01a-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. Jänner 2001, GZ 4 Cgs 50/00x-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 3. Juli 1959 geborene Klägerin war als Sonderkindergärtnerin berufstätig.

Sonderkindergärtner werden im Rahmen der familienergänzenden oder familienersetzenden außerschulischen Erziehungs- und Betreuungsarbeit mit Säuglingen sowie körper- und/oder geistig behinderten Kindern im Alter bis zu sechs Jahren tätig. Dabei werden den Kindern des Vorschulalters Lern- und Bildungsinhalte auf spielerische Weise nähergebracht. In Form von Kleingruppen, die eine individuelle Betreuung ermöglichen, soll das Gruppenverhalten der Kinder gefördert und das Entstehen eines Gemeinschaftsgefühls ermöglicht werden. Sonderkindergärtner unterstützen weiters das Entstehen von Körperkraft und Geschicklichkeit durch Turnen, Rhythmikübungen und Geschicklichkeitsspiele. Ein Ziel dabei ist es, den Kindern gute Voraussetzungen für einen unproblematischen Schulstart zu schaffen.

Eine weitere Aufgabe des Kindergärtners ist die Beratung und Unterstützung der Eltern bei der Erziehung der Kinder durch Veranstaltung von Elternabenden, Einzelgesprächen u.a. Kindergärtner müssen aber auch Verwaltungsaufgaben übernehmen und Schüler der Kindergartenpädagogik-Ausbildung (Praktikanten) unterweisen.

Die Tätigkeit der Sonderkindergärtnerin für körperlich und/oder geistig behinderte Kinder erfordert eine Spezialausbildung (Dauer 2 bis 2,5 Jahre), wobei hiefür die Ablegung der Befähigungsprüfung für Kindergärtner Voraussetzung ist.

Aufgrund des medizinischen Leistungskalküls ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Sonderkindergärtnerin auszuüben; die Tätigkeit als Kindergärtnerin (Grundberuf) ist ihr noch möglich.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab 1. Mai 1999 gerichtete Klagebegehren mit der Begründung ab, dass der Klägerin eine Tätigkeit als Kindergärtnerin im Grundberuf weiterhin zumutbar sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und vertrat die Rechtsmeinung, Berufsunfähigkeit liege nicht vor, weil die Klägerin auf die Tätigkeit einer Kindergärtnerin verweisbar sei. Damit sei weder ein sozialer noch ein merklicher finanzieller Abstieg verbunden. Die für Sonderkindergärtnerinnen gewährte Erschwerniszulage von nicht einmal 10 % des Anfangsgehalts bringe keinen zu berücksichtigenden Einkommensverlust mit sich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist zutreffend, sodass es genügt, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Pensionsversicherung der Angestellten stellt eine Berufs(gruppen)versicherung dar, deren Leistungen einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann; dabei ist von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld, also die Summe aller Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 2/92; RIS-Justiz RS084904). Bei der Klägerin bestimmt der zuletzt ausgeübte Beruf der Sonderkindergärtnerin das Verweisungsfeld.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass sowohl der Beruf einer Sonderkindergärtnerin als auch der einer Kindergärtnerin derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind. Die Spezialisierung der Klägerin als Sonderkindergärtnerin erfolgte im Rahmen des Berufsbildes Kindergärtnerin. Bei der Ausbildung im Bereich Sonderkindergartenpädagogik handelt es sich um eine weiterführende, 2 - 2 1/2 Jahre dauernde Spezialausbildung, die die Befähigungsprüfung für Kindergärtner voraussetzt (siehe auch Berufslexikon 2, Ausgewählte Berufe [1989], 286). Die durch die Erlernung des Berufes und seiner notwendigen praktischen Ausbildung vermittelten Inhalte der Tätigkeit eines Kindergärtners wurden dadurch nicht ausgeklammert. Eine Umstellung auf einen anderen Beruf erfolgte durch die Zusatzausbildung nicht (vgl SSV-NF 7/13 und SSV-NF 9/5 zur diplomierten Krankenschwester).

Bei der Lösung der Frage eines unzumutbaren sozialen Abstiegs kommt es auf den sozialen Wert an, den die Ausbildung und die Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit des Versicherten von Bedeutung waren, unter den Verhältnissen zur Zeit des Stichtags haben (SSV-NF 6/67; RIS-Justiz RS0084890/T1). Anhaltspunkte dafür können sich aus einer kollektivvertraglichen Einstufung ergeben, ohne dass aber diesem Indiz allein entscheidende Bedeutung zukäme. Gewisse Einbußen an Entlohnung und sozialem Prestige muss ein Versicherter jedenfalls hinnehmen.

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass mit der Tätigkeit einer Kindergärtnerin kein unzumutbarer sozialer Abstieg gegenüber der bisherigen Tätigkeit als Sonderkindergärtnerin verbunden ist, ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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