OGH 10ObS299/01w

OGH10ObS299/01w25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Igor I*****, Eishockeyspieler, ***** vertreten durch Dr. Herwig Medwed, Mag. Dr. Stephan Medwed, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Mai 2001, GZ 8 Rs 77/01g-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Jänner 2001, GZ 32 Cgs 328/98m-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach dem letzten Finalspiel der Eishockey-Bundesligameisterschaft 1995/96 zwischen dem K***** und der V***** am 24. März 1996 wurde vom Vorstand des K***** ad hoc ein Abschlussessen im "W***** Pub" in K***** organisiert. Den Spielern des K***** wurde nach Abschluss des Spieles in der Kabine mitgeteilt, dass sich alle Spieler zu dem vom Vorstand organisierten Abschlussessen einzufinden hätten. Nach dem Essen im "W***** Pub" ging der gesamte Spielerkader des K***** - darunter der Kläger - über Einladung des Alb M***** in die "T***** Bar", um dort die Feier fortzusetzen.

Bei einem Eishockeyprofiverein ist es üblich, dass die Abschlussfeier bei Meisterschaftsende nicht nur in einem Lokal veranstaltet wird, sondern dass durchaus mehrere Lokale frequentiert werden, wobei von den Spielern keinerlei Rechnungen zu bezahlen sind. Es kommt zwar vor, dass auch Fans die Zeche bezahlen; üblicherweise wird jedoch die Rechnung von den Lokalen an den Verein geschickt, der dann anstandslos die Zeche begleicht.

Die meisten Funktionäre des K***** gingen nicht mit in die "T***** Bar", weil sie am nächsten Tag zu arbeiten hatten. Vom Vorstand des K***** war in der "T***** Bar" noch Klaus R***** anwesend.

In der "T***** Bar" wurde der Kläger - nach Mitternacht - durch eine plötzliche Attacke des Steve T***** (eines damals unter Vertrag stehenden Eishockeyspielers des K*****) mittels eines Glases am Auge schwer verletzt. Einen Disput oder eine Streitigkeit zwischen den beiden hat es vor der Attacke nicht gegeben. Für den Kläger geschah die Attacke völlig unerwartet und unmotiviert.

Beim ersten Finalspiel am 19. März 1996 hatte Steve T***** aufgrund einer "dummen Attacke" eine Matchstrafe erhalten. In der Kabine hielt dann der Kläger dem Steve T***** vor, durch diese Matchstrafe in einem so wichtigen Abschnitt der Meisterschaft den Verein geschädigt zu haben, wobei es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen T***** und dem Kläger kam. Nach diesem Vorfall in der Kabine war bei den folgenden Zusammentreffen zwischen dem Kläger und Steve T***** die Situation bereinigt gewesen.

Mit Bescheid vom 17. 11. 998 hat die beklagte Partei den Unfall vom 25. 3. 1996 nicht als Arbeitsunfall anerkannt.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang die gegen diesen Bescheid erhobene Klage mit der Begründung ab, dass die Attacke des Steve T***** völlig von der versicherungspflichtign Tätigkeit herausgelöst zu sehen sei und kein Zusammenhang mit der gemeinsamen Spielertätigkeit der beiden "Beteiligten" für den K***** anzunehmen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und vertrat die Rechtsmeinung, dass das vom Verein organisierte Abschlussessen im "W***** Pub" zweifellos als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung anzusehen sei. Allerdings seien bei solchen Veranstaltungen eingetretene Verletzungen nicht unbedingt als Arbeitsunfall zu werten, wenn sie durch einen vorsätzlichen Angriff herbeigeführt worden seien, dessen Ursache mit der betrieblichen Tätigkeit in keinem ausreichenden Zusammenhang stehe. Auch wenn die Fortsetzung der offiziellen Feier in mehreren Lokalen üblich gewesen sei, sei die offizielle Feier doch mit dem Verlassen des "W***** Pub" als beendet anzusehen gewesen. Zwischen 19. und 25. März 1996 habe es zwischen dem Kläger und Steve T***** keinerlei betriebsbedingte Reibereien mehr gegeben, die als Ursache für den Angriff angesehen werden könnten, der für den Kläger völlig unerwartet ohne vorhergehende Streitigkeit gekommen sei. Auch der zeitliche Ablauf spreche gegen die geforderte ausreichende betriebliche Beziehung, sei doch das Eishockeyspiel um ca 20.30 Uhr beendet gewesen, während sich die Verletzung in der "T***** Bar" um etwa 1.00 Uhr ereignet habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit, der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die in der Revision behauptete Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils, die darin bestehen soll, dass erstgerichtliche Feststellungen im Widerspruch zur Aussage des Klägers stehen, liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat insoweit die erstgerichtlichen Feststellungen übernommen, was nach ständiger Rechtsprechung keine Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503 Z 3 ZPO bilden kann (RIS-Justiz RS0043240).

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Verletzung vom 25. März 1996 nicht Folge eines Arbeitsunfalls ist, ist zutreffend, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO genügt, auf die diesbezüglichen Ausführungen zu verweisen. Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes zu erwidern:

Bei tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Beschäftigen auf der Betriebsstätte oder bei einer der versicherten Tätigkeit gleichgestellten Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist der für den Unfallversicherungsschutz erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem zum Unfall führenden Ereignis und der versicherten Tätigkeit gegeben, wenn der Streit (unmittelbar) aus der Betriebsarbeit erwachsen ist (vgl SSV-NF 13/100; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII [79. ErgLfg], § 8 Rz 171). Nach den Feststellungen - von denen abzugehen dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, verwehrt ist (vgl RIS-Justiz RS0043061/T11) - ist die plötzliche und massive Attacke für den Kläger völlig unerwartet und unmotiviert geschehen; einen Disput oder eine Streitigkeit zwischen den beiden Kontrahenten hat es vor dieser Attacke nicht gegeben; die Situation zwischen dem Kläger und Steve T***** war nach der verbalen Auseinandersetzung vom 19. März 1996 wieder bereinigt gewesen.

Die Revisionsausführungen, wonach der Konflikt zwischen T***** und dem Kläger, der sich wenige Tage vor der Verletzung ereignet habe, als Ursache für die "verantwortungslose Attacke" anzusehen sei, entfernen sich von diesen Feststellungen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Aufenthalt in der "T***** Bar" noch unter Unfallversicherungsschutz gestanden ist, weshalb es auch nicht erforderlich war, zur Thematik von Gemeinschaftsveranstaltungen im sportlichen Milieu einen "Sachverständigen aus dem Sportbereich" beizuziehen. Da eine auf einen Arbeitsunfall zurückzuführende Verletzung nicht vorliegt, bestand im übrigen kein Anlass, ärztliche Sachverständigengutachten zu der Verletzung einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Stichworte